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KURZBEWERTUNG |
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Sondheims Klassiker in einer in allen Belangen herausragenden Produktion. Die Energie des Ensembles, die kreative Inszenierung und die wehmütige, am Ende ernüchternde Nostalgie verbinden sich zu einem Theatererlebnis, das lange nachwirkt.
New York, 1971. Das heruntergekommene Theater, das von 1918 bis 1941 die „Weismann Follies“ beherbergte, soll einem Bürokomplex weichen. Der damalige Produzent Dimitri Weismann hat seine früheren Tänzerinnen zu einer Abschiedsparty eingeladen. Mit Elan führen die ehemaligen Showgirls noch einmal ihre alten Nummern auf. Unter den Gästen sind auch die Ehepaare Sally und Buddy sowie Phyllis und Ben. Sally war früher in Ben verliebt, der dann aber ihre Kollegin und Mitbewohnerin Phyllis geheiratet hat. Das Wiedersehen ist für die beiden Paare Auslöser, ihr jetziges Leben und ihre Unzufriedenheit in ihren Beziehungen zu überdenken. Die Handlung gipfelt in der grotesken nostalgischen Bühnenshow „Loveland“, in der die vier ihr wahres Gefühlsleben rekapitulieren.
In dem morbiden Setting des halb verfallenen Theaters (Bühne und Kostüme: Vicki Mortimer) hausen die Geister der jungen Showgirls. Als ihre um 30 Jahre gealterten Pendants zur Party eintreffen, freuen sich einige zu sehen, wie sie im Alter aussehen – andere sind offen entsetzt. Details wie diese ziehen sich durch Dominic Cookes Inszenierung. Mit sicherer Hand arrangiert er sein aus 37 Darstellerinnen und Darstellern bestehendes Ensemble auf der großen Bühne. Dabei ergeben sich immer wieder eindrucksvolle Bilder mit den alten und den jungen Showgirls. Wenn die Geister mit ihren zwischen Gespenstergewändern und Show-Ausstattung changierenden Kostümen und extravagantem Kopfschmuck dem Geschehen vom seitlichen Bühnenbereich aus auf Mauerresten und alten Theatersesseln folgen, ist das ein wunderschönes Bild.
Die Geister begleiten ihre Alter Egos wie Schatten, großartig verbunden durch Bill Deamers Choreographie. Das erleichtert die Sprünge der Handlung zwischen 1941 und 1971. Was zur Uraufführung noch zeitgenössisch war, ist heute natürlich schon Ausstattungstheater. Deshalb kommt „Follies“ ein bisschen altmodisch daher, auch wenn die emotionalen Probleme heute so aktuell sind wie damals.
Sondheims Musik vermischt nostalgische Revue für die Vergangenheit mit dem für ihn typischen Sprechgesang für die Gegenwarts-Szenen im Jahr 1971, auch wenn er hier melodischer schreibt als in seinen späteren Werken. Immer wieder bewundernswert ist die pointierte Symbiose von Text und Musik. Seine Fähigkeit, eine Figur innerhalb eines Songs zu charakterisieren oder völlig auf den Kopf zu stellen ist meisterhaft. Das 20-köpfige Orchester unter der Leitung von Nigel Lilley setzt Sondheims Partitur kongenial um und trifft den Ton zwischen atmosphärischer Klangmalerei, zurückhaltender Begleitung und fetzigem Swing.
Regisseur Cooke hat das Glück, mit einer erstklassigen Besetzung arbeiten zu können. Durch den Fokus auf die beiden Ehepaare geraten einige schöne Figuren schon vorlagenbedingt ein bisschen zu Staffage, aber durch die Spielfreude in Ensemblenummern und durch sehr dankbare Soli können auch sie glänzen. Besonders die robuste Di Botcher als Hattie Walker, die fünf jüngere Ehemänner überlebt hat, und Tracie Bennett als ehemaliger Filmstar Carlotta Campion begeistern mit „Broadway Baby“ und „I am Still Here“.
In gewisser Weise spielt sich Josephine Barstow als Heidi Schiller selbst. Franz Lehàr (oder Oscar Straus; Heidi weiß es nicht mehr so genau) hatte einst für Heidi Schiller einen Walzer komponiert – Darstellerin Josephine Barstow wurde in den 1980er Jahren für die Salzburger Festspiele eine Oper auf den Leib geschrieben. Die Sopranistin, mit 77 Jahren das älteste Ensemblemitglied, verfügt über eine starke Bühnenpräsenz. In „One More Kiss“ erreicht sie scheinbar mühelos noch die höchsten Töne, wobei ihr bei diesem Duett ihr junges Gegenstück Alison Langer in nichts nachsteht.
Imelda Stauntons Sally kommt euphorisch und etwas naiv zu dem Treffen mit den ehemaligen Kolleginnen. Erst scheint sie völlig mit ihrem Leben zufrieden zu sein, bis sie die Begegnung mit Ben aus der Bahn wirft. Dieses Wechselbad der Gefühle spielt Staunton zurückhaltend, nachvollziehbar und sehr verletzlich. Sie darf „Losing My Mind“, den großen Hit des Stücks, singen, in dem für einen kurzen Moment die Zeit stillzustehen scheint – so tieftraurig und emotional gestaltet sie den Song, ohne auf die Tränendrüse zu drücken.
Peter Forbes als ihr Ehemann Buddy hat seinen großen Bühnenmoment mit „Buddys Blues“, den er mit verzweifeltem Humor auf die Bühne bringt. Hinter einer sarkastischen, bissigen Fassade schafft es die phänomenale Janie Dee, Phyllis Einsamkeit und Verbitterung deutlich zu machen. Sie hat die meisten Pointen und serviert sie punktgenau und knochentrocken. Ihr bitteres „Could I Leave You?“ und das hervorragend choreographierte „The Story of Lucy and Jessie“ sind zwei weitere Höhepunkte des Abends.
Philip Quast verdeutlicht mit wohlklingendem Bariton und ausdrucksstarkem Spiel Bens Innenleben. Besonders stark ist er bei „The Road You Did Not Take“ und seinem Zusammenbruch in „Live, Laugh, Love“.
Die jungen Versionen der beiden Paare sind mit Fred Haig (Buddy), Zizi Strallen (Phyllis), Alex Young (Sally) und Adam Rhys-Charles (Ben) treffend besetzt. Sie verstehen es, die Unsicherheit ihrer Figuren darzustellen und überzeugen mit frischen, leichten Stimmen.
„Follies“ ist ein Musical-Stern, der – unter leichtem Patina-Überzug – immer noch erstrahlt. Dafür sorgen Rollen, nach denen sich Ü50-Darsteller die Finger lecken, ein meisterhaftes Buch und eine selten so erreichte Einheit von Text und Musik. Es wäre überraschend, wenn es für diese Produktion bei der nächsten Olivier-Awards-Verleihung keine Preise hageln würde.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Dominic Cooke |
Musikalische Leitung | Nigel Lilley |
Choreografie | Bill Deamer |
Bühne und Kostüme | Vicki Mortimer |
Musikalische Supervison | Nicholas Skilbeck |
Orchestration | Jonathan Tunick |
Licht-Design | Paule Constable |
Sound-Design | Paul Groothuis |
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CAST (AKTUELL) |
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CAST (HISTORY) |
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Sally Durant Plummer | Imelda Staunton | |||
Phyllis Rogers Stone | Janie Dee | |||
Benjamin Stone | Philip Quast | |||
Buddy Plummer | Peter Forbes | |||
Carlotta Campion | Tracie Bennett | |||
Young Sally | Alex Young | |||
Young Phyllis | Zizi Strallen | |||
Young Ben | Adam Rhys-Charles | |||
Young Buddy | Fred Haig | |||
Stella Deems | Dawn Hope | |||
Hattie Walker | Di Botcher | |||
Dimitri Weismann | Gary Raymond | |||
Deedee West | Liz Izen | |||
Roscoe | Bruce Graham | |||
Heidi Schiller | Josephine Barstow | |||
Young Heidi | Alison Langer | |||
Emily Whitman | Norma Attallah | |||
Theodore Whitman | Billy Boyle | |||
Sam Deems | Adrian Grove | |||
Young Stella | Leisha Mollyneux | |||
Solange LaFitte | Geraldine Fitzgerald | |||
Sandra Crane | Gemma Page | |||
Young Carlotta | Emily Langham | |||
Young Hattie | Aimee Hodnett | |||
Young Emily | Anouska Eaton | |||
Young Deedee | Christine Tucker | |||
Young Solange | Sarah-Marie Maxwell | |||
Young Sandra | Kate Parr | |||
Kevin | Jordan Shaw | |||
Christine Donovan | Julie Armstrong | |||
Young Theodore | Barnaby Thompson | |||
Young Christine | Emily Goodenough | |||
Cameraman | Edwin Ray | |||
TV Interviewer | Ian McLarnon | |||
Weismanns PA | Liz Ewing | |||
Ensemble | Jeremy Batt Michael Vinsen |
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GALERIE |
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