Mit „Natürlich blond“ veröffentlichen die Vereinigten Bühnen Wien eine hervorragende Gesamtaufnahme, die keine Gesamtaufnahme ist.
Eine Klischee-Blondine beginnt ein Jurastudium in der Harvard Universität, um ihren Ex-Freund zurückzugewinnen und wächst dabei über sich selbst heraus. So simpel die Prämisse des auf dem gleichnamigen Hollywood-Film basierenden Musicals ist, so gelungen ist die Umsetzung.
In erster Linie ist das der Besetzung zu verdanken, die einen ausgezeichneten Job macht. Angeführt wird sie von Barbara Obermeier als Blondine Elle Woods. Grundsympathisch und ohne allzu überdreht zu wirken, überzeugt sie in ihren Songs wie auch in den Ensemblenummern. An ihrer Seite mimt Jörg Neubauer den netten und stets hilfsbereiten Emmett Forrest unaufdringlich und mit angenehmem Gesang, wie zuletzt als Frank Crawley in „Rebecca“.
In der Rolle des schmierigen Anwalts und Dozenten Professor Callahan ist das deutsche Ur-Phantom Alexander Goebel zu hören, der eine solide Leistung abliefert. Eine herausragende Leistung erbringt dagegen Ana Milva Gomes. Sie hat als Frisörin und Elles beste Freundin Paulette zwar nur ein eigenes Solo inklusive Reprise, aber die Lobeshymne auf „Irland“ wird durch ihre grandiose Stimme zum absoluten Anspieltipp. Auch der Rest des Ensembles lässt kaum Wünsche offen. Einzig Hendrik Schall bleibt als Elles Exfreund Warner blass. Sein „Zeit für was Ernsteres“ ist im Vergleich zum Rest der gesangliche Tiefpunkt.
Wie gewohnt liefert das Orchester einen schönen vollen Klang ab und auch von technischer Seite ist die Aufnahme gelungen. Alle Darsteller versteht man gut und das Publikum ist angenehm in den Hintergrund gemischt, was lediglich bei der „Applausmusik“ etwas irritiert, da fast kein Applaus zu hören ist. Beinahe könnte man auch der Handlung folgen. Und genau hier dürfte so mancher Hörer enttäuscht werden. Vergangene Gesamtaufnahmen der Vereinigten Bühnen Wien wie „Rebecca“, „Elisabeth“ oder „Rudolf“ machten ihrer Bezeichnung alle Ehre und beinhalteten tatsächlich das gesamte Stück. Auch die Einspielung zu „Natürlich Blond“ trägt den Zusatz ‚Gesamtaufnahme‘, doch tatsächlich fehlen rund 20 Minuten. Wer sich also erhofft hat, das Musical wieder als Hörspiel genießen zu können, wird diesmal auf einen Teil der Handlung verzichten müssen. Im Gegensatz zur Brodwayeinspielung ist aber der komplette musikalische Teil des Stückes enthalten.
Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt eine sehr gelungene Aufnahme, die wunderbar unterhält. Mit tollen Darstellern und einem ausgezeichneten Orchester haben die Vereinigten Bühnen Wien eine schöne Einspielung zu einem zwar seichten aber dennoch unterhaltsamen Stück auf den Markt gebracht.