Zu oberflächliche Inszenierung des Cole Porter-Klassikers im frisch renovierten Kasseler Staatstheater. Neben zwei erstklassigen Hauptdarstellern glänzt das großartige Orchester. Das Ensemble spielt gut, die Verständlichkeit der englischen Songtexte ist jedoch miserabel.
Dass das Kasseler Staatstheater mit Anna Montanaro und Gaines Hall zwei Große der Musicalbranche engagiert hat, darf man getrost als Coup bezeichnen. Sie sind die Stars der Show, allein ihr Mitwirken lohnt den Besuch. Montanaro spielt die Laienpredigerin Reno Sweeney zum zweiten Mal nach 2000 am Stadttheater Klagenfurt. Ihre Ausstrahlung, ihr Temperament und ihre fantastische Stimme verleihen der Rolle die nötige Größe, ja Dominanz. Gaines Hall hat den Billy Crocker bereits in der gerade abgespielten Mannheimer Inszenierung (die dortige Derniere war zwei Tage vor der Kasseler Premiere!) und in Gelsenkirchen gegeben und überzeugt hier aufs Neue mit der sympathischen Darstellung des liebenswerten Taugenichts‘. Sein Tanz und sein Gesang sind dabei traumwandlerisch sicher. Monatanaro und Hall ergänzen sich wunderbar, vor allem wenn man vor Augen hat, dass sie lediglich zwei Wochen gemeinsam proben konnten. Nun ist „Anything Goes“ ja keine Zwei-Mann-Show: Die weiteren Ensemblemitglieder zeigen solide bis sehr gute Leistungen, wobei die schöne und ausdrucksstarke Stimme von Stefanie Dietrich (Hope Harcourt) und Andreas Wolframs (Moonface Martin) pointiertes, witziges Spiel besonders positiv auffallen.
Einigkeit herrscht sicher darüber, dass es sich bei „Anything Goes“ um ein Stück ohne großen Tiefgang handelt. Dennoch ermöglicht das Buch eine Entwicklung der Charaktere: Da ist der arme Billy, der zunächst vergeblich seiner großen Liebe Hope hinterher läuft, sie schließlich aber doch in die Arme schließen darf. Reno Sweeney verliebt sich erst unglücklich in Billy, bevor sie am Ende mit Lord Evelyn Oakleigh, Hopes Verlobtem, zusammen kommt. Zumindest die beiden Protagonisten dienen also nicht ausschließlich der Belustigung des Publikums, sondern wecken bei entsprechender Personenführung auch dessen Mitgefühl. Valentina Simeonovas Inszenierung beschäftigt sich nicht besonders mit Gefühlen und dem Erzählen der Geschichte – für sie geht es um die Aneinanderreihung der reichlich vorhandenen Klaumaukszenen, um das Herausstellen der Albernheiten im Stück. Die Dialogszenen sind natürlich lustig, verkommen hier aber zu bloßen Überleitungen zwischen den Songs. Soli und Duette wirken vor allem durch die enorme Bühnenpräsenz der Hauptdarsteller, Staging und Choreografie sind dagegen oft etwas einfallslos.
Porters großartige Ensemblenummern verlangen nach revueartigen Tanzszenen, bei denen – eine ausgefeilte Choreografie vorausgesetzt – alle Mitwirkenden zu einer tänzerischen Einheit verschmelzen. Cedric Lee Bradley konzentriert sich jedoch zu sehr auf „Hauptrollen-Choreografien“, Chor und Statisterie wippen dazu im Takt mit statt eingebunden zu werden. Besonders fällt dies beim Titelsong auf, der mit der obligatorischen Steppnummer einen ordentlichen Abschluss des ersten Akts bildet – aber nur die Hälfte der auf der Bühne zu sehenden Personen tanzt tatsächlich.
Simeonova lässt die deutsche Fassung von Christian Severin spielen, bei der nur die Dialoge auf Deutsch sind und die Songs in Englisch gesungen werden. Um zu gewährleisten, dass das Publikum den englischen Songtexten folgen kann, muss entweder eine hervorragende Verständlichkeit gegeben sein oder die Songs müssen, wie zum Beispiel bei italienischen Opern üblich, übertitelt werden. Auf Übertitelung verzichtet Simeonova, und die Tonabmischung ist leider dermaßen unausgewogen (leise Mikrofone, sehr dominante Bläser), dass die meisten Songs selbst für diejenigen Zuschauer kaum zu verstehen sind, die Porters Texte kennen. Der Witz und die vielen Anspielungen auf die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten der 1930er Jahre, entscheidende Bestandteile von Porters Songtexten, verpuffen so fast völlig.
Das Orchester des Staatstheaters unter der sicheren Leitung von Giulia Glennon bewältigt die anspruchsvolle Partitur mühelos. Satter Blechbläser-Klang, präzise Tempiwechsel und hörbare Spielfreude machen schon die Ouvertüren zu Beginn der beiden Akte zum Genuss, und die Begleitung des Ensembles gelingt ebenso. Mit besserer Abmischung wäre an der Inszenierung – zumindest musikalisch – nichts auszusetzen.
Fr, 23.02.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | Premiere |
Do, 01.03.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Sa, 03.03.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
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Mi, 07.03.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Sa, 24.03.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
So, 01.04.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Sa, 07.04.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Do, 26.04.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Di, 29.05.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Sa, 09.06.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
So, 17.06.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Fr, 22.06.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
So, 01.07.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Sa, 07.07.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
Mi, 11.07.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
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Mi, 18.07.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
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Fr, 28.09.2007 19:30 | Staatstheater, Kassel | |
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