Auch wenn es der Titel vermuten lässt: In diesem deftig inszenierten Mitsing- und Mitklatsch-Abend mit unausgegorener Handlung geht es weniger um Neue-Deutsche-Welle-Hits als um einen Durchmarsch durch das deutsche Pop-Repertoire von den Ärzten bis Frank Zander. Spaß für alle, denen auch platteste Gags nichts anhaben können.
Glückseligkeit in Lehmanns Wohnzimmer. Mit der Hymne „Und alle wollen uns‘re Show“, einer neu getexteten Version von „Up Where We Belong“, feiern Familienmitglieder und Macher vom regionalen „Ersten Deutschen Wohnzimmer-Fernsehen“ die Nachricht, dass ihr Programm in Zukunft bundesweit über einen der großen Kanäle zu empfangen sein wird. Ein Finale, das jeder Logik entbehrt.
In Katja Mickans Nachwende-Show erhält Benny Lehmann, ein flotter Anfangzwanziger mit schauriger „Fokuhila“-Matte (Conrad Waligura), die Chance, aus den heimischen vier Plattenbau-Wänden Alltägliches aus dem Familienleben über die Mattscheiben flimmern zu lassen. Da der Junior überfordert ist, springt die restliche Sippe ein. Für ihr Programm adaptieren die Lehmanns unbewusst heute inzwischen ausgemusterte RTL-Formate wie „Der Preis ist heiß“, die Meiser-Talkshow, die Spielshow mit fliegenden Torten und den zockenden Italiener. Dabei agieren sie als Moderatoren, Kandidaten oder Talkgäste und führen die Sendungen von einer Katastrophe in die nächste.
Mickan spart in ihrem recht klamaukigen Stück nicht an Albernheiten auf Schenkelklopf-Niveau, gleitet dabei aber nie ins Zotige ab. Stimmig dazu ihre Inszenierung, in der sie die handelnden Personen als klischeehaft-deftige Typen charakterisiert. Hier ist der TV-Produzent „Ninety“ (Carl M. Pohla) natürlich ein Zigarre rauchender Mackertyp im Nadelstreifenanzug, dem der unterdrückte Tonassistent Sören (Andreas Flick) und die beiden dümmlich-oberflächlichen Praktikantinnen Trixi (Wiebke Rohloff) und Babsi (Sabrina Lössl) in das bisher unbekannte Land hinter der eingerissenen Mauer gefolgt sind. Sympathischer als die TV-Crew sind die Lehmanns gezeichnet: Mutter Roswitha (Beate Prahl) ist eine von einer Gesangskarriere träumende, treusorgende Hausfrau, Töchterchen Kathrin (Jenny Maria Meyer) eine leicht aufmüpfige Göre und die aus dem Rheinland angereiste Tante (Marlene Eiberger) ein lebenslustiges Energiebündel.
Die die Handlung begleitenden deutschsprachigen Hits passen zumeist aufs Stichwort. So stellen zum Beispiel die beiden Praktikantinnen ihren Chef als „Mister Wichtig“ vor, der outet sich als „Egoist“. Dass Vater Günther (Romeo Riemer) sich nach der Pause optisch in ein Wolfgang-Petry-Double mit Freundschaftsbändern am Arm verwandelt, bleibt ein überflüssiger optischer Gag ohne musikalische Entsprechung. Der für die Zuschauer unsichtbare Gunther Krex ist für den Synthie-Partypop-Soundtrack zuständig, überrascht allerdings auch mit dem zu einer gefühlvollen Ballade umarrangierten Neue-Deutsche-Welle-Hit „Blaue Augen“.
Bedauerlich, dass Ruth Krottenthalers herrlich spießig gestaltetes Ost-Wohnzimmer vorlagenbedingt bereits nach wenigen Szenen von den Fernsehleuten mit Palmen-Fototapete und Kunstrasen in ein Studio umgestylt wird. Wenn sich die rückwärtigen Gardinenvolants heben, schafft die Ausstatterin vor dem glitzernden Hochhaus-Hintergrundprospekt zusätzliche Auftrittsmöglichkeiten. Viel Spaß macht auch ihr Nachwende-Kostümbild, in dem grelle Modesünden ihre Wiederauferstehung feiern.
Das Schauspiel-Ensemble des Landestheaters schlägt sich wacker und mit wenigen falsch intonierten Tönen durch den Abend. Gesanglich haben die Damen, allen voran Beate Prahl mit „Er gehört zu mir“, die Nase vorn. Marlene Eiberger blödelt sich als resolute Tante Erika und mit der süffisant vorgetragenen Grönemeyer-Ode an die Currywurst in die Herzen des Publikums. Gleich zu Beginn des Stücks singt Conrad Waligura mit klarem Pop-Tenor den einzigen Song mit ostdeutschem Ursprung, die Ballade „Als ich fortging“. Dies ist einer der wenigen ruhigen und nachdenklichen Momente in einem Stück, das ganz wie es sein Titel verspricht, auf Spaß setzt.
Fr, 10.09.2010 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | Premiere |
Sa, 02.10.2010 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
Sa, 16.10.2010 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
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Sa, 30.10.2010 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
Sa, 13.11.2010 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
Fr, 31.12.2010 16:00 | Theatergaststätte, Parchim | |
Fr, 31.12.2010 20:00 | Theatergaststätte, Parchim | ausverkauft |
Sa, 15.01.2011 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
Sa, 19.02.2011 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
Di, 08.03.2011 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | |
Sa, 22.10.2011 19:30 | Theatergaststätte, Parchim | zum letzten Mal |
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