SIX the Musical © Pamela Raith Photography
SIX the Musical © Pamela Raith Photography
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Divorced. Beheaded. LIVE! Die Musical-Sensation „SIX“ hat den Sprung vom Off-West End zum West End und mit triumphalem Erfolg auf die internationalen Musicalbühnen geschafft und begeistert seither zahllose Fans. Längst haben sich die sechs Diven schon in Australien oder am Broadway niedergelassen und sind auch in London dauerhaft vertreten. Die diesjährige UK-Tour wurde aufgrund der immensen Beliebtheit der Show nicht nur um einige Performances in Südkorea erweitert, sondern ist auch erstmals in Kontinentaleuropa zu sehen. Nach Dänemark und den Niederlanden wird auch Deutschland von den sechs glamourösen Tudor-Diven besucht werden. Wir haben die Tour bereits in Rotterdam auf Herz und Nieren geprüft und können verkünden: Berlin, München und Zürich können sich auf die volle SIXperience freuen!

 „Are you ready, Rotterdam? Here we go!“ Die sechs Ex-Frauen des infamen britischen Monarchen Henry VIII. entscheiden direkt zu Beginn der Show, in einem rund anderthalbstündigen Konzert die Frage aller Fragen zu klären: Welche Queen verdient es, die anderen fünf als Band-Leaderin anzuführen? Dazu duellieren sich die Tudor-Königinnen mit jeweils einem Solo-Song, in dem sie ihr Leben vor, während und – sofern noch vorhanden – nach ihrer Zeit mit dem berüchtigten Herrscher rekapitulieren. Selbstironie mit starkem Wortwitz, roher Herzschmerz, große Liebesgefühle, trotzige Wut, pure Verzweiflung und derber Hohn: Sämtliche emotionale Facetten sind in den Darbietungen der sechs Damen vertreten und versprechen einen kurzweiligen, höchst unterhaltsamen Abend, der leider viel zu schnell endet. Musikalisch sind alle Songs zwar ins Pop-Genre einzuordnen, doch zeigen sie ganz unterschiedliche Inspirationen und Einflüsse: Von der klassischen Pop-Ballade und getragenen RnB-Rhythmen bis zu Bubblegum-Pop und schwungvollen Latin-Tunes ist alles dabei; deutliche Parallelen zu Songs von Shakira, Adele, Britney Spears, Beyoncé, Rihanna oder Avril Lavigne sind nicht von der Hand zu weisen.

Sämtliche Elemente der Original-Inszenierung sind nahezu 1:1 auf die Tourbühne übertragen worden, was aufgrund des Konzertsettings dieses Musicals auch ohne größeren Aufwand funktioniert. „SIX“ ist im Grunde für Tourneeproduktionen prädestiniert. Das aus einer LED-Wand und etwas Glitzer bestehende Bühnenwand-Element dient als Backdrop für das Konzert und wird stimmungsvoll zu jedem Solo-Lied der sechs Königinnen beleuchtet – mal flackernd stroboskopisch, mal in dramatischem Rot oder kühlem Blau und ab und zu flackert auch mal ein Kreuz auf, wenn über die katholische Kirche hergezogen wird. Die aus London übernommenen Kostüme inkorporieren mittelalterliche Elemente wie Kronen, Röcke und Corsagen, verpassen diesen aber ein gehöriges Upcycling, sodass sie an gewagte Konzertkostüme von Popdiven wie Madonna oder Lady Gaga erinnern. Sie verleihen jeder der Queens einen unverkennbaren Look, der auch durch ein jeweiliges zugeordnetes Farbspektrum untermalt wird. Ein Traum für die Augen! Der Sound ist voll und überlaut, wie man es aus der Original-Produktion gewohnt ist. Hier geht kein Zuschauer ohne klingelnde Ohren nach Hause. Das volle Konzerterlebnis auf allen Sinneskanälen.

Auch die beschwingten Choreographien, die während der anderthalb Stunden des Stücks durchgängig stattfinden, sind exakt aus London übernommen. In einem abenteuerlichen Gemisch aus vielerlei Tanzstilen von Vogueing, Zumba und Hiphop über Salsa und Contemporary bis hin zu klassischem Paartanz und Musical-Showdance fegen die Queens in ihren Songs über die Bühne und bringen, mit Ausnahme weniger ruhigerer Momente, das Publikum fast ununterbrochen zum Jubeln. Kein Wunder, dass die eine oder andere Darstellerin am Ende ziemlich ins Schwitzen kommt. Auch die vierköpfige, logischerweise rein weiblich besetzte Band ist vom West End geklont worden und heizt mit Bass, Schlagzeug, Gitarre und Keyboard ordentlich ein. Die ‚Ladies in Waiting‘ genannten Damen sind mit sichtlicher Spielfreude und Energie bei der Sache und wirken neben den sechs Queens wie eine siebte Bühnenentität.

Die Jubeltiraden aus dem Auditorium gelten aber selbstverständlich vor allem den Hauptdarstellerinnen. Ein großer Anziehungspunkt für viele Fans von „SIX“ ist es, die individuellen Interpretationen der verschiedenen Darstellerinnen in ihren Rollen zu erleben und zu vergleichen.  Beim Casting wird immer ein großer Wert darauf gelegt, dass alle Akteurinnen gleich stark und präsent sind, damit am Ende keine der sechs als Siegerin im Wettstreit empfunden wird, aber auch keine hinter den anderen zurücksteht. Das gelingt natürlich nicht immer und mit Sicherheit hat jeder im Publikum am Ende mindestens eine klare Favoritin.

Ellie Jane Grant singt  Catherine of Aragons Song „No Way“ makellos und legt ihre Königin als süffisante, willensstarke Kämpferin mit leichtem Hang zur Schadenfreude aus. Bei den Liedern der anderen Damen ist Grant stets präsent, liefert solide Backing-Vocals und fällt nie aus ihrer Rolle. Als erste im Bunde hat es die Aragon-Darstellerin immer notorisch schwer, dass ihr die anderen fünf nicht die Show stehlen, und auch Grant kommt dieses unliebsame Los zuteil, denn die auf sie folgenden Diven haben es in sich!

Laura Dawn Pyatt als Anne Boleyn beweist großes Charisma und zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit dem Publikum nahezu durchgängig interagiert und flirtet. Ihren selbstironischen Song „Don’t Lose Your Head“ performt sie mit viel stimmlicher Power und einem sehr starken britischen Akzent, den sie für komödiantische Zwecke perfekt einsetzt.

Auf Pyatt folgt das Stimmwunder Erin Caldwell in der Rolle von Jane Seymour. Ihre große Ballade „Heart of Stone“ setzt sie zunächst wie in einem Understatement mit schwächelnder, von Trauer gebrochener Stimme an, nur um dann allmählich eine fulminante Powerhymne zu entfachen, die sie mit virtuosen Riffs und einem schier unendlich scheinenden stimmlichen Spektrum triumphal steigert: Ein mehraktiges Drama innerhalb eines Songs, das große Emotionen auslöst. Abseits ihres Solos legt Caldwell ihre Jane Seymour mit einer Prise Nerd-Humor und ein wenig Missgunst an, was der sonst so lupenreinen Figur mehr Facetten verleiht.

Kenedy Small füllt die Rolle der deutschen Prinzessin Anna of Cleves mit impulsiver Keckheit und großer Theatralik aus. Sie lässt sich gänzlich in den vielen dankbaren Punchlines ihrer Rolle gehen und wirbelt unaufhaltsam durch ihren gleichzeitig sexy wie urkomischen Song „Get Down“, sodass am Ende ihrer Performance kein Zweifel an ihrem Slogan mehr bleibt: „I’m the queen of the castle!“

Als Katherine Howard sorgt Lou Henry für eine Achterbahn der Gefühle. Wie keiner anderen gelingt es Henry, ihre Rolle aus der mittlerweile bereits ziemlich festgefahrenen Figurenauslegung zu befreien. Aus dem naiven und passiven Dummchen, das Männer verführt und am Ende den Kopf verliert zaubert sie eine verspielte Frau, die in einem patriarchalischen System untergeht. Selten wurde Howards Lied „All You Wanna Do“ so facettenreich performt. Innerhalb eines Lieds zeigt Lou Henry die Wandlung von der unschuldigen, nach Liebe suchenden Hofdame zur gebrochenen Ehefrau des Königs, die durch die Gelüste der Männer zerstört wurde. Dass man aus diesem doch eher repetitiven Lied so tiefe emotionale Facetten herausholen kann, ist erstaunlich – und dazu singt Lou Henry auch noch hervorragend. Grandios!

Den Schluss macht Aoife Haakenson als Catherine Parr – in der ebenfalls besuchten Abendvorstellung stand dann ihre Kollegin Tamara Morgan in der Rolle auf der Bühne. Beide Darstellerinnen schaffen es, Parr als sympathische und eher introvertierte Stimme der Vernunft innerhalb der Gruppe zu etablieren. Wo Haakensons tiefe RnB-Stimme besonders berührt, greift Morgans differenziertes und glaubwürdiges Schauspiel, sodass beide Darstellerinnen ihre Vorzüge auf die Bühne bringen.

In den gemeinsam performten Songs „Ex-Wives“ zu Beginn, „Haus of Holbein“ in der Mitte des Stücks und „MegaSIX“ am Ende setzen die Queens stimmungsreiche Höhepunkte in perfektem Zusammenspiel – am besten sind die Damen eben alle zusammen! Und das ist auch die Botschaft am Ende des Stücks: Die sechs brauchen keinen Mann, über den sie sich definieren, sondern sie brauchen nur einander. Dieses Gefühl übertragen sie gekonnt auf das Publikum, sodass die Ausgangsfrage, welche der Diven nun die Leadsängerin wird, vollkommen obsolet wird. Am Ende zählt nur die große Party! Und die gelingt!

Ein kleiner Wermutstropfen, der hoffentlich nur Rotterdam betrifft und in den kommenden Locations keine Rolle mehr spielt: Der Abstand von der Bühne und den Queens zum Publikum war durch eine überdimensionale, nicht bespielbare und auch nicht weiter sinnstiftende Bühnenerweiterung sehr groß, was viel von dem immersiven Gefühl des Stücks einbüßen ließ. In London sind die Queens zum Greifen nahe und interagieren so direkt mit den Zuschauern, was das Konzertgefühl dieses Musicals verstärkt. In Rotterdam geben die Damen ihr bestes, um über den riesigen Bühnenblock hinweg zu singen, aber wer das Londoner „SIX“ kennt, den wird das stören. Bleibt zu hoffen, dass in Berlin und München dieser Fauxpas nicht begangen wird!

Die hier vorgestellte großartige Tour-Besetzung wird exakt in dieser Konstellation auch nach Deutschland und in die Schweiz kommen, man darf sich also freuen!

 
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KREATIVTEAM
RegieLucy Moss
Jamie Armitage
ChoreographieCarrie-Anne Ingrouille
BühnenbildEmma Bailey
KostümdesignGabriella Slade
LichtTim Deiling
SoundPaul Gatehouse
ArrangementsTom Curran
Musikalische LeitungJoe Beighton
 
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CAST (AKTUELL)
Catherine Of AragonNicole Louise Lewis
Anne BoleynLaura Dawn Pyatt
Jane SeymourErin Caldwell
Anna Of ClevesKenedy Small
Katherine HowardLou Henry
Catherine ParrAoife Haakenson
ZweitbesetzungenIzi Maxwell
Tamara Morgan
Ellie Jane Grant
Shakira Simpson
== Ladies in Waiting ==
Keyboard, Musical DirectorSarah Dyer
GitarreLaura Brown
BassAshley Young
DrumsMigdalia Van Der Hoven
Associate Musical DirectorGrace Alexander
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Di, 12.03.2024 19:30Admiralspalast, BerlinDeutschland-Premiere
Mi, 13.03.2024 19:30Admiralspalast, Berlin
Do, 14.03.2024 19:30Admiralspalast, Berlin
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