Beinahe unbemerkt veröffentlichte das Landestheater Linz in den vergangenen Wochen eine Highlight-Aufnahme des Musicals „Die Königinnen“ aus der Feder von Thomas Zaufke und Henry Mason, welches in der Spielzeit 2023/24 seine Uraufführung feierte und seitdem regelmäßig für ein ausverkauftes Haus in Linz sorgt. Dabei ist so viel Bescheidenheit alles andere als angebracht: Cast und Orchester des Landestheaters katapultieren mit dieser Aufnahme die Hörer ins England des 16. Jahrhunderts und lassen sie nach einer Spielzeit von knapp 77 Minuten mit vor Staunen offenem Mund zurück.
In einer Zeit, in der immer weniger Cast-Aufnahmen neuer – vor allem kleinerer – Inszenierungen auf CD erscheinen, stellt das Landestheater Linz mit seiner aktuellen Aufnahme von „Die Königinnen“ eine erfreuliche Ausnahme dar. Die CD im Jewel-Case kommt mit einem ausführlichen Booklet mit einigen Fotos der Linzer Inszenierung, einer Zusammenfassung der Handlung und – wohl am wichtigsten – mit allen Songtexten der CD daher. Damit wird der Zuhörerschaftermöglicht der komplexen Handlung zu folgen, auch ohne sich tiefergehend mit der Geschichte von Königin Elisabeth I von England und ihrer Cousine, der schottischen Königin Maria Stuart, befasst zu haben.
Gerald Landschützer, der als Produzent für dieses Album verantwortlich zeichnet, hat in Abstimmung mit dem Autorenteam Zaufke / Mason und dem Musikalischen Leiter der Inszenierung Tom Bitterlich nicht nur die Hauptsongs der Show einsingen lassen, sondern auch einzelne Dialogsequenzen, die die Lieder teilweise unterbrechen, mit eingespielt. Damit wird auch die Arbeit Henry Masons an Buch und Text der Show gewürdigt: Textliche Zusammenhänge und Anspielungen, die beim einmaligen Theaterbesuch mitunter verlorengehen, werden beim Hören der CD deutlich. So zum Beispiel, wenn im Song „Bad News“ Maria Stuart darüber nachdenkt, dass man kleinere Probleme im Leben ignorieren müsse, wenn man als Königin erfolgreich sein wolle, während von allen unbemerkt ihr frischangetrauter Gatte Francois II (Lukas Sandmann) darüber klagt, dass ihm das Ohr schmerze. Er wird so lange ignoriert, bis er tot zusammenbricht. Elisabeth kommentiert dann das Geschehen damit, dass eine Ikone sich die Krone richten würde und eben weitermache. Die mitaufgenommenen Dialoge ermöglichen den Künstlern auch, ihre Rolle für die CD-Aufnahme noch tiefer zu interpretieren als ’nur‘ durch Gesang. An vielen Stellen wirkt „Die Königinnen“ somit auch beinahe wie eine Live-Aufnahme aus dem Theater.
Wie in der Inszenierung des Landestheaters Linz überzeugen die Darstellerinnen und Darsteller auch auf der CD-Aufnahme bis in die kleinste Rolle hinein. Maßgeblich getragen werden sowohl die Show auf der Bühne als auch diese CD-Aufnahme natürlich von den beiden Hauptdarstellerinnen Daniela Dett als Elisabeth und Alexandra-Yoana Alexandrova als Maria Stuart. Beide vermögen es, auch bei einem lediglich akustischen Eindruck der Show ihre Rollen mit einem ganz eigenen Charakter und Leben zu füllen. „Liebe Cousine“ beispielsweise ist ein Duett. in dem sich die beiden Königinnen gegenseitig Briefe schreiben. Wenn sich Elisabeth anfänglich wenig begeistert über die Euphorie ihrer Cousine Maria zeigt, ist die Verachtung in Daniela Detts Stimme, die sich im Laufe des Songs in Begeisterung, dann Unsicherheit und schließlich wieder in Ablehnung wandelt, ganz wunderbar mitzuerleben. Alexandra-Yoana Alexandrovas glockenklarer Sopran kommt vor allem in „Königin sein“ und „Bring mir Schottland bei“ zur Geltung. Begleitet wird die Cast vom fulminant aufspielenden Bruckner Orchester unter der Leitung von Tom Bitterlich, das die wunderschönen Kompositionen Zaufkes mit ihrem leitmotivischem Charakter, welcher in immer neuen Konstellationen und Stimmungen auftaucht, ganz hervorragend spielt. Die Soundqualität der Aufnahme lässt dabei keine Wünsche offen. Sowohl Parts einzelner Instrumente wie auch die Chorstimmen in den groß orchestrierten Ensemblenummern gleich zu Anfang bei „Die Order“ oder im Finale des ersten Aktes „Die Explosion“ sind klar und deutlich zu hören.
Besonderer Anspiel-Tipp, der sowohl die ganze Bandbreite der Partitur, das Können der Darstellerinnen und Darsteller und die hervorragende Aufnahmequalität widerspiegeln: Die beiden Duette „Letzter Auftritt Maria Stuart“ „Loreley“ sowie „Die Wahrheit“, in der ein großartiger Gernot Romic als Earl of Moray vor einer Sonderkommision aussagt und Maria diskreditiert.
Derzeit ist die CD nur über das Landestheater Linz und seinen Online-Shop selbst zu beziehen. Eine Veröffentlichung auf den Streaming-Plattformen ist (bisher noch ohne Datumsangabe) angekündigt. Schon allein wegen des ausführlichen und schön gestalteten Booklets ist in diesem Falle allerdings die physische CD deutlich zu empfehlen.
Nachtrag: Die CD ist jetzt auch auf den gängigen Streaming-Plattformen abrufbar. Zusätzlich zu den 20 Tracks der physischen CD ist online auch der Song „Dein Sohn (Reprise)“ dabei.
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