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Helmuth Lohners klassische Inszenierung des Revolutionsepos‘ profitiert von einem homogenen Ensemble mit starken Hauptdarstellern. Nicht ganz überzeugen kann dabei Olegg Vynnyk als Valjean. Was die Produktion so besonders macht, ist die einzigartige und für dieses Stück geradezu ideale Kulisse.
Eine interessante Kombination: Der bekannte Filmschauspieler, Opern- und Operettenregisseur Helmuth Lohner inszeniert eines der erfolgreichsten Musicals der Gegenwart, das zusammengestellte Ensemble lässt einiges an gesanglicher und darstellerischer Qualität erwarten, und mit der imposanten Ruine der romanischen Hersfelder Stiftskirche steht ihm einer der imposantesten Spielorte in Deutschland zur Verfügung. Vor dieser historischen Kulisse würde wohl jeder Versuch, das Stück zu modernisieren, fehlschlagen. So reduziert Paul Lerchbaumer sein Bühnenbild auf ein Minimum und gibt der Wirkung der natürlichen Umgebung Raum. Die Kostüme (Marie Jeanne Lecca) und vor allem die Personenregie sind konventionell gehalten, Qualität geht bei Lohner eindeutig vor Experimentierfreudigkeit. Dieses Konzept geht voll auf: Die klassische Inszenierung passt einfach am besten in die eindrucksvolle Atmosphäre des alten Gemäuers.
Gleich in einer der ersten Szenen werden diese Mauern gut genutzt. Auf einer Seitenbühne bilden ein Tisch, zwei Stühle und eine Truhe das Bischofszimmer, aus dem Valjean einen Leuchter entwendet. Mehr braucht’s nicht, um den Handlungsort anzudeuten. Ähnlich gut gelöst ist beispielweise die Barrikadenszene, in der die aus Möbeln gezimmerten Kulissenteile auf der Hauptbühne, die nach hinten schräg ansteigt, das Ensemble um einiges überragen. Mit Hilfe von Rauch und effektvollem Lichtdesign wird eine schaurige Kampfatmosphäre erzeugt. Ebenfalls gut gelöst, wenn auch vorhersehbar, die Selbstmordszene: Javert steht an einem Geländer, klettert während des Songs hinüber und lässt sich zum Schluss in ein Loch im Bühnenboden fallen.
Olegg Vynnyk, der den Jean Valjean bereits in Berlin und St. Gallen verkörperte, singt den schweren Part vorzüglich, seine leichten Intonationsprobleme bei „Bring ihn heim“ fallen kaum ins Gewicht. Sein Spiel hat sich hingegen im Vergleich zu Berlin wenig verbessert. Angst, Verzweiflung, Freude, Großmut – welche Emotionen Vynnyk auch zu transportieren versucht, immer wirkt seine Darstellung leicht aufgesetzt, stets sieht man den Schauspieler und nicht die Figur vor sich. Ob Lohner mit Vynnyk, der ja erst drei Wochen vor der Premiere für den erkrankten Yngve Gasoy Romdal eingesprungen war, überhaupt detailliert arbeiten konnte, sei dahingestellt – das Ergebnis ist jedenfalls nicht ganz zufriedenstellend. Im Gegensatz dazu spielt und singt Norbert Lamla einen großartigen Javert. Er verleiht der Rolle zu Beginn die nötige Würde und Unantastbarkeit und stellt in der Selbstmordszene glaubwürdig dar, weshalb es für Javert ehrenhafter ist, den Freitod zu wählen, als nach der valjeanschen Begnadigung weiterzuleben. Seine leicht opernhafte Stimmfärbung verstärkt dabei die Eindringlichkeit der Darstellung.
Barbara Köhler (Fantine) singt ein schönes „Ich hab geträumt vor langer Zeit“. Ihre Darstellung gewinnt von Minute zu Minute an Intensität und erreicht den Höhepunkt, als sie während „Leichte Mädels“ ihre Verzweiflung und ihren Ekel hinausschreit. Sanni Luis und Heinz Kloss als Ehepaar Thénardier sind geradezu grandios abstoßend, wobei Luis gleichzeitig umwerfend komisch agiert. Eva Aasgaard (Cosette) macht mit ihrem schönen Sopran das Beste aus der etwas undankbaren Rolle, während Patrick Schenk als Marius zwar typgerecht besetzt ist, stimmlich aber mit den anderen Solisten nicht mithalten kann. Sowohl „Bald schon fährt sie übers Meer“ als auch „Dunkles Schweigen an den Tischen“ sind in Bezug auf Timing und Intonation verbesserungsfähig. Gesanglich top präsentiert sich Antje Eckermann in der Hosenrolle des Gavroche, nur leider lassen ihre weiblichen Gesichtszüge niemals vergessen, dass hier eine erwachsene Frau und kein Junge auf der Bühne steht – da helfen auch übertrieben männliche Bewegungen nicht. Ivar Helgason als Enjolras singt stark und spielt mit großem Enthusiasmus.
Die Entdeckung dieser Produktion ist Janina Goy als Eponine. Etwas gewöhnungsbedürftig ist, wie Lohner und Goy die Rolle anlegen: Ihre Eponine ist elegant, bewegt sich anmutig, trägt saubere Kleidung und wallendes Haar, ist mehr Schönheit als Diebin. Warum sich Marius dann nicht in sie, sondern in die viel blassere Cosette verguckt, wird dadurch noch unverständlicher. Goy versteht es aber, diese Charakterisierung glaubwürdig über die Rampe zu bringen. Ihr „Nur für mich“ ist einer der Höhepunkte des Abends, zumal sie in der besuchten Voraufführung Hilfe von oben erhält: Es regnet sowohl während „Nur für mich“ („Regen fällt, die Straße fließt wie Silber“) als auch bei der Sterbeszene („Der Regen färbt mich rot, doch tut er mir nicht weh“) in Strömen auf die nicht überdachte Bühne – eine einmalige Atmosphäre!
Das Orchester unter der Leitung von Christoph Wohlleben lässt die Partitur von Schönberg mit all ihren Nuancen schön erklingen. Ein paar Synthesizer-Klänge aus den 80er-Jahre-Arrangements sind leider noch immer nicht ins Jenseits befördert worden (so z.B. zu Beginn von „Lamarque ist tot“), aber insgesamt lässt der Klang der 25 Musiker nichts zu wünschen übrig. Die Textverständlichkeit ist freiluft-typisch nicht immer optimal, vor allem die Texte von Chorstücken wie „Morgen schon“ und dem Epilog können, so bombastisch sie auch klingen, nur mit dem Stück vertraute Besucher verstehen.
Die Bad Hersfelder Festspiele präsentieren eine sehr solide Inszenierung, die zwar kaum Überraschendes bringt, aber mit starken Darstellern aufwartet und vor allem die prächtige Kulisse großartig nutzt. So macht Musiktheater Spaß!
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Christoph Wohlleben |
Regie | Helmuth Lohner |
Bühne | Paul Lerchbaumer |
Kostümdesign | Marie Jeanne Lecca |
Kostüme | Tina Hinteregger |
Maske | Anja Kietzmann |
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CAST (AKTUELL) |
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Jean Valjean | Olegg Vynnyk |
Javert | Norbert Lamla |
Fantine | Barbara Köhler |
Marius | Patrick Schenk |
Eponine | Janina Goy |
Cosette | Eva Aasgaard |
Thénadier | Heinz Kloss |
Mme Thénadier | Sanni Luis |
Gavroche | Antje Eckermann |
Enjolras | Ivar Helgason |
Ensemble | Gerd Achilles Markus Dinhobl Jon Geoffrey Goldsworthy Leigh Martha Klinger Cornelia Löhr Barbara Obermeier Mathias Sanders Hans Steunzer Tomas Tomke |
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