Christopher Busietta (Sheldrake), Victoria Kunze (Mary), Vikrant Subramanian (Joe Gillis), Jonas Wichmann (Myron), Opernchor © Manja Herrmann
Christopher Busietta (Sheldrake), Victoria Kunze (Mary), Vikrant Subramanian (Joe Gillis), Jonas Wichmann (Myron), Opernchor © Manja Herrmann

Sunset Boulevard (2018 - 2019)
Stadttheater, Bremerhaven

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„Sunset Boulevard“ erweist sich in der recht biederen Inszenierung von Ansgar Weigner als Musical, das die Musiktheater-Solisten eines Stadttheaters zwar gut stemmen können, fragwürdig bleibt jedoch der Einsatz des Chores als Ensemble.

Drückt Norma Desmond ab? Kurz nachdem die Stummfilm-Diva ihren Geliebten mit drei Schüssen niedergestreckt und als im Wahn tanzende Salome ihren letzten Auftritt genossen hat, hält sie sich mit Blut verschmierten Händen den Revolver an die eigene Schläfe. Ob sie sich selbst richtet, lässt Regisseur Weigner offen, indem er das Licht verlöschen lässt.

Ein starkes Ende einer konventionellen, oft auch recht hausbacken wirkenden Inszenierung, die allerdings auch für die eine oder andere Überraschung gut ist. So steht zum Beispiel Joe Gillis in seiner Funktion als Erzähler zu Beginn beider Akte in einem kalt ausgeleuchteten Pathologie-Saal neben der eigenen, nur mit einem Tuch abgedeckten Leiche. Warum er ihr jedoch einen Ring vom Finger abzieht und diesen in der Hosentasche verschwinden lässt, verschweigt uns der Regisseur. Dafür punktet er mit einer präzisen Zeichnung der drei Haupt-Charaktere: Joe ist in der Inszenierung ein überheblicher Macho, der glaubt, alles unter Kontrolle zu haben. Allerdings übersieht er, dass er immer mehr in den Bann von Norma gezogen wird, die Weigner wenig exaltiert, dafür aber als selbstbewusste, fast schon herrschsüchtige Frau auf die Bühne stellt. Einen guten Gegenpol bildet Butler Max, der als dienstbarer Geist der kleinen Gesten seine eigenen Erfolge als Regisseur von Normas Filmerfolgen dauerhaft konservieren will.

Ein entscheidendes Detail fehlt allerdings in Weigners Regie-Arbeit: Normas Oldtimer. Er wird zwar kurz als schwarz-weißes Foto projiziert, es gibt auch eine Mini-Film-Sequenz von einer Autofahrt, ansonsten fehlt dieses für das Stück so wichtige Requisit. Geradezu peinlich sind die seelenlosen Video-Sequenzen von Christian Hirsch, die sowohl die Verfolgungsfahrt im ersten Akt als auch die Passagen zum Filmstudio als abgefilmten Mittelstreifen illustrieren sollen. Hier wurde an der falschen Stelle gespart.

Ein weiteres Ärgernis ist der Einsatz des Opernchores. In vielen kleinen Rollen, aber auch als Ensemble radebrechen sich die Sängerinnen und Sänger mit so starkem Akzent durch ihre Partien, dass die Textverständlichkeit komplett auf der Strecke bleibt. Selbst die wenig anspruchsvollen Choreografien von Lidia Melnikova überfordern die Truppe und lassen erkennen, dass ein Opernchor sich nur sehr eingeschränkt als Musicalensemble eignet.. Ihre klassisch geschulten Stimmen betonen zudem die sinfonisch-schwelgerische Lloyd Webber-Partitur. Das Philharmonische Orchester Bremerhaven fühlt sich hier unter dem straffen Dirigat von Ektoras Tartanis hörbar wohl, gefällt mit sattem Sound, aber auch in den jazzigen Passagen.

In Barbara Blochs Bühnenbild wird Normas längst verblasster Zelluloid-Ruhm in ihrer Villa verwahrt. Der in die Jahre gekommene, düstere Salon mit der obligatorischen Treppe für die großen Auftritte ist zugemüllt mit ehemaligen Requisiten, die achtlos in die Ecken geworfen worden sind. Die Messie-Räume lassen sich mittels Drehbühne und verschiebbaren Wänden schnell in das schillernde Hollywood-Filmstudio oder Schwabs Drugstore verwandeln. Blochs Kostümbild variiert zwischen schicken Alltagsklamotten für das Ensemble und verschwenderisch gestalteten Roben für den Stummfilmstar.

In der Rolle der Norma Desmond ist Sascha Maria Icks, Mitglied des hauseigenen Schauspielensembles, eine kleine Sensation. Mit gurrender Tiefe und makellosen Höhen schwelgt sie durch ihre dankbaren Songs wie „Träume aus Licht“ oder „Als hätten wir uns nie Goodbye gesagt“. Icks gestaltet ihre Norma dank nuancenreichem Spiel weniger als zerbrechliches Püppchen mit depressiven Zügen denn als willensstarke Frau mit Vision – einfach grandios! Optisch recht jung, wirkt sie wie eine Diva, die bereits als Kinderstar ins Filmgeschäft eingestiegen ist. Vikrant Subramanian als Joe Gillis ist damit auch nicht mehr ein jüngerer Liebhaber, beide sind hier eher gleich alt. Mit kraftvollem Bariton und feinen Spitzentönen singt Subramanian zackig und ohne Opernpathos den Hit-Titelsong, lässt seine Stimme jedoch auch zart und liebevoll in Duetten mit Norma oder Betty Schaefer funkeln. Mit feinem Sopran und trotzigem Spiel holt Patrizia Häusermann das Beste aus der vorlagenbedingt etwas blassen Rolle der Sekretärin mit Autoren-Ambitionen.

Als einziger Gast komplettiert Andrea Matthias Pagani den Bremerhavener Sunset Boulevard. In der Rolle des Max von Mayerling glänzt er als fast lautlos agierender, dienstbarer Geist mit Charakter und Herz. In stocksteifer Pose singt er mit einem etwas bitter klingenden Bariton ein grandioses „Kein Star wird jemals größer sein“ und ist immer dann an Normas Seite, wenn sie ihn besonders braucht. In der Schlussszene bereitet er als Regisseur dem Star genau den Abgang von der großen Bühne, den Norma braucht. Letztendlich könnte aber auch er nicht ihren Selbstmord verhindern. Ob es überhaupt so weit kommt, überlässt der Regisseur in Bremerhaven der Fantasie seines Publikums.

 
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KREATIVTEAM
Musical von Andrew Lloyd Webber / Buch und Liedtexte von Don Black & Christopher Hampton / nach dem gleichnamigen Film von Billy Wilder / Deutsch von Michael Kunze
Musikalische LeitungEktoras Tartanis
InszenierungAnsgar Weigner
Bühne und KostümeBarbara Bloch
ChoreografieLidia Melnikova
VideoChristian Hirsch
 
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CAST (AKTUELL)
Norma DesmondSascha Maria Icks
Joe GillisVikrant Subramanian
Betty SchaeferPatrizia Häusermann
Max von MayerlingAndrea Matthias Pagani
Cecil B. De MilleLeo Yeun-Ku Chu
Artie GreenMacKenzie Gallinger
Sheldrake / Mann 1Christopher Busietta
Mary / ÄrztinVictoria Kunze
JoannaSydney Gabbard
Iris Wemme
Myron / Manfred / PförtnerJonas Wichmann
Morino / 1. Verkäufer / JonesVladimir Marinov
Kenneth Chan
1. Schuldeneintreiber / SchauspielerRóbert Tóth
Jongwook Jeon
5. Verkäufer / 2. Schuldeneintreiber / Mann 2Daniel Dimitrov
Geza Frittmann
Sammy / Hog-EyeLukas Baranowski
Róbert Tóth
Glenn / 2. Verkäufer / Mann 3Jongwook Jeon
Lukas Baranowski
1. Girl / Frau 1 / 2. Kosmetikerin / ReporterinIris Wemme
Sydney Gabbard
Sekretärin / Danielle / AnalytikerinElena Zehnoff
Yvonne Blunk
Cliff / 6. VerkäuferKenneth Chan
Vladimir Marinov
Kathrine / Heather / 1. KosmetikerinKathrin Verena Bücher
Larissa / 1. MasseuseYvonne Blunk
Elena Zehnoff
Lisa / Sandy / 2. MasseuseBrigitte Rickmann
Andrea Fitz
Adam / 4. VerkäuferJung-Hun Choi
Saadat Sadeghi
DawnGeza Frittmann
Daniel Dimitrov
Anita / Frau 2 / AstrologinKathrin Verena Bücher
2. Girl / Kellnerin / Jean / 3. KosmetikerinAndrea Fitz
Brigitte Rickmann
John / 7. VerkäuferDong-Sung Cho
Vladimir Marinov
JaneAngela Oh
Iris Wemme
Barmann / 3. Verkäufer / Mann 4Saadat Sadeghi
Jung-Hun Choi
Opernchor des Stadttheaters Bremerhaven
Philharmonisches Orchester Bremerhaven
Statisterie
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 22.09.2018 19:30Großes Haus, BremerhavenPremiere
So, 30.09.2018 15:00Großes Haus, Bremerhaven
Do, 04.10.2018 19:30Großes Haus, Bremerhaven
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