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Cabaret (2013 - 2014)
Theater, Ulm

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Es gibt nichts zu lachen, wenn’s um Nazis geht. So bierernst kommt die Ulmer Inszenierung von „Cabaret“ daher. Gute Ansätze liefern sowohl Regie als auch Bühne, doch letztlich springt der Funke nicht über. Dass sich unter den Hauptdarstellern keine rechte Chemie entwickeln will, kommt erschwerend hinzu.

Ein riesiger Koffer schwebt auf die Bühne, denn in diesem Stück geht es vor allem auch um das Reisen und die Bedeutung der Heimat. Beeindruckend, wenn sich die Klappen öffnen, das Ensemble sauber im Kofferboden verstaut, und der Conferencier sein „Willkommen, Bienvenue, Welcome“ anstimmt. Es wird allerdings auch auf weiter Flur die beeindruckendste Szene des ganzen Abends bleiben. Als Symbol wird der Koffer in der Ulmer Inszenierung von „Cabaret“ immer wieder auftauchen. Clifford Bradshaw wird seine Gepäckstücke niemals wirklich auspacken, er und Sally Bowles leben in Fräulein Schneiders Pension aus den Koffern, sitzen auch mal gemeinsam in Sallys großem Schrankkoffer.

Trübe, mit einem Hauch Anrüchigkeit: So sieht das Berlin der auslaufenden Weimarer Republik in Harald Fuhrmanns Inszenierung aus. Dass gerade der Kit Kat Klub ein Symbol für die überbordende Lebensfreude seiner Epoche darstellt, wird nur bedingt klar. Sich aus der selbstauferlegten Barriere des Koffers freizuspielen, fällt dem Ensemble sichtlich schwer. Immer wieder wirkt es, als baue der Kofferdeckel des von Timo Dentler erdachten Bühnenbilds eine zusätzliche Barriere zwischen Darstellern und Publikum auf.

Aber vielleicht liegt es auch an Figurenzeichnung und Spiel, denn die eigentlich so schrulligen und bis zu einem gewissen Grad liebenswert angelegten Charaktere aus Kanders und Ebbs Bühnenklassiker wirken in Ulm völlig unnahbar. Was etwa Jörg-Heinrich Benthien mit seiner Version des Conferenciers ausdrücken möchte, bleibt den Abend hindurch schwammig. Etwas unprofiliert treibt er zwischen bemüht leichtfüßigen, offenkundig schockierenden und gestellt tiefsinnigen Momenten hin und her.

Tini Prüfert (bei der besuchten Vorstellung krankheitsbedingt eingeschränkt) wirkt in der Rolle der Sally Bowles, als habe sie den Schmerz der gesamten Welt auf sich geladen. Zumindest vermitteln ihr Schlafzimmerblick und die gehauchten Passagen eine dementsprechende Melancholie. Die kokette Leichtmut, die die Rolle zumindest zu Beginn erfordert, transportiert Prüfert nur bedingt. Fabian Gröver, der den Schriftsteller Clifford Bradshaw spielt, hinterlässt keinen nennenswerten Eindruck. Er pendelt zwischen unterdrückter Wut und Teilnahmslosigkeit. Auch in intimen Szenen wirken Prüfert und Gröver wie zwei Einzelkämpfer. Das Quäntchen Romantik sucht man hier vergebens.

Fündig wird man dann bei Sibylle Schleicher und Gunther Nickles, die als Vermieterin Fräulein Schneider und Obsthändler Herr Schultz auf der Bühne stehen. Schleicher und Nickles gelingt es, einen Bogen zu schlagen von den ungelenken Annäherungsversuchen zur bitteren Resignation vor den politischen Umwälzungen der 1930er Jahre. Gesanglich sind beide zwar nur bedingt sicher, sie bringen ihre Partien aber dennoch beherzt und gefühlvoll rüber. In der bedrückenden Gesamtstimmung der Inszenierung wirkt Renate Steinle (Fräulein Kost) mit frischer Lebensfreude wie ein dringend nötiger Farbfleck.

Die Ulmer „Cabaret“-Inszenierung wechselt immer wieder zwischen der deutschen Übersetzung und dem englischen Original der Songtexte. Vor allem bei den bekannten Evergreens wie „The Money Song“ und „Mein Herr” wird auf das Original gesetzt. Dass die Schauspieler teils mit breitem deutschen Akzent singen und beispielsweise der Amerikaner Cliff mit britischem und die Britin Sally mit amerikanischem Zungenschlag sprechen, ist dem Gesamtbild dabei nicht zuträglich.

Eine feste Linie fehlt auch den Kostümen von Okarina Peter. Sie wirken über weite Strecken wie ein wild zusammengewürfeltes Second-Hand-Angebot aus Glitter und Faschingspaillettenstoffen. Sally Bowles erinnert in ihrem Bühnenfummel für den Kit Kat Klub mehr an Frank’N’Furter als an Liza Minelli, der Conferencier wird mit seinem bleichgeschminkten Gesicht und dem schillernd-lila Frack zum Abziehbild von Jack Nicholsons Joker im ersten „Batman“-Film. Positiv hingegen fällt die Arbeit des Ulmer Orchesters ins Auge. Vor allem die sanft aufwallende Interpretation von „Maybe This Time“ mit starken Streichern ist sehr hörenswert.

Wenn das Ensemble zum Ende des ersten Akts „Der morgige Tag ist mein“ anstimmt und sich im Publikum Statisten zum Nazi-Gruß erheben, sorgt Regisseur Fuhrmann für hitzigen Gesprächsstoff während der Pause. Dass „Cabaret“ aber neben deutscher Vergangenheitsbewältigung auch das Freiheitsgefühl der „Roaring Twenties“ in Berlin portraitiert, ist in Ulm kaum zu spüren.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungHendrik Haas
InszenierungHarald Fuhrmann
BühneTimo Dentler
KostümeOkarina Peter
 
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CAST (AKTUELL)
Conferencier / ZollbeamterJörg-Heinrich Benthien
Saly BowlesTini Prüfert
Clifford BradshawFabian Gröver
Frl. SchneiderSibylle Schleicher
Herr SchultzGunther Nickles
Ernst LudwigRaphael Westermeier
Fräulein Kost / Kit Kat Klub-Girl IngeRenate Steinle
Kit Kat Klub-Girl FrancieMelanie Zacharias-Jansen
Kit Kat Klub-Girl TexasWieneke van der Valk
Kit Kat Klub-Girl LoloJuliane Nawo
Kit Kat Klub-Girl RosiAlissa Stover
Kit Kat Klub-Girl LeylaCeren Yavan-Wagner
Oberkellner / MatroseJ. Emanuel Pichler
KellnerThomas Schön
Michael Burow-Geier
Cabaret ChefRochus Bliesener
Cabaret BesucherJoachim Pieczyk
Cabaret BesucherinEleonora Halbert
Giulia Insinna
Yuka Kawazu
Kleines Dreckstück / Gorilla-MädchenFabienne Schärer
Anita, TransvestitWilliam Nascimento Lima
 
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Do, 05.12.2013 20:00Theater, UlmPremiere
Di, 10.12.2013 20:00Theater, Ulm
Do, 12.12.2013 20:00Theater, Ulm
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