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Die Tagebücher von Adam & Eva (2012)
Tagebuch Theaterproduktionen GbR, Berlin

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Wie innovativ, kreativ und leistungsstark Deutschlands Musicalmacher sind, beweist „Die Tagebücher von Adam und Eva“. Die perfekte Uraufführungs-Cast (Alex Melcher und Vera Bolten), eine ausgefeilte Inszenierung (Christoph Drewitz), abwechslungsreiche Kompositionen (Marc Seitz) und Kevin Schroeders geistreiche, pointengespickte Texte lassen einen etwas lahmeren zweiten Akt fast vergessen.

„Klon auf Mission“ lautet seine Einschätzung über sie. „Fehlkonstruktion“ ihre Entgegnung. Trotz augenscheinlich paradiesischer Zustände im Garten Eden prallen in der luftigen Hügellandschaft mit silbrig-schimmernder Wasserfolie und putzigen Bäumen auf sandig-gelbem Stoff (Bühne: Michael Korn) zwei gegensätzliche Charaktere aufeinander. „Ich bin ein Mann und lieber allein“, ist Adams gesungenes Lebensmotto. Der entspannte Müßiggänger in Achselshirt, gemusterten Schwimmshorts und Flipflop-Sandalen (Kostüme: Regina Schill) hat alles, was er zum Glücklichsein braucht: ganz viel Ruhe, unberührte Natur und eine Grashalmsammlung, aufbewahrt in seiner selbst erbauten Hütte am Bach.

In dieses männlich geprägte Idyll dringt Eva im Expeditions-Outfit ein. Das forsche Forscher-Frauchen organisiert die paradiesische Einöde, indem sie alles, was sie vorfindet, mit handgeschriebenen Zetteln namentlich bestimmt, Wegweiser aufstellt und sich schließlich auf die Suche nach ihrem Gegenstück macht. Dabei stößt sie auf Adam, den sie zunächst als „Reptil mit Haaren und fünf Zehen“ bestimmt. Auch verwirrt sie die „Schlange zwischen den Beinen“.

Der Zusammenprall der quirlig-überdrehten Frau („Es ist toll, dass du auch reden kannst. Ich rede so gerne“) mit dem genügsamen Eigenbrötler („Mein Leben ist nicht mehr so schön wie früher“) und ihre sehr unterschiedlichen Lebensmodelle tragen locker den gesamten ersten Akt. Dabei spielen das auf der gleichnamigen Vorlage von Mark Twain basierende Musical-Buch und die Liedtexte (Kevin Schroeder) genüsslich mit weiblichen Klischees und männlichen Marotten, ohne zotiges Stammtischniveau zu erreichen. Im Gegenteil: Kevin Schroeder entwickelt bis zur Pause – dramaturgisch geschickt eingeläutet mit dem durch Apfelverzehr verursachten Sündenfall – ein vor Wortwitzen und überraschenden, aber nie peinlichen Reimen strotzendes Script.

Im zweiten Teil verliert die Show dann allerdings an Tempo, geschuldet auch durch die Vertreibung aus dem anheimelnden Garten Eden in eine jetzt die Bühne einnehmende, triste Einöde. Nackt wie Gott sie schuf liegen Adam und Eva mit Brummschädel wie nach einer durchfeierten Nacht da. Desillusioniert realisieren sie, dass sie für ihr Leben kämpfen müssen und hausen bis zum Finale wie Steinzeitmenschen in pelzig-wärmenden Klamotten in einer Behelfsunterkunft. Vorlagenbedingt kommt der Humor jetzt sparsamer dosiert über die Rampe, wobei das Stück auch diese düstere Facette gut verträgt.

Problematisch hingegen ist das hohe Erzähltempo des zweiten Aktes, in dem sich Adams und Evas Lebensumfeld um ihre nicht persönlich auf der Bühne präsenten Söhne Kain und Abel, hier wenig nachvollziehbar als „Fische“ bezeichnet, erweitert. Deren Konflikt und der Brudermord belasten die Eltern, berühren aber wenig das Publikum. Auch zitieren Adam und Eva jetzt vermehrt aus den titelgebenden Tagebüchern, eine wirkliche Handlung entsteht nicht mehr. Vielleicht ein Anlass zur Überarbeitung der finalen 15 Minuten?

Als Komponist empfiehlt sich Marc Seitz mit schwungvoller, musikalischer Vielfalt und ohrwurmtauglichen Musical-Balladen. Seine Soli und Duette sind keine die Show füllende Handlungsunterbrechung, da sie nahtlos und sinnstiftend in die Handlung integriert sind. Zudem ist Seitz mit „Sei ein Mann“ ein brillanter Showstopper gelungen, der den etwas trägeren zweiten Akt aufpeppt. Nikolai Orloff (musikalische Leitung) und seine drei Musiker sind für die Zuschauer unsichtbar hinter den Kulissen platziert. Als engagierte und zuverlässige Begleiter überraschen sie mit sattem Sound.

Ein Glücksfall ist auch der Regisseur. Christoph Drewitz setzt in seiner Inszenierung auf Tempo und Spielwitz und schickt seine beiden Darsteller von der sehr breiten Bühne im Admiralspalast-Studio auch zu Ausflügen in den Zuschauerraum. Trotz des lahmen Finales unterhält Drewitz sein Publikum prächtig und hält ihm gerade bei den Mann-Frau-Konflikten augenzwinkernd den Spiegel vor.

Wer Alex Melcher und Vera Bolten als Adam und Eva sieht und hört, könnte den Eindruck gewinnen, dass beiden die Show förmlich auf den Leib geschrieben worden ist. Dabei ist Melcher erst kurzfristig eingestiegen, bei einem Vorab-Reading waren andere Darsteller mit von der Partie. Melcher und Bolten spielen ihre Charaktere glaubwürdig und ausdifferenziert, gefallen in komischen wie dramatischen Szenen und harmonieren mit ihren vollen, sicher geführten Stimmen auch gesanglich perfekt. Diese Uraufführungs-Cast setzt Maßstäbe.

Die „Tagebücher von Adam und Eva“ ist weder Klon noch Fehlkonstruktion und empfiehlt sich mit einem vielleicht überarbeiteten zweiten Akt für viele Theater zum Nachspielen.

 
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KREATIVTEAM
Nach dem Buch von Mark Twain, Musik von Marc Seitz
Buch und Liedtexte von Kevin Schroeder
Creative DevelopmentChristian Struppeck
Andreas Gergen
InszenierungChristoph Drewitz
Musikalische LeitungNikolai Orloff
BühnenbildMichael Korn
KostümeRegina Schill
 
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CAST (AKTUELL)
Besetzung
EvaVera Bolten
AdamAlex Melcher
(am 30.
31.3.: Mathias Schlung)
Musiker
KlavierNikolai Orloff
Percussion, DrumsChristoph Grahl
CelloTobias Münch
BassFrancicsco Hidalgo
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 03.03.2012 20:00Admiralspalast, BerlinPremiere
Mo, 19.03.2012 19:00Admiralspalast, Berlin
Fr, 30.03.2012 20:00Admiralspalast, Berlin
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