Into the Woods
Musicalfilm / 2015

Sondheims moderner Klassiker „Into the Woods“ schafft es auch in der etwas entschärften Disney-Filmadaption zu verzaubern und das allgemein bekannte Märchenbild anständig auf den Kopf zu stellen.


„Ich wünschte …“ – ja, auch so ein einfacher Satz kann ganz schön nach hinten losgehen, denn man sollte mit Wünschen stets vorsichtig umgehen. Das erleben die Märchenfiguren in Stephen Sondheims Musical am eigenen Leib mit mehr oder weniger dramatischen Folgen. Aschenputtel wünscht sich einen Prinz, der Bäcker und seine Frau wünschen sich ein Baby, die Hexe ihre Jugend … aber mit dem Ergebnis ist am Ende dann doch keiner so richtig glücklich.

Und so scheint es auch dem musicalaffinen Publikum zu gehen, wenn man sich so die Reaktionen im Rahmen dieser Verfilmung ansieht. Es wurde gemeckert, dass die Hauptrollen zum Großteil von Hollywoodstars gespielt werden, dass die Handlung angepasst wurde, dass Songs der Schere zum Opfer fielen und und und… Aber sind wir einmal ehrlich: Ein Stück wie „Into the Woods“ funktioniert nicht als „kleine“ Verfilmung. Hier braucht es eine märchenhafte Optik, schöne Kostüme und den ein oder anderen Special-Effect. Nicht um Schwächen im Buch auszugleichen, sondern um die Geschichte so fantastisch zu inszenieren, wie es auf der Leinwand nur irgend möglich ist. Denn Kino ist eben ein anderes Medium als die Bühne. Und das Endergebnis kann sich wirklich sehen – und was noch wichtiger ist – hören lassen. Gerade durch den Namen „Disney“ im Hintergrund hatte man schon befürchten können, dass drastischere Veränderungen vorgenommen werden.

Rob Marshalls bunt-düsterer Bilderreigen zeigt die Märchenwelt in aller Opulenz, ohne dabei zu sehr in den Kitsch abzudriften oder zu sehr auf Überzeichnung zu gehen. Einziger Ausfall in der ansonsten sehr stimmigen Optik ist leider Johnny Depp als Wolf. Ein bisschen weniger amerikanischer Pimp wäre hier gut gewesen, auch wenn die Auslegung der Rolle in dieser Richtung durchaus funktionieren kann – dann aber in einem anderen Umfeld. Außerdem ist es schade, dass die Riesin nicht richtig zu sehen ist – dabei ist die Rolle mit Frances de la Tour eigentlich zu prominent besetzt, um sie kaum zu zeigen.
Das restliche Ensemble ist stimmig besetzt und meistert die zugeteilten Rollen sowohl schauspielerisch als auch gesanglich sehr gut. Natürlich liegt das Hauptaugenmerk hier rollenbedingt zunächst einmal auf Meryl Streep als Hexe. Ja, sie ist eine fantastische Hexe! Schauspielerisch dürfte da niemand dran gezweifelt haben, aber auch stimmlich überzeugt sie – da hatte Frau Streep mit „Mamma Mia“ wohl etwas tief gestapelt. Emily Blunt und James Corden als Bäcker und seine Frau dürften in der Rollenhierachie direkt danach kommen und auch sie begeistern. Sowohl als eigenständige Rollen als auch als Ehepaar sind beide überzeugend und gute Sympathieträger des Stückes. Lilla Crawford und Daniel Huttlestone dürften wohl die Lieblinge des Publikums sein, aber nicht nur durch den Kinderbonus, sondern vor allem durch ihr Talent. Selten sieht man zwei so junge Darsteller die ihr Metier schon so gut beherrschen wie die beiden.

Chris „Captain Kirk“ Pine überrascht mit tiefer angenehmen Singstimme und seinem Sinn für Humor. „Agony“ von ihm und Billy Magnussen ist wirklich eines der komödiantischen Highlights des Filmes. Anna Kendrick gibt ein bezauberndes Aschenputtel und macht hier eine sehr gute Werbung für ihre nächste Musicalverfilmung – „The Last 5 Years“.

„Ich wünschte…“ es würden mehr Musicalfilme wie „Into the Woods“ gemacht werden. Den trotz Anpassungen und Hollywood-Stars wird hier gezeigt wie man einen sehr guten Musicalfilm auf die Leinwand bringen kann. Vielleicht traut sich dann der deutsche Verleih auch einmal an einen Trailer, in dem das Genre Musical nicht unter den Tisch gekehrt wird.

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