Mae Ann Jorolan © Kennedy Productions
Mae Ann Jorolan © Kennedy Productions

NEUES FEATURE
"Die Pandemie-Zeit war eine der arbeitsreichsten Phasen meines Lebens." - Mae Ann Jorolan im Interview

Mae Ann Jorolan hat einen wahren Raketenstart in der Welt der Musicals hingelegt, und das sogar während einer Zeit, in der die Theaterbühnen lahm gelegt waren. Nach “Aladdin” und “Hamilton” ist sie aktuell in ihrer dritten Stage-Großproduktion zu sehen: In der Rolle der temperamentvollen Meg spielt sie in der Weltpremiere von Disneys “Hercules” die weibliche Hauptrolle. Gemeinsam mit uns hat Mae Ann im Interview ihren Weg bis zur Übernahme dieser Figur gezeichnet und uns auch einiges von ihrem Leben abseits der Bühne verraten.

Erzähle uns bitte ein bisschen von deinen Anfängen. Wo kommst du her, wie bist du aufgewachsen und wann stand für dich fest: “Ich will Musicaldarstellerin werden”?

Meine Ursprünge liegen in der Schweiz, obwohl meine Wurzeln auf den Philippinen sind. Mein Vater, selbst ein talentierter Musiker, hat mir schon früh das Singen und Gitarrespielen beigebracht, und meine Eltern haben mich von Anfang an in meiner musikalischen Entwicklung unterstützt. Trotzdem hatten sie zunächst die Vorstellung, dass ich einen konventionellen Beruf ergreifen solle; daher absolvierte ich eine Ausbildung zur Krankenschwester, während ich nebenbei in einer Coverband sang.

Die Idee, Musicaldarstellerin zu werden, war für mich lange Zeit fern, bis ich 2015 an einem Workshop der Stage School in Zürich teilnahm. Dort spürte ich zum ersten Mal, wie sehr mein Herz für die Bühne schlägt. Als mir dann ein Ausbildungsvertrag angeboten wurde, nahm ich das als ein Zeichen und wagte den Schritt, mein stabiles Leben in der Schweiz hinter mir zu lassen. Es war die beste Entscheidung meines Lebens.

Mae Ann Jorolan als Jasmin in Disney’s “Aladdin” © Morris Mac Matzen

Du hast seitdem eine ganz schön steile Karriere hingelegt. Kurz nach deinem Abschluss an der Stage School ging es schon als Cover Jasmin mit “Disney’s Aladdin” nach Stuttgart. Direkt so einen Berufseinstieg zu haben – war das nicht beängstigend?

Nach meinem Abschluss an der Stage School konnte ich tatsächlich einige Bühnenerfahrungen sammeln, darunter Auftritte in einer Musical-Tour und bei den Schlossfestspielen in Ettlingen. Doch dann kam die Herausforderung der Pandemie, die zwar einige Türen schloss, aber auch neue Möglichkeiten eröffnete. Ursprünglich sollte ich in “Aladdin” als Wahrsagerin und als Cover Jasmin auftreten.

Doch aufgrund der Umstände konnten wir nicht mit den Proben beginnen. Als dann die damalige Hauptbesetzung Jasmin, Nienke Latten, die Produktion verließ, bot sich mir die Chance, in ihre Fußstapfen zu treten. Es war meine erste große Rolle und mein erster Ensemble-Job, daher war ich eher gespannt als beängstigt. Die Vorstellung, Teil der “Aladdin”-Cast zu sein, war ein wahrgewordener Traum für mich, da ich mit den Filmen und der Musik von Disney aufgewachsen bin und sie mich stark geprägt haben.

Mae Ann Jorolan als Peggy Schuyler in “Hamilton” © Julian Freyberg

Kurz nach “Aladdin” war dann dein nächster Stopp direkt die deutschsprachige Erstaufführung von “Hamilton”. Was sind die schönsten Erinnerungen, die du an diese Zeit teilen möchtest?

Wenn ich an meine Zeit bei “Hamilton” zurückdenke, tauchen viele besondere Erinnerungen auf – von den intensiven Proben bis zur Premiere, von der Begegnung mit Lin Manuel Miranda bis zu den Cast-Aufnahmen im Studio. Doch das Wertvollste sind für mich die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, und die Emotionen, die damit verbunden sind. Es war eine Zeit voller Intensität, sowohl positiv als auch negativ. Doch die Mitglieder der “Hamfam” sind zu einem wichtigen Teil meines Lebens geworden; einige zähle ich zu meinen engsten Freunden. Egal welche Herausforderungen wir gemeinsam gemeistert haben, wir standen füreinander ein. In dieser Produktion habe ich nicht nur künstlerisch, sondern auch persönlich viel gelernt und bin als Mensch deutlich gewachsen. Die Person, die damals den Vertrag unterschrieben hat, war eine andere als die, die ihn beendet hat.

In der Hamburger Presse wurden Aussagen wie “Hamburgs junge Antwort auf Whitney Houston” über dich getroffen. Wie gehst du mit solch einem Lob um?

Mae Ann Jorolan mit Gonzalo Campos Lopez in “Aladdin” © Jan Potente

Als ich damals den Zeitungsartikel las, war ich zunächst sprachlos – ich hätte nie gedacht, dass mein Name jemals im gleichen Atemzug mit dem von Whitney Houston genannt werden würde. Es ist eine unglaubliche Ehre, mit solchen Größen verglichen zu werden, da sie zu meinen größten Idolen zählt. Solche Komplimente erfüllen mich natürlich mit großer Dankbarkeit. Früher fiel es mir jedoch schwer, Lob anzunehmen. Ich neigte dazu, es abzulehnen oder zu bezweifeln. Doch ich bin dabei zu lernen, diese Anerkennung dankbar anzunehmen. Es ist eine schöne Bestätigung meiner Arbeit und meiner Leidenschaft für die Musik.

Dein Berufseinstieg war ja leider sehr eng mit der Corona-Pandemie verknüpft. Du hattest nicht das Glück, einen großen Namen zu haben, der dich durch die Zeit trägt. Wie hast du es geschafft, am Ball zu bleiben?

Es ist tatsächlich ironisch, dass die Zeit der Pandemie für mich eine der arbeitsreichsten Phasen meines Lebens war. Obwohl große Auftritte ausblieben, habe ich mich proaktiv um andere Beschäftigungsmöglichkeiten bemüht. Jeden Morgen nach dem Frühstück habe ich mich bei People-Agenturen beworben und an unzähligen Castings teilgenommen. Dadurch konnte ich in kleineren TV-Spots mitwirken und hatte hier und da auch Auftritte als Sängerin.

Mae Ann Jorolan als Maria Reynolds mit Benét Monteiro in “Hamilton” ©️ Daniela (Instagram: danidunkel_creative)

Du hast als Meg in “Hercules” eine Weltpremiere begangen. Wie fühlt sich das für dich an?

Die Aussicht, als Meg in “Hercules” bei der Uraufführung mitzuwirken, ist für mich als Disney-Kind einfach unbeschreiblich. Es fühlt sich surreal an, die Chance zu haben, eine so ikonische Rolle zu verkörpern und gleichzeitig Teil einer Weltpremiere zu sein. Als Kind hätte ich nie zu träumen gewagt, dass so etwas passieren könnte. Die Vorfreude und Spannung waren enorm! Ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit dazu hatte, am Entstehungsprozess eines neuen Disney-Musicals teilzunehmen und die Geschichte sowie die Rolle zum Leben zu erwecken.

Was haben Meg und Jasmin aus deiner Sicht gemeinsam, und was nicht?

Aus meiner Sicht haben Meg und Jasmin viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede: Beide sind starke, selbstbewusste Frauen, die wissen, was sie wollen, und sich nicht scheuen, ihre Meinung zu sagen. Sie haben beide ein großes Herz und lieben leidenschaftlich. Außerdem sind sie mutig und besitzen eine ordentliche Portion Sarkasmus und Schlagfertigkeit. Weder Jasmin noch Meg sind darauf angewiesen, von einem Mann gerettet zu werden – Jasmin strebt nach Freiheit und Abenteuer, nachdem sie lange in einem goldenen Käfig gefangen war, während Meg bereits einige Höhen und Tiefen erlebt hat und eher eine bittere und müde Einstellung zur Welt hat. Trotz ihrer Unterschiede finde ich einen großen Teil von mir selbst in beiden Figuren wieder, weshalb sie mir besonders nahe am Herzen liegen.

Mit Benét hast du ja bereits in “Hamilton” gespielt und ihr seid gute Freunde. Wie hat sich eure Spieldynamik seither verändert?

Wir haben bereits während unserer Zeit bei “Hamilton” gemerkt, dass die Chemie auf der Bühne stimmt. Es hat mir immer viel Freude bereitet, die Bühne mit ihm zu teilen. Doch seit unseren Rollenwechseln von “Hamilton und Maria” zu “Hercules und Meg” haben wir auf der Bühne eine noch tiefere Verbindung entwickelt. Auch abseits der Bühne sind wir uns nähergekommen, und unsere Freundschaft ist etwas Wunderschönes. Ich glaube, dass sich diese enge Bindung auch in unserem Spiel auf der Bühne widerspiegelt. Es mag kitschig klingen, aber gemeinsam mit ihm die Geschichte jeden Abend zu erzählen, ist immer wieder magisch und besonders. Ich bin unglaublich dankbar für diese Connection, die wir teilen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, sich jeden Abend erneut in seinen Bühnenpartner zu verlieben. Deshalb genieße ich jede Sekunde mit ihm und bin dankbar für unsere gemeinsame Zeit.

Mae Ann Jorolan als Meg in “Hercules” © Johan Persson

Auf welchen Meg-Moment freust du dich in “Disney’s Hercules” am meisten?

Ganz ehrlich? – SPOILER-ALARM! – Ich freue mich am meisten darauf, am Ende mit dem Schwert gegen Hades zu kämpfen, es wild herumzuschwingen, dramatisch auf den Boden zu fallen und Kriegsschreie auszustoßen. Ich liebe diese Action!

Was war auf dem Weg bis zur Premiere deine größte Herausforderung?

Die größte Herausforderung kam für mich während der Previews. Täglich gab es neue Text-, Szenen- und Choreografieänderungen, manchmal sogar nur drei Stunden vor Vorstellungsbeginn. Die schnellen Anpassungen umzusetzen, war extrem stressig. Jeden Abend hatte ich die Sorge, etwas zu vergessen. Das hat mich manchmal daran gehindert, mich vollständig auf mein Spiel zu konzentrieren. Es war eine stressige, aber interessante Zeit, und ich bin trotzdem dankbar, diese Erfahrung gemacht zu haben. Dennoch bin ich auch froh, dass diese Phase vorüber ist!

Mae Ann Jorolan © Kennedy Productions

Was machst du gerne in deiner Freizeit – sofern du wieder welche hast nach den anstrengenden Proben?

Es ist kein Geheimnis, dass ich sehr gerne esse und gutes Essen liebe, daher genieße ich es, neue Restaurants auszuprobieren. Generell mag ich es, neue Dinge auszuprobieren. Dieses Jahr habe ich mir zum Beispiel das Töpfern und Surfen vorgenommen. Ansonsten beschreibe ich mich gerne als eine Art Oma – ich stricke gerne, löse Kreuzworträtsel, lese Bücher und höre Podcasts, während ich puzzle. Außerdem gehe ich gerne spazieren und wandern, treffe mich mit Freunden auf einen Kaffee und Kuchen und genieße es, ins Kino, auf Konzerte oder in Museen zu gehen. Ich spiele auch gerne Gitarre und musiziere. Wellness und Thaiboxen gehören ebenfalls zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Und wenn ich genug Zeit habe, finde ich auch Gefallen daran, an die Konsole zu gehen und zu zocken.

Welche SängerInnen zählst du zu deinen Idolen?

Whitney Houston habe ich ja bereits erwähnt. In meiner Kindheit habe ich oft Mariah Carey und Toni Braxton gehört. Auch Lea Salonga und Ella Fitzgerald spielen eine große Rolle in meinem Leben als Sängerin und haben einen bedeutenden Einfluss auf meinen Gesang.

Und zum Schluss noch eine Frage, die viele “Hamilton”-Fans interessiert: Angelica oder Eliza?

… Peggy! #JusticeForPeggy!

Vielen lieben Dank, Mae Ann, für deine Offenheit! Wir wünschen dir in der Powerrolle der “Meg” eine wunderbare Zeit in Hamburg und freuen uns, bald wieder von dir zu hören!

 
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