Rory Six wurde in Belgien geboren und an der Fontys Hochschule in Tilburg zum Musicaldarsteller ausgebildet. Rory war in seinem Heimatland und in Holland als Paris und Pater Lorenzo in „Romeo und Julia“zu sehen, bevor er an das Berliner Theater des Westens als Cover Marius in „Les Misérables“ engagiert wurde. Es folgten weitere Engagements in Deutschland, Österreich und der Schweiz wie unter anderem Erzherzog beziehungsweise Kronprinz Rudolf in „Elisabeth“ und „Rudolf – Affaire Mayerling“, Jack Seward in „Dracula“ und zuletzt Alt Deuteronimus in der aktuellen Produktion von „Cats“ in Rorys Wahlheimat Wien. Hier ist er Leiter der Off-Bühne Theatercouch, wo er regelmäßig auch in von ihm geschriebenen Musicals auf der Bühne steht. Im Juli gastiert Rory mit „Ein wenig Farbe“ in Berlin.
Rory, bereits vor deiner Studienzeit in Tilburg hast du Musicals geschrieben. Nach der Konzentration auf deine Bühnenkarriere hast du in den 2010er Jahren deine alte Leidenschaft, neue Musicals zu entwickeln, wieder aufgenommen. Entstanden sind Stücke wie zum Beispiel „Wenn Rosenblätter fallen“, „Luna“, „Ein wenig Farbe“ und „Die Mädchen von Ostende“, die allesamt eher melancholisch geprägt sind. Was reizt dich an Stoffen wie diesen?
Ich würde sagen, dass die Musicals immer eher etwas schwermütigere Themen behandeln. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass ich persönlich gerne solche Stücke anschauen gehe und ich mich mit Themen, die vielleicht nicht so „positiv“ sind, auseinandersetze. Das Publikum reagiert sehr emotional auf die Stücke, aber meistens, weil sie auf eine emotionale Achterbahn gehen. Das ist das, was ich persönlich so spannend finde am Theater.
Ich würde meine Musicals eher auch als Musiktheater beschreiben. Dies hat dann aber einen komischen Beigeschmack für viele Leute, weil sie damit etwas anderes verbinden. Eigentlich sollte man diese Stücke als Schauspieldramen mit Songs bezeichnen. Im Gegensatz dazu habe ich allerdings auch Musicals wie „Finder“ und „Weihnachtsengel küsst man nicht“ geschrieben. Diese beiden Musicals sind romantische Komödien. Leider gibt es von den beiden Stücken noch keine Aufnahme.
Vielleicht ist in dieser Melancholie aber auch etwas typisch Belgisches? Jedes Land hat seine eigene Art Theater zu machen. Belgien ist nicht so bekannt für seine Theaterwelt, aber die bekannten Theaterstücke sind meistens Familiendramen. Ich glaube, davon wurde ich sicher auch beeinflusst.
In deinem Stück „Ein wenig Farbe“ geht es um einen Mann, der eine Frau ist und auch als Frau leben möchte. Wie bist du darauf gekommen, die Transgender-Thematik auf die Bühne zu bringen und wie sind deine persönlichen Erfahrungen mit dem Stück, in dem du in der von Pia Douwes in der Uraufführung kreierten Rolle Klaus/Helena auf der Bühne stehst?
Die Idee kam damals beim Schauen von einer Folge von „RuPaul´s Drag Race“. Da haben die Kandidaten über Transgender gesprochen. Pia hatte mir ein paar Wochen vorher noch gesagt: „Wenn du wieder eine Rolle für mich hast, dann melde dich“. Sie hatte davor ja schon die Rose in „Wenn Rosenblätter fallen“ gespielt.
Ich wollte schon immer ein Ein-Personen-Musical schreiben. So habe ich mich mit einer Freundin getroffen, die den Kontakt zu Sophie herstellte. Sophie ist eine Transfrau und inzwischen eine Freundin von mir geworden. Durch die Gespräche mit ihr kamen die verschiedenen Ideen zur Handlung. Erst war es ein reiner Monolog. Die Geschichte einer Person, die über ihr Leben erzählt. Dann kam ein kurzer Dialog zwischen Helena und einer Dragqueen dazu. Das hat so gut funktioniert, dass ich das ganze Stück so umgeschrieben habe. Dadurch spiele ich (sowie alle anderen, die bis jetzt diese Rolle gespielt haben) in dem Stück 13 verschiedene Rollen.
Da die neue Version der Theatercouch (welche ich mit Rob Pelzer kreiert habe) in Berlin zu sehen sein wird, wusste ich von außen schon, was es bedeutet, diese Rolle zu spielen. Wenn man selbst in die Figuren reinfinden muss, ist es eine spannende Aufgabe als Darsteller. Man versucht so viele Farben und Facetten wie möglich zu finden, um diese Charaktere zu kreieren. Das ist spannend, weil Sachen, die für Rob oder Pia funktioniert haben, bei mir nicht so gut funktionierten. Da geht man dann auf die Suche, wie es für einen selbst klappt. Und das macht Theater so faszinierend für mich. Jeder Darsteller ist anders, jeder hat eine Art die Lieder zu singen, jede Vorstellung ist anders.
Werfen wir noch einen Blick nach Wien. Der Theatercouch ist der Mietvertrag gekündigt worden und ihr musstet das kleine Theater am 31. März schweren Herzens endgültig schließen. Das war bestimmt ein ganz schwerer Schritt. Wie siehst du das heute mit einem zeitlichen Abstand von einem Vierteljahr und wird die Theatercouch an einem anderen Ort wiederauferstehen?
Im Moment muss ich sagen, dass ich noch am Verarbeiten des Ganzen bin, aber es waren fantastische Jahre. Ich habe sehr viel Erfahrungen gemacht. Ich habe unglaublich viel dazugelernt.
Die Produktion von „Ein wenig Farbe“ in Berlin ist eine Produktion der Theatercouch, also vom Team der Theatercouch. So möchten wir, wenn Berlin gut funktioniert, erst mal weiter machen. Es ist derzeit noch etwas zu riskant, wieder ein eigenes Theater aufzubauen. Jedoch weiß ich auch, dass ohne Förderungen der Stadt Wien ein Wiederaufbau der Theatercouch so wie sie vorher war, nicht möglich sein wird. Das ist sehr traurig, aber irgendwie auch befreiend, denn jetzt können wir anfangen, die Stücke in Österreich, Deutschland, Holland und Belgien zu produzieren. Wir wurden so oft gefragt: warum kommt ihr nicht mal hierher? Das ging leider nicht, da wir ein fixes Theater mit fixen Kosten hatten. Jetzt sind wir da etwas freier und flexibler. Also alle Daumen gedrückt, dass es in Berlin gut funktionieren wird, dann ist die Chance sehr groß, dass es weiter gehen wird mit uns.
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