Ensemble © Stiftung Creative Kirche
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Luther (Falk/Kunze) (2015 - 2018)
Stiftung Creative Kirche, Witten

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Das Pop-Oratorium anlässlich des Reformjubiläums 2017 wurde von der Stiftung Creative Kirche angestoßen und von Michael Kunze (Buch) und Dieter Falk (Komposition) umgesetzt. Über 3000 Chorsängerinnen und -sänger, 12 Solisten, das Junge Orchester NRW sowie eine siebenköpfige Band lassen die Aufführung in der Dortmunder Westfalenhalle zum Spektakel für die Ohren werden.

Beim Betreten der großen Westfalenhalle 1 ahnt man gleich, dass etwas Bombastisches geschehen wird. Hinter der riesigen Bühne sitzen 3000 Chorsängerinnen und -sänger aus ganz Deutschland, die in vielen regionalen Proben für diese Aufführung geübt haben. Erst eine Woche vor der Premiere sind sie schließlich zu einer gemeinsamen Probe zusammengekommen.

Auf der Bühne nehmen dann 35 Mitglieder des Jungen Orchesters NRW Platz sowie eine Band, die mit Drums, Percussion, Trompete, Bass, Gitarre und Keyboards bestens ausgestattet ist. Das erste Stück „Wer ist Martin Luther“ beginnt, Orchester und Band setzten ein, dann der Chor. Ein Laser schreibt die Buchstaben L U T H E R passend zur Musik in den Raum. Das Klangerlebnis ist atemberaubend. Im hohen Maße lobenswert, dass sowohl das Orchester unter der hervorragenden Leistung von Heribert Feckler differenziert zu hören ist, als auch die Band und der Chor unter dem Chordirigat von Christoph Spengler und Matthias Nagel. Tontechniker Carsten Kümmel und seinem Team sei Dank!

Das erste Lied spielt 1521 in Worms. Ein Herold verkündet, dass der mit päpstlichem Bann belegte Martin Luther sich vor dem selbsternannten, jungen Kaiser Karl V. verantworten muss. Sowohl Gegner als auch Unterstützer fragen sich, wie Luther der geworden ist, der er heute ist? Von da an folgen 19 lose Szenen, oft Rückblenden, die Einblick geben in Luthers Leben und in die Ängste von Politik und Kirche. Der Abend endet nach zwei Stunden mit Luthers Zuflucht in der Wartburg, wo er die hebräische Bibel und das griechische Neue Testament ins Deutsche übersetzt.

Da es keine verbindenden Dialoge gibt und die zwölf Akteure, bis auf Luther, mehrere Rollen spielen, wird des Öfteren erst im Laufe des Songs klar, in welcher Zeit wir uns gerade befinden und wie das Thema der Szene ist. Auf der einen Seite mag das anzukreiden sein, auf der anderen Seite liegt der Schwerpunkt jedoch auf der Musik und den Botschaften in den Texten. Diese werden übrigens vollständig auf zwei große Leinwände übertragen, die rechts und links neben der Bühne aufgehängt sind. So gibt es denn auch einige Momente, bei denen das Publikum animiert wird mitzusingen, was es in großen Teilen gerne tut.

Die Leinwände übertragen natürlich auch das Livebild von der Bühne, werden aber in ausgewählten Momenten dafür genutzt, die Handlung deutlich ins Hier und Jetzt zu verlegen. Gleich die erste Szene sieht aus wie ein amerikanisches News-Magazin mit Laufbändern und schnellen Bilderwechseln. Die achten Szene, in der ein Ablassprediger den Verkauf göttlicher Gnade mittels sogenannter Ablassbriefe verteidigt, scheint wie modernes Teleshopping inklusive Artikelnummer und Call-Center-Hotline. Verstanden: Die politischen und kirchlichen Themen um Macht und Herrschsucht sind auch fünfhundert Jahre nach Luther immer noch aktuell. So gestalten sich auch die einfach gehaltenen Kostüme und Requisiten von Sylvia Mansel und Dona Dürrenleder heutig. Der junge Kaiser beispielsweise ist sehr mit seinem Smartphone beschäftigt.

Das Werk ist ein Ensemblestück, in dem fast alle Agierenden gleichgeordnet nebeneinander stehen. Mal sind die Zuschauer mehr beim beeindruckenden Chor, mal bei den ausgezeichnet aufspielenden Musikern und mal bei den Solisten. Auch die sind mehr oder weniger gleichberechtigt. Selbst Luther steht als Titelheld nicht automatisch im Mittelpunkt der meisten Szenen. So wäre es fast ungerecht, auf einzelne Darsteller näher einzugehen, doch tun sich einige besonders hervor, in den kurzen Szenen das Publikum mit auf die Reise zu nehmen.

Ob als Melanchton oder Ablassverkäufer zeigt Stefan Stara, welche Energie in ihm steckt. Er wirbelt über die Bühne und ist in allen Momenten höchst präsent. Dabei gefällt, dass ihm der Umgang mit der schwierigen Akustik in der Halle besonders gut gelingt und ihm seine Songs einfach gut liegen. Mit ebenso guter Präsenz nimmt der Holländer Leon van Leeuvenberg die Bühne für sich ein. Er hat einen tollen Moment, wenn er als Inhaber des bekannten Augsburger Bankhauses Fugger „Das heilige Geschäft“ besingt. Geriete der Ablasshandel ins Stocken, bräche wahrscheinlich das Finanzsystem des Landes zusammen.

Im ersten Akt zeigt sich Frank Winkels als Luther gesanglich eher zurückhaltend. Da er zuweilen allein auf der Bühne agiert, während ansonsten immer viel los ist, wirken diese Momente fast wie ein Fremdkörper. Doch im zweiten Teil, spätestens beim „Zweiten Verhör“, wenn Luther wieder vor dem Kaiser steht, zeigt Winkels sein Können und spielt mit der Partitur.

Andreas Gergen als Regisseur bemüht sich redlich, Fleisch an den Knochen zu bekommen. Durch die allein gestellten Szenen, durch den Verzicht auf ein Bühnenbild – nur einige Stühle dienen dazu, neue optische Momente zu schaffen – und ohne ein gesprochenes Wort ist es schwierig, den Charakteren Tiefgang zu geben. Bei der Figur des Luther gelingt dies noch ganz gut, ansonsten können die Rollen nie über Zweidimensionalität und Klischees hinauswachsen.

Doris Marlis fiel die undankbare Aufgabe zu, eine Choreografie zu erdenken. Optisch ansprechend gelingt die Neuordnung jeder Szene. In interessanten Formationen gehen die Darsteller auf und ab, wechseln die Bühnenseite oder schaffen mit den Stühlen neue Räume. Bei den beschwingteren Nummern jedoch müssen die Künstler kleine Bewegungen machen, Kick nach links, Kopf nach rechts, eine kleine Drehung. Das Motto „ganz oder gar nicht“ wäre hier sicherlich ein Gewinn gewesen. Zudem – wir sind ja in der Westfalenhalle – wird recht oft zum Mitklatschen animiert. Das muss man mögen.

Was gibt es über die Musik von Dieter Falk zu sagen? Er weiß halt, wie Pop geht! Dabei gelingen ihm die Mid- und Uptempo-Nummern besser als die Balladen. Die schnelleren Songs gehen sofort ins Ohr – und bleiben da lange. So geht das. Hört man etwas genauer hin, stellt sich die Frage, wie das alles klingen würde, wären da nicht über 3000 Mitwirkende und dieser besondere Spirit in der Halle. Wollte man böse sein, schriebe man ‚beliebig‘. Ansonsten ist wohl ‚massenkompatibel‘ der richtige Ausdruck.

Und trotzdem: ein gelungener Abend, der zu Recht großes Publikum verdient. 2017, im Lutherjahr, geht das Oratorium auf Deutschlandtournee und spielt wieder in den großen Hallen. Das Gesamtwerk ist dann doch einfach beeindruckend.

 
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KREATIVTEAM
MusikDieter Falk
LibrettoMichael Kunze
RegieAndreas Gergen
Musikalische LeitungHeribert Feckler
ChoreofrafieDoris Marlis
Kostüme & RequisiteSylvia Mansel
LichtdesignMichael Grundner
TonmeisterCarsten Kümmel
OrchesterarrangementsChristoph Terbuyken
 
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CAST (AKTUELL)
Martin LutherFrank Winkels
FrobenLeon van Leeuwenberg
FaberAndreas Wolfram
MelanchtonStefan Stara
LaraSophie Berner
Kaiser KarlPaul Falk
HeroldAndreas Kammerzelt
AblasspredigerStefan Poslovski
Luther als KindGiulio Riccitelli
EnsembleLisa-Marie Sumner
Silke Braas-Wolter
Bonita Niessen
Michaela Schober
SwingsTina Podstawa
Christian Schöne
Benedikt Ivo
Kathleen Bauer
Henriette Schreiner
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 31.10.2015 14:00Westfalenhalle 1, DortmundPremiere
Sa, 31.10.2015 19:00Westfalenhalle 1, Dortmund
Sa, 14.01.2017 19:00TUI-Arena, Hannover
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