Tim Müller (Eddie Birdlace), Elisabeth Köstner (Rose Fenny) © Falk von Traubenberg
Tim Müller (Eddie Birdlace), Elisabeth Köstner (Rose Fenny) © Falk von Traubenberg

Ein hässliches Spiel (Dogfight) (2017 - 2018)
Theater für Niedersachsen, Hildesheim

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Die deutschsprachige Erstaufführung des 2012 am Off-Broadway uraufgeführten Stücks „Dogfight“ überzeugt nicht auf ganzer Linie. Die Schwächen des Buches werden durch die Inszenierung nicht ausgeglichen, so dass gerade der erste Akt recht uninspiriert und langatmig wirkt.

Eddie und seine Freunde sollen in den Vietnam-Krieg geschickt werden. Doch am Abend vor ihrem Abflug wollen sie es noch einmal so richtig krachen lassen – bei einem Dogfight. Das ist in der US-Marine eine Tradition: Ein Wettbewerb nach dem Motto „bring das hässlichste Mädchen mit zur Party“. Eddies Wahl fällt auf Rose, eine unscheinbare Kellnerin, die entsetzt davonläuft, als sie im Nachhinein erfährt, worum es bei diesem Date geht. Eddie versucht sich zu entschuldigen und es wieder gut zu machen und lernt dabei den Wert von innerer Schönheit kennen.

Die Musik von Pasek und Paul, die mit „Dear Evan Hansen“ in der aktuellen Saison endlich den seit Jahren prognostizierten massentauglichen Broadway-Hit gelandet haben, bietet eine ansprechend poppige Partitur mit ein wenig Country und Jazz. Viele der Lieder klingen angenehm ungewöhnlich – typische Off-Broadway-Musik, die ein Stück weit vom Mainstream entfernt liegt und die bei der sechsköpfigen Band unter Leitung von Andreas Unsicker in besten Händen ist.

Alice Aspers Inszenierung verlässt sich dabei voll auf die Tragkraft der Geschichte und der Darsteller. Asper bringt das Geschehen geradlinig und ohne Schnörkeleien auf die Bühne. Doch gerade der erste Akt hat so seine langatmigen Momente. Die Charaktere sind allesamt spröde: Es dauert ein Weilchen, bis der Zuschauer mit der Geschichte warm wird und manche Figuren zumindest ein gewisses Identifikations-Potential bieten.

Das Stück benötigt unbedingte Nähe des Publikums zu den Akteuren – eine Studiobühne statt eines klassischen Stadttheaters mit Guckkastenbühne und Orchestergraben würde der Handlung gut tun. Diese allein schon durch den Spielort entstandene Distanz wird noch verstärkt durch das Bühnenbild von Holger Syrbe. Viele Szenen spielen in der hinteren Hälfte der Bühne auf einem grundsätzlich zweckdienlichen, begehbaren Stahlgerüst. Hier findet u.a. die eigentlich intime Szene in Roses Zimmer statt, in der sich die beiden Hauptakteure einander annähern – viel zu weit von den Zuschauern entfernt.

Rose und Eddie stehen absolut im Zentrum des Stückes. Die Hauptlast des Abends tragen also Elisabeth Köstner und Tim Müller, die sich mit viel Engagement in ihre Rollen stürzen. Beide zeigen eine glaubhafte Entwicklung ihrer Charaktere. Es tut schon fast weh, dem Mauerblümchen Rose dabei zuzusehen, wie es sich von Charmeur Eddie einwickeln und in diesen fiesen Dogfight hineinziehen lässt. Tim Müller lässt dabei immerzu spüren, dass ihm auch nicht so ganz wohl bei diesem Spiel ist: Einerseits lässt er bei seinen Freunden den coolen Typen heraushängen, andererseits ist ihm ab der ersten Szene mit Rose anzumerken, dass er – im Gegensatz zu den anderen Soldaten – ein schlechtes Gewissen dabei hat, ein Mädchen so zu erniedrigen. Insofern überrascht seine Wandlung, sich dann doch auf Rose einzulassen, im weiteren Verlauf nicht mehr wirklich. Dazu hätte er bei der ersten Begegnung viel selbstverliebter und arroganter mit ihr umgehen müssen. Beeindruckend gelingen Müller die späteren Szenen in Vietnam sowie die Entwicklung, als Eddie traumatisiert in die Staaten zurückkehrt.

Die weiteren Darsteller spielen zumeist mehrere kleine Rollen, von denen kaum eine wirklich in Erinnerung bleibt. Selbst Eddies Kumpel Dick und Ralph als größere Nebenrollen hinterlassen keinen nachhaltigen Eindruck. Das liegt jedoch weniger an den engagiert aufspielenden Jürgen Brehm und Lukas Sandmann, als an der Tatsache, dass die Autoren den beiden Charakteren nur wenig Substanz gegeben haben.

Als wahre Absahnerin in der Publikumsgunst erweist sich jedoch noch Teresa Scherhag, die mit viel Mut zur Hässlichkeit in der Nebenrolle der Marcy, die den Dogfight gewinnt, ein berührendes Porträt abliefert und damit aus dem Ensemble heraus sticht.

Im zweiten Akt kommt das Stück besser in Fahrt. Rose und Eddie erleben so etwas wie eine zart angedeutete Liebesgeschichte, für deren emotionale Wirkung eine deutlichere Nähe zum Publikum allerdings immer noch wünschenswert gewesen wäre. Doch parallel zu den beiden Charakteren, die endlich lernen miteinander umzugehen, kann sich auch das Publikum zunehmend mit ihnen identifizieren. Nach dieser Nacht geht es für die Soldaten nach Vietnam und die Zuschauer werden in einer mitreißenden Szene Zeuge, wie einer der jungen Männer nach dem anderen umkommt, bis nur noch der verstörte Eddie übrig bleibt. Nach seiner Rückkehr in die USA gibt es noch ein weiteres Treffen zwischen Eddie und Rose. Doch erfreulicherweise kommt „Dogfight“ ohne verkitschtes Hollywood-Happy-End aus und erreicht gerade dadurch, dass der Zuschauer nachdenklich und durch den Realismus berührt das Theater verlässt.

Musik / Texte – Benj Pasek & Justin Paul
Buch – Peter Duchan
Deutsch von Daniel Große Boymann

 
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KREATIVTEAM
InszenierungAlice Asper
Musikalische LeitungAndreas Unsicker
ChoreographieAnnika Dickel
Bühne und KostümeHolger Syrbe
 
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CAST (AKTUELL)
Rose FennyElisabeth Köstner
Eddie BirdlaceTim Müller
Dick BernsteinJürgen Brehm
Ralph BolanLukas Sandmann
FectorMaurice Daniel Ernst
Stevens / KellnerBjörn Schäffer
Marcy / HippieTeresa Scherhag
Ruth zwei Bären / Bibliothekarin / Peggy / HippieSandra Pangl
Tanja Kleine
Mutter Fenny / Suzette / Chippy / HippieJudith Bloch
Laura Mann
Gibbs / Drag Queen / Kellner / Besitzer Nite LiteJens Krause
Nachtclubsänger / Gast im Diner / Sergant / Marine / Kellner / Big TonyFehmi Göklü
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 06.05.2017 19:00Großes Haus, HildesheimPremiere
Sa, 13.05.2017 19:30Großes Haus, Hildesheim
Mo, 29.05.2017 19:30Großes Haus, Hildesheim
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