Deutschsprachige Erstaufnahme unter der musikalischen Leitung von Koen Schoots. Mit Christoph Goetten, Ann Christin Elverum und Chris Murray.
Blühende Musicallandschaften im Osten: Während in vielen Theatern Musicals eher verächtlich als MyFair-Kissme-Cabaret-das-Publikum-will-es-halt-so-Einerlei gespielt werden, gibt es im Osten einige lebendige und innovative Stadttheater.
Seit Mai 2003 gehört auch die Oper Halle dazu: Mit der aufwändigen deutschsprachigen Erstaufführung von Frank Wildhorns Frühwerk „The Scarlet Pimpernel“.Einige Monate nach der Premiere hat die Oper auch eine Einspielung vorgelegt – wie auch die Live-Produktion unter Leitung von Koen Schoots (Jekyll/Bremen, Köln) und seiner Firma MusicalNet.
Anders als das Regiekonzept von Robert Herzl (siehe Rezension) stand die musikalische Qualität der Hallenser Produktion nie in der Diskussion. Und wie die Show ist auch die CD geworden: Kein Geniestreich, aber sehr ordentlich.
Wer „Jekyll & Hyde“ liebt, wird „The Scarlet Pimpernel“ zumindest mögen. Denn die Musik ist die unverkennbare Frank-Wildhorn-Mischung aus treibenden Power-Soli, Belt-Herausforderungen, kraftvollen, anklagenden Ensembles und eher schmalzigen Duetten – immer mit dem Hang zum Power-Schlusston. Einige Songs wirken geradezu wie Vorstudien für spätere Jekyll-Nummern. Anders als in dem Labor-Drama gibt es im Pimpernel aber auch witzige Nummern wie das affektierte Oktett „Die Erschaffung des Mannes“ („weil im Leben alles glatter geht, wenn man zum Herrnausstatter geht“). Der Bekömmlichkeit sowohl der Show als auch der CD tut das gut.In der Premiere hatte noch Darius Merstein den Sir Percy gegeben, für die zweite Spielzeit und die CD-Produktion übernahm Christoph Goetten die Rolle. Ein guter Griff: Goetten, der in Köln auch als Jekyll auf der Bühne stand, besitzt die nötige Power in der Stimme und überzeugt sowohl in den ernsten als auch in den albernen Nummern.
Ann Christin Elverum hat den typischen Lucy-Klang und gibt eine sehr ordentliche Marguerite. Sie überzeugt vor allem in den tieferen Passagen mit warmer Stimme.
Christopher Murray (Chauvelin) fehlt in dieser Aufnahme dagegen streckenweise das nötige Volumen für Wildhorns gewaltige Partituren.
Zoltán Tombor (Armand) singt mit Elverum das Duett „Du gibst mir Halt“ (eine Mischung aus „Take Me As I Am“ und „Du allein“) – eine schmalzige Nummer, aber von Beiden sehr gut gemeistert.Während man sich die Solisten insgesamt sehr gut anhören kann, sind die Chornummern eher enttäuschend. Wieder ist „Madame Guillotine“, eigentlich eines der stärksten Musical-Ensembles überhaupt, ein Schwachpunkt. Während in der ersten Staffel der Song, dem Vernehmen nach, auf der Bühne regelmäßig im Chaos endete, ist er hier zwar koordiniert, aber kraftlos – vielleicht eine Folge der aus Musical- und Opernprofis gemischten Cast. Auch die Übersetzung von Wolfgang Adenberg, ansonsten sehr gelungen, ist hier eher schwach („fühlst du nicht das Entsetzen hinter jedem Todesschrei“).Trotz Mäkelei im Detail: Die Aufnahme ist so gut, dass sie in den nächsten Jahren mit Sicherheit die deutsche Referenz für dieses Musical sein wird. Wer Wildhorn-Musicals mag (und der Autor dieses Textes gehört dazu), für den gehört Scarlet/Halle auf jeden Fall ins CD-Regal.