Into the Woods (Ab in den Wald)
München / 2011

Sehr lange musste man auf die erste deutschsprachige Aufnahme von Stephen Sondheims komisch-tragischen Märchenwerkes warten und es hat sich durchaus gelohnt. Aus dem Archiv des Bayerischen Rundfunks wurden nun Aufnahmen aus dem Jahr 1992 und 1993 veröffentlicht, die vor allem mit einem vollen Orchesterklang des Münchner Rundfunkorchesters unter der Leitung von Herbert Mogg punkten können.


In einer Zeit, in der es kaum Musicalausbildung im deutschsprachigem Raum gab, war die Besetzung eines Sondheim-Musicals sicherlich eine große Herausforderung.

So transportieren auf der einen Seite vor allem April Hailer als freches Rotkäppchen und Erich Hallhuber als Bäcker Emotionen und zeigen viel Charisma, auch wenn in den Höhen die gesungenen Töne arg dünn werden. Auf der anderen Seite präsentieren sich klassisch ausgebildete Sänger und Sängerinnen, die die Partitur von Sondheim musikalisch sicher wiedergeben, aber durch ihren opern- und operettenhaften Gesangstil nicht unbedingt den ursprünglichen Charakter der Musik treffen. Für die Rolle des Aschenputtel, die lyrisch angelegt ist und die von Elaine Arandes gut interpretiert wird, fällt das beispielsweise nicht so sehr ins Gewicht, wie für die Rolle der Bäckersfrau. Mit stark gestelzten und rollenden R gibt Noëmi Nadelmann die Bäckersfrau und nimmt der Rolle damit die Schlichtheit und die charakterliche Tiefe.

Herausragend ist die Leistung von Marianne Larsen als Hexe. Sie gibt den zwielichtigen Charakter mit schriller Stimme und überzeugt in den rapartigen Passagen wie auch in den gefühlsbetonten Momenten. Ihre Stimmfarbe ist nicht unbedingt immer schön, passt aber bestens zur Figur der Hexe.

Schade, dass diese CD nur eine Highlights-CD ist und die vorhandenen Songs in ihrer Präsentation auch nicht immer dem Original entsprechen. So wird beispielsweise einer der schönsten Kompositionen von Sondheim „Niemand ist allein“ nicht komplett präsentiert. Die ersten Strophen werden von Aschenputtel gesungen bzw. gesummt und dann endet der Song auch schon, während im Original das Lied in ein Quartett mit dem Bäcker, Rotkäppchen und Hans mündet.

Nach dem Ende der CD hat man trotz der wenigen Mängel den Wunsch, viel mehr davon zu hören. Dazu trägt auch die Adaption von Michael Kunze bei, die schlichtweg hervorragend ist. Er überträgt die schwierigen Text- und Reimverschachtelungen wunderbar ins Deutsche. So macht es einfach Spaß Sondheims Partitur auf Deutsch zu hören.

Als Bonustrack gibt es ein Interview von Wolfgang Aschenbrenner mit Michael Kunze, das einige interessante Fakten zu Sondheim und seinen Musicals offenbart. Wie man dann aber zu bestimmten Meinungen von Herrn Kunze bezüglich der Besetzung von Sondheim-Musicals steht, soll jeder selbst entscheiden.

Insgesamt stellt die Aufnahme ein tolles, aber leider zu kurzes Zeitdokument dar, dem man das Alter nicht anmerkt und das von Sondheim-Liebhabern nicht unbeachtet bleiben sollte.

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