Gesamtmitschnitt der im Theater an der Wien gespielten Fassung des Kunze/Levay-Musicals. Zu sehen ist die Cast der letzten Spielsaison mit Maya Hakvoort als Elisabeth, Máté Kámaras als Tod und Serkan Kaya als Lucheni.
Wer nur die Stuttgarter oder Essener Fassung des Stückes kennt, wird wohl beim ersten Ansehen der DVD zur Wiener Inszenierung ein wenig überrascht sein. Während in Deutschland das Bühnenbild bei einigen Szenen schon fast protzig und überladen wirkt, wird in Wien sehr viel mehr mit Bildern, Schatten und Scherenschnitten gearbeitet. Deutlich wird dies schon zu Beginn bei dem Duett „Wie du“ zwischen der jungen Elisabeth und ihrem Vater: In Deutschland balanciert Elisabeth dabei auf einem hübschen, kleinen Zaun, der von Bäumen umsäumt wird. In Wien besteht das Bühnenbild der selben Szene nur aus einem schwarzen Vorhang, in dessen Mitte das Profil von Elisabeth ausgeschnitten ist.Auch wenn Maya Hakvoort schon vor mehr als zehn Jahren zum erste Mal als Elisabeth auf der Bühne stand, wirkt ihre Interpretation auf der DVD frisch, lebendig und kein bisschen „angestaubt“. Zu Anfang ist ihre Sisi ein kleiner Wildfang, der auf Maibäume klettert, zappelig bei dem ersten Treffen mit dem Kaiser da sitzt und sich später selbst bei ihrem Hochzeitswalzer nicht an die Etikette halten will. Immer wieder versucht sie, mit ihrem frisch gebackenen Ehemann wild über die Tanzfläche zu wirbeln. Die Wandlung zur gebrochenen Frau am Ende des Stücks gelingt ihr ebenso glaubwürdig. Man merkt ihrem Spiel an, dass sie nahezu eintausendmal in dieser Rolle auf der Bühne stand. Jede Bewegung, jeder Blick und jede noch so kleine Geste sitzt. Obwohl die Wiener Fassung im Allgemeinen düsterer daherkommt, ist der Tod erstaunlicherweise nicht der „dunkle Engel“, den man aus Essen und Stuttgart kennt. Oft läuft Máté Kámaras in einem weißen Westernoutfit über die Bühne und sieht dabei fast wie ein androgyner Glam-Rock-Star aus. Seine Stimmfarbe mag nicht jedermanns Geschmack sein, sein Spiel jedoch lässt kaum etwas zu wünschen übrig. Er becirct und umgarnt seine Liebe Elisabeth, ist manchmal gehässig und trotzig wie ein Kleinkind, kann aber auch majestätisch und beschützend sein.Serkan Kaya ist ein erfrischend respektloser Lucheni. Es gibt kaum eine Person auf der Bühne, über die er sich nicht lustig macht, ohne dabei forciert komisch zu wirken. Seine stärksten Momente sind zum einen seine Soli „Kitsch“ und „Mein neues Sortiment“, zum anderen auch die Ensemblenummern, in denen er das Volk aufhetzt. Besonders Luzia Nistler in der Doppelrolle der Ludovika/Frau Wolff agiert bei „Nur kein Genieren“ sehr gut und vor allem auch anrüchig mit ihm zusammen.André Bauer als Franz Joseph schafft es, seine recht eindimensionale Rolle interessant zu gestalten. Zu Anfang lässt er sich ab und an noch von seiner jungen Braut mitreißen und bricht aus seinen Zwängen aus, nur um dann in den Begegnungen mit seiner Mutter Sophie (schauspielerisch sehr stark: Else Ludwig), wieder sofort in die starre und gefühllose Haltung des Regenten zu verfallen. Man sieht ihm die zwiespältige Gefühlswelt des Kaisers an, der einerseits den Ansprüchen seiner Mutter und seines Volkes gerecht werden will, andererseits aber auch verzweifelt versucht, seine Liebe zu Elisabeth zu retten.Die doppelseitig bespielte DVD überzeugt mit ihrer sehr guten Bild- und Ton- (Stereo/ 5.1 Sound) Qualität. Dass das Stück während der regulären Vorstellungen aufgezeichnet wurde und das Publikum stellenweise zu sehen und hören ist, unterstützt das Live-Gefühl beim Ansehen der DVD. Etwas störend sind hingegen die Nahaufnahmen der Darsteller, bei denen man das übertriebene Bühnen-Make-Up sehr stark sehen kann. An Extras bietet die DVD leider überhaupt nichts. Dafür ist das Booklet mit dem kompletten Libretto auf Deutsch und Englisch sowie den Kurzbiographien der Akteure etwas aufwändiger gestaltet. Insofern stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis dieser für Musicalverhältnisse recht günstigen DVD.
Wer also seine Erinnerungen an einen Besuch des Musicals in Wien auffrischen will, wissen will wie Boxautos und riesige Registrierkassen in die Kaiserzeit passen, oder ein sehr gutes Ensemble in einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Musicals sehen möchte, sollte sich unbedingt die DVD kaufen.