Rebecca
Wien - Höhepunkte / 2006

Musikalisch wie gesanglich überzeugende Aufnahme der Wiener Uraufführungs-Cast.


Schon kurz nach der Uraufführung hat die Wiener Plattenfirma HitSquad die Cast-Aufnahme zum Musicalkrimi „Rebecca“ von Michael Kunze und Sylvester Levay auf den Markt gebracht. Das Booklet ist mit acht Seiten sehr spärlich ausgefallen, und auch die CD kann trotz ihrer 22 Tracks nur eine Laufzeit von 63 Minuten aufweisen – ungewohnt kurz für eine Aufnahme aus dem Hause Kunze/Levay.

Tontechnisch ist der Silberling aufgrund der perfekten Abmischung von Orchester und Sängern sehr gelungen. Einspielungen wie Meeresrauschen („Ich hab geträumt von Manderley“) und knisterndes Feuer („Manderley in Flammen“) unterstreichen die Songs. Das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien unter der Stabführung von Caspar Richter klingt sehr üppig und wird der Partitur vollkommen gerecht. Die anspruchsvolle Musik von Sylvester Levay ist gewohnt rockig-poppig, gelegentlich klingen ein paar Takte „Elisabeth“ und „Mozart!“ durch. Die Texte von Michael Kunze vermitteln den Inhalt der Songs sehr gut, wirken aber stellenweise etwas platt (zum Beispiel die Zeile „Strandgut ist Handgut“).Die Songauswahl für das Album ist größtenteils geglückt, auch wenn auf die Ensemblenummer „Wir sind britisch“ getrost hätte verzichtet werden können. Stilistisch weichen außerdem „I’m an Amercian Woman“ (sehr gut interpretiert von Carin Filipcic als Mrs. van Hopper) und „Eine Hand wäscht die andre Hand“ (hämisch gesungen von Carsten Lepper als Jack Favell) vom musikalischen Score ab. Diese beiden Songs wirken, als seien sie nur geschrieben worden, um Filipcic und Lepper zwingend ein Solo zu verschaffen. Fakt ist jedoch, dass die Künstler damit stimmlich unterfordert sind.

In den verbleibenden 19 Titeln sind Levay wieder einige eingängige Melodien geglückt. Vor allem der Titelsong „Rebecca“, gesungen von Susan Rigvava-Dumas als Mrs. Danvers, geht musikalisch sofort ins Ohr und interpretatorisch unter die Haut. Mit ihrem weiteren Solo „Sie ergibt sich nicht“ kann sie ebenfalls überzeugen. Ohrwurmqualität hat auch das Duett „Die Stärke einer liebenden Frau“, in dem Kerstin Ibald (Beatrice) und Wietske van Tongeren (Ich) sehr gut miteinander harmonieren. In der Interpretation von Ibald und van Tongeren gefällt das Lied viel besser als in der Single-Auskopplung von Gloria Gaynor.Mit traumhafter Stimme gibt Wietske van Tongeren ihre Soli „Ich hab geträumt von Manderley“ und „Zeit in einer Flasche“. Auch hier hat Sylvester Levay hitverdächtige Musik komponiert und Michael Kunze einen aussagekräftigen Text beigesteuert. Beachtlich ist van Tongerens stimmliche Entwicklung. Während sie bei erwähnten Soli eine jugendliche, zarte Stimme an den Tag legt, singt sie bei „Mrs. de Winter bin ich“ mit energischem Ton selbstbewusst gegen ihre Duettpartnerin Rigvava-Dumas an.

Als Maxim de Winter ist Uwe Kröger vertreten, der sich wirklich hören lassen kann. Sein „Gott, warum?“ bietet er sehr gefühlvoll mit klarer Stimme dar, während er dem Hörer mit seiner Interpretation von „Kein Lächeln war je so kalt“ eine Gänsehaut beschert. Stimmlich holt er aus diesem Titel alles heraus und gibt eine fantastische Mischung aus Verzweiflung, Hass, Wut und Wahnsinn. Der Song selbst ist keineswegs wie eine klassische Musicalballade aufgebaut, sondern spiegelt Maxims Emotionen musikalisch perfekt wider, indem er sich sehr unruhig aufbaut, zwischendurch abrupt abbricht und sich von der Ballade mehr zu einem Up Tempo entwickelt. Kompositorisch vermag Levay also durchaus zu überraschen.In der kleinen Rolle des Frank Crawley gibt André Bauer sein „Ehrlichkeit und Vertrauen“ mit gewohnt einfühlsamer Stimme. Bruno Bertassi als Ben überzeugt mit seinem „Sie’s fort“ und Kerstin Ibald singt ein schönes „Was ist nur los mit ihm?“. Das stimmstarke Ensemble begeistert vor allem in den Songs „Strandgut“ und „Manderley in Flammen“. Auch die Ensemblenummer „Die neue Mrs. de Winter“ wird stimmig dargeboten, erinnert musikalisch wie textlich jedoch an „Wo bleibt Mozart?“ aus dem Kunze/Levay-Musical „Mozart!“.

Insgesamt kann die Aufnahme auf ganzer Linie überzeugen, denn sie hat alles, was ein gutes Musical-Album haben sollte: Sehr gute Musik, eine ansprechende Orchestrierung, überzeugende Texte, ein großartiges Orchester, gutes Sounddesign und ein bis in die kleinsten Rollen harmonierendes Ensemble. Somit ist die CD jeden Cent wert.

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