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Komponist und Songtexter Tim Minchin bezeichnet sein Werk „Groundhog Day“ (so der Originaltitel) selbst als unkonventionelles und komplexes Musical, das ungewöhnlich nachdenklich und düster daherkommt. Weitere Gründe für die nicht sonderlich erfolgreiche Aufführung am Broadway im Jahr 2017 sieht er in unglücklichen Umständen der dortigen Produktionsgeschichte. Gleichwohl wurde das Stück anlässlich seines London-Revivals im vorigen Jahr wieder einmal sowohl von der Kritik als auch vom Publikum geradezu enthusiastisch gefeiert. Nun besteht auch hierzulande die Möglichkeit, sich einen Eindruck von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ zu verschaffen, denn am Theater für Niedersachsen in Hildesheim fand vor einem begeisterten Publikum die deutschsprachige Erstaufführung des Stückes statt.
Für den zutiefst egozentrischen TV-Wettermann Phil Connors wird die verhasste Dienstreise nach Punxsutawney in Pennsylvania zu einem wahrhaften Albtraum-Trip. Nachdem er in dem Provinznest mehr oder weniger lustlos über das bizarre Ritual einer Wetter-Prophezeiung für die nächsten sechs Wochen durch ein Nagetier berichtet hat, werden durch einen plötzlichen Schneeeinbruch sämtliche Straßen gesperrt. Und schlimmer noch: Als er am nächsten Morgen aufwacht, ist nicht etwa der Tag nach dem Murmeltiertag, sondern wieder der 02. Februar. Es geht alles wieder von vorne los. Und am nächsten Tag ebenso. Und auch an den nächsten Tagen: Der Einstieg in die düstere Schattenwelt eines Mannes, der in der Zeit und letztlich in sich selbst gefangen ist…
Die äußerst intelligenten und oftmals auch mehrdeutigen Lyrics von Tim Minchin hat Roman Hinze ins Deutsche übertragen. Dabei ist ihm das Kunststück gelungen, in vielerlei Hinsicht eigene Wege zu gehen und trotzdem den Charakter des Originals in die deutsche Fassung hinüberzuretten. So trifft etwa „Ich stell‘ wirklich selten Fragen, ich bin für jeden Quatsch zu haben.“ nicht ganz den Inhalt des Originals: „I’m not really one for askin‘, I’ll play whatever role I’m cast in.“ Dass Nancy in dem Song „Nancy spielen“ („Playing Nancy“) jedoch nicht nur ihr Leben als Kleinstadt-Blondine reflektiert, sondern gleichzeitig auch den Umgang mit Frauen im Theatersystem thematisiert und dabei sogar die vierte Wand durchbricht, wird dafür an anderer Stelle deutlich: „Für mich ist diese Nancy einfach; kokett und hübsch sein, das ist mein Fach. Ich will nicht undankbar sein, oh nein: Die Rolle könnte schlechter sein.“ Zeilen wie „Und doch, mir geht’s gut, in meiner Wut; ich wisch‘ vom Fenster Spur’n von Blut.“ in dem Song „Ich gebe nie auf“ (im Original „Hope“) zeugen zudem von einer großen Übersetzungslust, wie man sie leider nicht immer in deutschen Fassungen zu lesen oder zu hören bekommt. Auch explizite Reimendungen des Originals beachtet Hinze und findet hierfür gekonnt Entsprechungen. Insgesamt also eine sehr gelungene und gewissenhafte deutschsprachige Fassung, mit der das Stück hierzulande ins Rennen geht.
Regisseur Jens Daryousch Ravari bringt die verwinkelte und in sich verschachtelte Geschichte, die sich aufgrund der sehr speziellen Zeitschleifen-Thematik nur wenig um die herkömmliche Struktur und Dramaturgie eines Musicals schert, in einen sehr schönen und nachvollziehbaren Fluss, wobei er das Publikum über die gesamte Laufzeit des Stückes in den Bann zu ziehen vermag. Eine besondere Herausforderung stellen die sich stets wiederholenden Szenen dar, die Ravari mit großer Sorgfalt und Präzision inszeniert und dabei die sich verändernden Entwicklungsverläufe der Geschichte sehr gut herausarbeitet. Auch die Personenregie zeigt sich äußerst differenziert und stets auf den Punkt gebracht.
Eher minimalistich präsentiert sich das Bühnenbild von Felix Wienbürger, das im Wesentlichen aus einigen mobilen Bühnenelementen besteht, die in unterschiedlichsten Funktionen die Örtlichkeiten bestimmen und darüber hinaus noch weiteren Zwecken dienen. Eine schöne Idee ist etwa, für das Bett, in dem Phil jeden Morgen aufwacht, eine senkrechte Konstruktion auf der Bühne zu schaffen, um den Zuschauer hierdurch eine Vogelperspektive auf den aufwachenden Phil zu bieten. Durch den Einsatz der mobilen Elemente gelingen die Szenenwechsel reibungslos und geschmeidig. Für einige Szenen wie etwa die Fahrt mit dem Karussell muss man allerdings schon ein wenig Vorstellungsvermögen mitbringen. Die Kostüme von Sybille Gänßlen-Zeit sind real und stückadäquat: In Punxsutawney trägt man zum Murmeltiertag rustikale Winterbekleidung fernab jeglicher urbaner Haute Couture. Ein großer Spaß ist die Choreografie von Doris Marlis. Ein besonderes Kleinod ist vor allem die Steppnummer „Philantropie“, die mit ihren flirrend-nervösen Rhythmen auch in Hildesheim zum Showstopper wird.
Besonders herauszustellen sind die gesanglichen und schauspielerischen Leistungen des gesamten Ensembles, allen voran Jürgen Brehm und Elisabeth Köstner in den beiden Hauptrollen. Nahezu keine Verschnaufpause ist dabei Jürgen Brehm vergönnt, der als Phil Connors fast durchgängig auf der Bühne präsent ist. Sehr überzeugend gibt er das Arschloch, das angesichts der Erkenntnis, dass in einer Zeitschleife keine Konsequenzen zu befürchten sind, zunächst zum noch größeren Arschloch wird. Auch die weiteren Schritte in der Entwicklung der Figur stellt er stets schlüssig heraus, so etwa die Verzweiflung Phils in aussichtsloser Situation und schließlich die Läuterung zu einem Menschen, der sich tatsächlich auch für andere Menschen zu interessieren vermag, so auch für Rita Hanson. Die Nachwuchs-TV-Produzentin wird von Elisabeth Köstner mit großer Präsenz und beeindruckend kraftvoller Stimme verkörpert. Da Rita fast ausschließlich in der immer gleichen Zeitschiene agiert, steht Köstner im Gegensatz zu ihrem Bühnenpartner kein Entwicklungsbogen zur Verfügung, an dem sie sich abarbeiten könnte. Umso wichtiger sind bei dieser Rolle das genaue Spiel und das Herausstellen von Nuancen, was ihr außerordentlich gut gelingt. Mit sehr schöner Stimme und differenziertem Spiel gibt Katharina Wollmann die Nancy, während Joshua Edelsbacher als Ned Ryerson mit „Die Nacht bricht an“ („Night Will Come“) einer der anrührendsten Songs des Abends gehört, den er sehr eindrücklich interpretiert.
Auch musikalisch ist „Und täglich grüßt das Murmeltier“ kein Musical von der Stange. Die Musik folgt einem einzigartigen Aufbau, der sich durch stets neue und spannende Variationen von mäandernden Melodienläufen auszeichnet. Hinzu kommt eine Vielzahl von Musikstilen: Blasmusik-Märsche, flirrende Jazzelemente und muntere Country-Rhythmen gehören ebenso dazu wie griffige Up-Tempo-Nummern, wunderschöne bittersüße Balladen und düsterer Grunge-Rock. Die 8-köpfige Band unter der musikalischen Leitung von Andreas Unsicker hat die hochkomplexe Partitur allerbestens im Griff und sorgt für mitreißende, sensible und jederzeit präzise Klänge aus dem Orchestergraben.
Am Ende eines wilden Musical-Ritts mit vielen Überraschungen sowie urkomischen, todtraurigen und mitreißenden Momenten geht für Phil die Sonne eines neuen Tages auf. Es ist ein Verdienst dieser mehr als gelungenen Inszenierung, dass diese Szene, obwohl die Auflösung der Geschichte bekannt ist und zudem der Konvention entspricht, einen wahrhaftig herzerwärmenden Eindruck hinterlässt. Und man fragt sich schließlich, warum nicht jede Musicaladaption eines Spielfilmes so gut sein kann … „Und täglich grüßt das Murmeltier“ am Theater für Niedersachsen in Hildesheim: Comedy-Drama vom Feinsten!
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KREATIVTEAM |
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Deutschsprachige Erstaufführung mit englischen Übertiteln | ||||
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Buch | Danny Rubin | |||
Musik und Gesangstexte | Tim Minchin | |||
Deutsche Übersetzung | Roman Hinze | |||
Musikalische Leitung | Andreas Unsicker | |||
Inszenierung | Jens Daryousch Ravari | |||
Bühne | Felix Wienbürger | |||
Kostüme | Sybille Gänßlen-Zeit | |||
Choreografie | Doris Marlis |
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CAST (AKTUELL) |
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Phil Connors | Jürgen Brehm |
Rita Hanson u. a. | Elisabeth Köstner |
Larry / Gus u. a. | Samuel Jonathan Bertz |
Nancy Taylor u. a. | Katharina Wollmann |
Ned Ryerson / Deputy u. a. | Joshua Edelsbacher Ömer Örgey |
Mrs. Lancaster | Silke Dubilier |
Jenson / Buster u. a. | Karsten Oliver Wöllm |
Debbie u. a. | Lucía Bernadas Cavallini |
Fred u. a. | Jack Lukas |
Sheriff u. a. | Christopher Wernecke Daniel Wernecke |
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GALERIE |
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TERMINE |
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Mi, 20.11.2024 20:00 | Theatersaal, Langenhagen | ||||||||
Mo, 25.11.2024 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Di, 03.12.2024 19:30 | Kurt-Hirschfeld-Forum, Lehrte | ||||||||
Do, 12.12.2024 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Do, 19.12.2024 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Di, 31.12.2024 18:00 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Di, 31.12.2024 22:15 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Sa, 04.01.2025 19:30 | Großes Haus, Ingolstadt | ||||||||
So, 05.01.2025 19:30 | Großes Haus, Ingolstadt | ||||||||
Sa, 11.01.2025 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
▼ 5 weitere Termine einblenden (bis 23.05.2025) ▼ | |||||||||
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Sa, 22.02.2025 19:00 | Forum der IGS, Garbsen | ||||||||
So, 23.02.2025 19:00 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Fr, 14.03.2025 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Fr, 09.05.2025 19:30 | Theater, Hameln | ||||||||
Fr, 23.05.2025 20:00 | Theater am Berliner Ring, Burgdorf | ||||||||
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TERMINE (HISTORY) |
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Sa, 14.09.2024 19:00 | Großes Haus, Hildesheim | Premiere | |||||||
Di, 17.09.2024 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
So, 29.09.2024 16:00 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
▼ 7 weitere Termine einblenden (bis 16.11.2024) ▼ | |||||||||
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Mo, 07.10.2024 19:30 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Sa, 12.10.2024 19:30 | Evangelisches Gemeindehaus, Schweinfurt | ||||||||
So, 13.10.2024 17:00 | Evangelisches Gemeindehaus, Schweinfurt | ||||||||
Fr, 18.10.2024 20:00 | Theater in der Stadthalle, Neumünster | ||||||||
So, 20.10.2024 19:00 | Großes Haus, Hildesheim | ||||||||
Fr, 25.10.2024 19:30 | Festspielhaus am Wall (Neues Theater), Emden | ||||||||
Sa, 16.11.2024 19:30 | Theater, Itzehoe | ||||||||
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