Armin Kahl (Tick), Terry Alfaro (Adam), Erwin Windegger (Bernadette), Ensemble © Marie-Laure Briane
Armin Kahl (Tick), Terry Alfaro (Adam), Erwin Windegger (Bernadette), Ensemble © Marie-Laure Briane

Priscilla - Königin der Wüste (2017 - 2021)
Staatstheater am Gärtnerplatz, München

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Ein schriller Ritt durch das Outback Australiens: „Priscilla“ hat jede Menge Gay-Klischees und diverse Drag-Queen-Shows im Gepäck. Gil Mehmerts Inszenierung will manchmal zu viel – die wilde Fahrt funktioniert genau dann am besten, wenn sie einen Gang zurückschaltet.

Als erste Musical-Produktion im neu-renovierten Haus sicherte sich das Theater am Gärtnerplatz die Rechte an der deutschsprachigen Erstaufführung von „Priscilla – Königin der Wüste“ (2006) über die Reise zweier Drag-Queens und einer Transsexuellen mit dem Bus durch Australien. Das Stück basiert auf dem gleichnamigen Film von 1994 und wurde nach Stationen u.a. in London und New York zum erfolgreichsten australischen Musical aller Zeiten.

Gleich drei aufeinanderfolgende Szenen im zweiten Akt erzeugen emotionale Momente in der temporeichen Show voller Glitzer und viel nackter Haut: Die aufkeimende Liebe zwischen Bernadette und Bob, die versuchte Vergewaltigung von Felicia sowie die Annäherung von Tick zu seinem Sohn Benji sprechen für das Konzept von Regisseur Gil Mehmert, die Emotionen in den Vordergrund zu stellen. Die Reise ins eigene Innere und die Bereitschaft, sich Unbekanntem zu stellen, werden ergreifend dargeboten.

Andererseits wundert es bei dem scheinbaren Überangebot an fetzigen Disco-Songs, glitzernden Kostümen und überbrodelndem Tanz, dass der Funke nicht so recht in den Theatersaal überspringen vermag. Die Kombination von einem Orchester mit Band-Instrumenten wie Schlagzeug und E-Gitarren erweist sich für die schnellen Disco-Nummern als suboptimal. Der für solche Songs notwendige Schwung will einfach nicht aufkommen. Hinzu kommt der schlecht abgemischte Sound, der die Sprechparts oft verschluckt.

Ins Auge fallen die zahlreichen körperbetonten, bunten und glitzernden Kostüme mit befiederten Kopfbedeckungen bzw. farbigen Afro-Puscheln. Die sehr hohen Turmfrisuren und die übergroßen Hüte und Masken der Hauptrollen, die deren Gesichter komplett verdecken, sind – zusammen mit den Handpuppen – eine ungewöhnliche und effektvolle Idee für Travestie.

Glitzerstern der Aufführung ist der mit einer rosa Ledercouch ausgestattete, vorne offene und drehbare Bus Priscilla, der dem Musical seinen Namen gibt. Kostümbildner Jens Kilian platziert ihn mitten auf die Drehbühne. Accessoires wie der mit Rüschen verzierte Ghetto-Blaster, die mobile Bar in Form einer Hutschachtel und die lebensgroße Kylie Minogue-Pappfigur heben das Schmuckstück zusätzlich hervor. Mit Hilfe einer Filmkamera werden die Szenen im Bus von den Darstellern hautnah aufgenommen und parallel live auf eine Projektions-Leinwand am Bühnenrand übertragen. Dies bringt die Eindrücke und Szenen im Bus noch näher an den Zuschauer.

Auch Priscillas Dach wird immer wieder als Spielfläche eingesetzt. Da der Bus das ganze Stück lang mittig auf der Drehbühne platziert ist, wird es vorne für die Tanzszenen mit dem Ensemble immer mal wieder eng. Insgesamt wirkt die Bühne dadurch im Zusammenspiel mit den opulenten Kostümen einfach überladen. Die Fahrt durch die Wüste erfährt somit den Charakter eines holprigen Ritts: Hier wird der große Schuh zu langsam auf den Bus gehoben, dort fehlt die wehende Schleppe bei Felicias Opernnummer, da werden die einfach gehaltenen Bühnenteile wie Bars oder Berge per Hand zu früh auf die Bühne geschoben. Daneben erscheint das kleine und sehr gelungene Auto von Benji am Ende einzig mühelos zu rollen.

Gil Mehmert drückt gerade am Anfang sehr stark auf das Tempo, so dass die ersten Szenen quasi im Flug vergehen. Dabei hätten zündende Ideen wie die Tänzer, die zum Opening „It’s Raining Men“ zusammen mit den Diven einschweben oder auch der Rollschuh-Tanz bei „McArthurs Park“ viel mehr Zeit und Raum verdient. Daneben konnte sich Melissa King in den zahlreichen, teils akrobatischen Choreografien austoben, die das kunterbunte Ensemble punktgenau und entzückend ausführt. Es ist der Qualität der Akteure zu verdanken, dass sie keine klischeehaften Abziehbilder, sondern dreidimensionale, lebendige Charaktere kreieren. Der erfahrene Darsteller Erwin Windegger gibt die stil- und würdevolle Transsexuelle Bernadette, die ganz klar spielerisch und auch stimmlich das Sternchen dieser Show ist. Dazu bringt er ihre deftigen und trockenen Pointen zielsicher und schlagfertig aufs Parkett. In der Nummer „McArthurs Park“ füllt er den Saal vom Steg über dem Orchestergraben aus mit starken und raumfüllenden Tönen – ein Gänsehautmoment.

Als extrovertierter, schriller Adam bzw. Felicia agiert Terry Alfaro herrlich nervig und zickig, mit teilweise quietschender Stimme. Er hat sichtbar Freude an seinen Nummern und glänzt in der Opernszene im Schuh auf dem Dach des Busses, auch ohne im Wind wehende Schleppe. Eingängig ist auch seine Angst im zweiten Akt bei „Hot Stuff“. Gegen diese geballte Power hat es Armin Kahl als rollenbedingt blasser Tick in gedeckten Farben bzw. als weniger auffällige Doris Gay schwer. Mit seiner behaarten Brust liegen ihm Fummel und High Heels weniger, doch er spielt seine Konflikte als unsicherer Neu-Vater anschaulich und mit sicherer Stimme heraus. So gewinnt er die Zuneigung seines Sohnes und die des Publikums gänzlich, vor allem am Ende mit seiner witzigen Elvis-Parodie.

Frank Bergs Bob ist ein charmanter Gentleman, der neuem aufgeschlossen ist. Mit seiner warmen und weichen Stimme füllt er seinen Part überzeugend aus. Die drei stimmgewaltigen Diven Amber Schoop, Jessica Kessler und Dorina Garuci begleiten die Handlung immer wieder in ihren markanten, dunklen Kostümen mit großen Schmetterlings-Flügeln. Tanja Schön ist als Marion eine großherzige und liebevolle Mutter, Marides Lazo gibt Cynthia als herrliche Karikatur der Bilderbuch-Asiatin.

Auch wenn Priscillas Spritztour in München mehr Bier als Champagner ist und auch etwas Wüstensand ins Getriebe gekommen zu sein scheint, zeigt das Gärtnerplatztheater in den emotionalen und ruhigen Zwischenstopps eine anschauliche Reise zu sich selbst, frei nach dem Motto: „I am, what I am“.

Buch von Stephan Elliott und Allan Scott
Nach dem Kinofilm von Latent Image / Specific Films
In Zusammenarbeit mit Nullarbor Productions und MGM on Stage und outside eye Wien
Mit den Discohits der 70er und 80er
Musikalische Arrangements und Orchestration von Stephen ›Spud‹ Murphy
Für die Bühne entwickelt von Simon Phillips
Deutsch von Michael Alexander Rinz
In Kooperation mit dem Theater St. Gallen

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
Musikalische LeitungJeff Frohner
Andreas Partilla
InszenierungGil Mehmert
ChoreografieMelissa King
BühneJens Kilian
KostümeAlfred Mayerhofer
LichtMichael Heidinger
DramaturgieMichael Alexander Rinz
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
== 2020/21==
TickArmin Kahl
BernadetteErwin Windegger
AdamTerry Alfaro
BobFrank Berg
DivenDorina Garuci
Jessica Kessler
Amber Schoop
MarionEsther Mink
(Tanja Schön)
Cynthia / Japanische TouristinMarides Lazo
ShirleyAngelika Sedlmeier
Miss Understanding / Lars 1 / Errol / Deutscher TouristEric Rentmeister
Benji, KindJasper Baumann
Clemens von Bechtolsheim
Timothy Scannell
Matthias Thomas
Miss Fernanda FalsettaJurriaan Bles
JimmyKarim Ben Mansur
junge BernadetteAlex Frei
EnsembleJohn Baldoz
Jurriaan Bles
Alex Frei
Dorina Garuci
Luke Giacomin
Jessica Kessler
Marides Lazo
Karim Ben Mansur
Rachel Marshall
Andreas Nützl
Eric Rentmeister
Adriano Sanzò
Tanja Schön
Amber Schoop
Susanne Seimel
Samantha Turton
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (HISTORY)
TickArmin Kahl
BernadetteErwin Windegger
AdamTerry Alfaro
BobFrank Berg
DivenDorina Garuci
Jessica Kessler
Amber Schoop
MarionTanja Schön
Cynthia / Japanische TouristinMarides Lazo
ShirleyAngelika Sedlmeier
Miss Understanding / Lars 1 / Errol / Deutscher TouristEric Rentmeister
Benji, KindJasper Baumann
Clemens von Bechtolsheim
Timothy Scannell
Matthias Thomas
Miss Fernanda FalsettaJurriaan Bles
JimmyKarim Ben Mansur
junge BernadetteAlex Frei
EnsembleJohn Baldoz
Jurriaan Bles
Alex Frei
Dorina Garuci
Luke Giacomin
Jessica Kessler
Marides Lazo
Karim Ben Mansur
Rachel Marshall
Andreas Nützl
Eric Rentmeister
Adriano Sanzò
Tanja Schön
Amber Schoop
Susanne Seimel
Samantha Turton
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Do, 14.12.2017 19:30Staatstheater am Gärtnerplatz, MünchenPremiere
Sa, 16.12.2017 19:30Staatstheater am Gärtnerplatz, München
Di, 19.12.2017 19:30Staatstheater am Gärtnerplatz, München
▼ 48 weitere Termine einblenden (bis 31.10.2021) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay