Beatrice Reece, die aus einer britisch-amerikanischen Familie stammt und in Deutschland aufgewachsen ist, erhielt ihre Schauspiel- und Musicalausbildung in London und steht seit 2011 in deutschen Theatern auf der Bühne, u.a. in "49 ½ Shades! Die Musical-Parodie" oder "Sister Act". In der aktuellen Saison hat sie mit "Saturday Night Fever", "Anatevka", "Hairspray", "The Last Five Years" und "Jack the Ripper" fünf unterschiedliche Rollen in vier verschiedenen Städten übernommen. Unser Redakteur traf sie im Rahmen ihres Engagements bei "The Last Five Years" am Staatstheater Darmstadt. Ein Interview mit ihrem Bühnenpartner Enrico de Pieri folgt in der kommenden Woche.
La Cage aux Folles (seit 03/2022)
Volksoper, Wien
"Ich bin was ich bin, und was ich bin ist ungewöhnlich" – dieser Musical-Evergreen aus "La Cage aux Folles" von 1983 ist in jeder Musical-Gala ein Showstopper, wenn er überzeugend dargeboten wird. Drew Sarich schmettert den Signature-Song des Travestie-Klassikers in der Wiener Volksoper und beweist spätestens in diesem Moment am Ende des ersten Aktes, dass er in Zaza seine Paraderolle gefunden hat. Das schrullige, etwas in die Jahre gekommene Stück wird durch Sarichs unglaubliche Präsenz und ein starkes Ensemble unterhaltsam und trotz allen Klamauks emotional ergreifend dargeboten.
Der Mitternachtsball in Duisburg, mittlerweile eine überregionale Kult-Veranstaltung von Sound of Music Concerts, wurde zum nunmehr fünften Mal unter tosendem Applaus eröffnet. Ein Auszug des Who's who der Musicalszene - sowohl in Bezug auf die Songs als auch auf die Solisten - tummelte sich bei dieser Gala der Superlative von vier Akten und insgesamt ganzen sechs Stunden Dauer. Ein Feuerwerk von Highlights mit wenig Grusel, aber überschwänglicher Stimmung und starken Darbietungen auf der Bühne!
Ein bis zu tausendköpfiger Mega-Chor aus hochmotivierten Hobbysängern, ein herausragend stimmgewaltiger Hauptcast und extrem eingängige Balladen mischen sich mit stumpfen und hölzernen Dialogen, abgehackten Partituren und Ensemble-Liedern, deren Libretto an Konfirmations- oder Kommunionsunterricht erinnern. Das ambitionierte Tour-Musical "Martin Luther King" in einem Wort zusammengefasst: Ambivalent. In vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Stück, das vieles richtig macht, und einiges nicht ganz.
The Last Five Years (2022 - 2023)
Staatstheater, Darmstadt
Das als Kammermusical geschriebene Stück von Jason Robert Brown in ein großes Staatstheater zu bringen ist ein gewagtes Vorhaben. Es gilt, die Balance zwischen Intimität des Originalstoffs und den ausufernden Möglichkeiten einer großen Bühne zu finden, ohne das Stück und den Zuschauer mit unnötigen Eindrücken zu erschlagen. Regisseur Till Kleine-Möller nimmt sich der Aufgabe in Darmstadt bereits das zweite Mal an und schafft einen innovativen Inszenierungsansatz, der viel mit dem Medium Film spielt.
Next to Normal (Fast normal) (seit 10/2022)
Staatstheater, Kassel
Psychische Erkrankungen, Traumata und toxische Co-Abhängigkeit: Nicht gerade die klassischen, für ein fast normales 08/15-Musical-Publikum zugänglichen Themen, die bei "Next to normal (Fast normal)" auf der Bühne ausgespielt werden. Kein einfaches Projekt, das jedoch vor allem durch den grandiosen Cast und ein eindrucksvolles Bühnenbild (fast) uneingeschränkt überzeugen kann.
"Lehnt euch zurück und genießt, wie wir euch den Gehörgang spalten!" Das ist die vollmundige Ankündigung vor Beginn des 1. Aktes, die per Lautsprecher über den Innenhof des Zwingenberger Schlosses auf einer malerischen Anhöhe oberhalb des Neckars hallt. So ganz passt dieses rockig-sündige Thema der 80er Jahre nicht in die romantische Umgebung am Rande des Odenwalds – und wie sich herausstellt, nimmt das mit dem "Gehörgang spalten" letztendlich auch kein allzu positives Ende.
König Artus gelingt es mit Hilfe seiner bunten Tafelrunde und einer cleveren Regie, ein urkomisches Parodie-Epos auf die Beine zu stellen, in dem Salven aus Witzen und Slapstick auf das Publikum abgefeuert werden, die über kleinere Schwächen in Besetzung und Orchestrierung hinweg trösten.
Alteingesessener Musical-Klassiker auf einer der unkonventionellsten Freilichtbühnen Deutschlands, der Großen Treppe in Schwäbisch Hall. Dank toller Besetzung und vielen kleinen, originellen Einwürfen ein kurzweiliger Spaß , der auch gestandenen "Horrorladen"-Fans gefallen dürfte.
Artus - Excalibur (2022)
Theater unter den Kuppeln e. V., Leinfelden-Echterdingen OT Stetten
Der Begriff 'Amateurtheater' jagt so manchem Musical-Fan einen kalten Schauer über den Rücken. Das Theater unter den Kuppeln allerdings wartet nicht nur mit einer für Freilichtbühnen bemerkenswerten Location und Technik auf, sondern macht seinem Motto "Theater aus Leidenschaft" alle Ehre. Diese Leidenschaft auf, vor und hinter der Bühne sucht seinesgleichen und konkurriert mit sogenannten 'professionellen' Inszenierungen; sie lässt sogar die Grenzen gänzlich verschwinden. Das, was das TUDK mit Frank Wildhorns "Artus – Excalibur" in der Sommer-Saison 2022 präsentiert, stellt so manche Profiproduktion in den Schatten.