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 Flower Power
Hair Let the Sunshine In! Hair in Bad Vilbel präsentiert sich als solide Inszenierung ohne besondere Highlights mit einigen Schwächen in der Regie.
(Text: Diana Breitkreuz) Premiere: | | 13.06.2013 | Letzte bekannte Aufführung: | | 08.09.2013 |
Hair gab es schon in vielen Versionen, im Jahr 2013 findet das Stück von Galt MacDermot (Musik), Gerome Ragni und James Rado (Buch und Texte) seinen Weg auch auf die kleine Bühne der Bald Vilbeler Wasserburg.
Beim Betreten des Auditoriums der Wasserburg Bad Vilbel erwartet den Zuschauer ein für die Hippiezeit ungewöhnliches Bild. Die spartanische Bühnendekoration besteht einzig aus einer mit Graffiti bemalten Ziegelmauer sowie über-dimensionalen, aufgeblasenen Plastikblumen. Beides nicht unbedingt etwas, dass als typisch für die 68er-Generation gilt und in Form der Blumen eher albern wirkt. Eine Erklärung für das Bühnenbild von Beate Faßnacht erschließt sich leider auch im Verlauf der Aufführung nicht, da die restliche Inszenierung gewohnt klassisch bleibt.
Das Ensemble ist in bunte, typische Hippiegewänder gekleidet, es gibt die bekannten Frisuren und bunten Farben. Und dennoch ist alles irgendwie anders und seltsam.
Regisseur Daniel Ris scheint keine rechte Lust auf eine energiegeladene Show gehabt zu haben und wirft ab und zu nur wenige originelle, aber deplatzierte Ideen ein. So holt etwa Berger (in dieser Vorstellung Hannes Staffer) beim Lied „Donna“ zwei scheinbar willkürlich gewählte Personen aus dem Publikum. Das Frauenduo, angeblich Mutter und Tochter, werden von den wilden Hippies mit in das Lied einbezogen und das junge Mädchen von Berger als seine „Donna“ auserkoren. Diese Idee wäre sicher nett, würde man nicht beiden Frauen allzu deutlich ansehen, dass es sich hier um zwei der Darstellerinnen handelt. Die exakt zur Aktion passende Reaktion, die übertriebene Mimik, alles ist hier einfach zu überzogen.
Leider bleibt das ganze Ensemble äußerst blass und nichtssagend. Die Stimmen sind durchweg gut, die Schauspielleistung ist ebenfalls akzeptabel, und doch mag der Funke bei niemandem so recht überspringen. Alles wirkt sehr heruntergeleiert und emotionslos. Hier wünscht man sich einfach mehr Energie und Freude an den Rollen.
Erneut lässt sich sicher eine gewisse Schuld bei der Regie suchen. Zum einen verwirrt der ständige Wechsel zwischen deutscher und englischer Sprache. In Bad Vilbel wird nicht nur zwischen englischen Songs und deutschen Sprechtexten gewechselt, gleich alle Lieder werden teils in Deutsch und teils in Englisch gesungen. Dies ist sicher nicht nur für das Publikum verwirrend und nervig (so singt ein Ensembleteil etwa „Aquarius“, der andere Teil simultan vom „Wassermann“), sondern auch für die Darsteller irritierend.
Durch starke Kürzungen und Umverteilung der Songvergabe haben die Charaktere kaum eine Chance, eine Beziehung zueinander zu entwickeln. Niemand erfährt zum Beispiel wirklich, dass Sheila (fesselnd: Paulina Plucinski) gegen den Krieg demonstriert, dass Claude (Jannik Harneit) nun gewiss kein Engländer ist und dies nur aus Spaß vorgibt (sehr unsinnig allein, da er als Englänger nicht zur Armee müsste), dass Claude unglaubliche Angst vor dem Kriegseinsatz hat, dass Sheila, Berger und Claude in einer Art Dreiecksbeziehung leben und letztendlich dieses Chaos dazu führt, dass Claude doch in den Krieg zieht.
Die starken Gefühle, die schließlich zu dem Höhepunkt des Stücks in Form von „The Flesh Failures“ und „Let the Sunshine In“ führen, bleiben einfach außen vor. Lieber wurde der Focus auf flachen Klamauk gelegt, etwa in Form eines völlig in Kalk gehüllten indischen Gurus (der stark an sein Ebenbild aus „Das Leben des Brian“ von Monty Python erinnert) und völlig überdrehte Polizisten, denen die Hippies als Running Gag über den Weg laufen.
Schade, so bleibt für Kenner des Stücks am Ende ein fader Beigeschmack, unerfahrene Hair-Besucher gehen mit dem Gefühl nach Hause, ein Stück ohne Sinn und besondere Handlung gesehen zu haben.
(Text: Diana Breitkreuz)

Kreativteam
Besetzung

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| Handlung | Eine Gruppe langhaariger junger Hippies rund um die Protagonisten Berger, Sheila, Claude, Hud, Woof und Jeanie rebelliert mit langen Haaren, freier Liebe und Drogen gegen die Vorschriften der konservativen Gesellschaft Amerikas. mehr Der Kampf spitzt sich zu, als es nicht mehr nur gegen die Werte der Eltern geht, sondern der drohende Vietnamkrieg eine weitaus größere Gefahr darstellt. Claude schafft es trotz der Einwände seiner Freunde als einziger nicht, dem Druck seiner Eltern standzuhalten und verpflichtet sich den amerikanischen Truppen.
| Weitere Infos | Verfilmt wurde "Hair" mit leichten Handlunsgabwandlungen 1979 mit Beverly D’Angelo (Sheila), John Savage (Claude) und Treat Williams (Berger)
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Die Kriterien für unsere Kurzbewertungen (Stand: Dezember 2014)
Buch*: Ist die Handlung in sich schlüssig? Kann die Story begeistern? Bleibt der Spannungsbogen erhalten oder kommt Langeweile auf?
NICHT: Besonderheiten der konkreten Inszenierung des Theaters.
Kompositionen*: Fügen die Kompositionen sich gut in das Stück ein? Haben die Songs Ohrwurmcharakter? Passen die gewählten Texte auf die Musik? Transportieren Text und Musik die selbe Botschaft?
NICHT: Orchestrierung, Verständlichkeit des Gesangs der Darsteller in der aktuellen Inszenierung.
* werden nur bei neuartigen Produktionen (z.B. Premiere, deutsche Erstaufführung usw.) vergeben
Inszenierung: Wie gut wurde das Stück auf die Bühne gebracht? Stimmen die Bilder und Charaktere? Bringt der Regisseur originelle neue Ansätze ein?
NICHT: Wie gut ist die Handlung des Stücks an sich oder die mögliche Übersetzung?
Musik: Kann die musikalische Umsetzung überzeugen? Gibt es interessante Arrangements? Ist die Orchesterbegleitung rundum stimmig? Muss man bei Akustik oder Tontechnik Abstriche machen?
NICHT: Sind die Kompositionen eingängig und abwechslungsreich? Gibt es Ohrwürmer? Gefällt der Musikstil?
Besetzung: Bringen die Darsteller die Figuren glaubwürdig auf die Bühne? Stimmen Handwerk (Gesang, Tanz, Schauspiel) und Engagement? Macht es Spaß, den Akteuren zuzuschauen und zuzuhören?
NICHT: Sind bekannte Namen in der Cast zu finden?
Ausstattung: Setzt die Ausstattung (Kostüme, Bühnenbild, Lichtdesign etc.) die Handlung ansprechend in Szene? Wurden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten optimal genutzt? Bieten Bühne und Kostüme etwas fürs Auge und passen sie zur Inszenierung?
NICHT: Je bunter und opulenter ausgestattet, desto mehr Sterne.
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Leider keine aktuellen Aufführungstermine. |
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