Pompeji
Studio-Cast / 2008

Hochwertig produziert, hochkarätig besetzt, musikalisch stark: Die Konzeptaufnahme des Pop-Rock-Musicals von Christian Stader und Gunar Braunke ist absolut hörenswert.


„Es muss etwas bleiben, sonst war alles umsonst.“ Fast beschwörend wird diese Zeile im Finale wiederholt. Bleibt etwas? Ja! Schon nach dem ersten Hören hängen etliche Melodien und Textzeilen im Kopf, bei jedem Durchgang werden es mehr. Die mit Thomas Borchert, Sascha Th. G. Krebs, Annemieke van Dam, Jan Ammann, Darius Merstein-MacLeod und anderen hochkarätig besetzte Aufnahme ist DIE positive deutschsprachige CD-Überraschung 2008.

In der Musicalszene ist das Kreativteam nur wenig bekannt. Autor Gunar Braunke hatte mit „Dorian Gray“ in den neunziger Jahren einen Achtungserfolg und schreibt als Ungarn-Korrespondent für die Zeitschrift „Musicals“. Für Komponist Christian Stader ist „Pompeji“ das erste größere Musicalprojekt. Trotzdem gelang es den beiden, eine namhafte Cast zusammenzustellen. Und eine hochwertige musikalische Begleitung, der nicht nach Computer klingt – obwohl im Studio neben den Synthesizern nur Gitarre, Bass und Schlagzeug zum Einsatz kamen.

Aber das sind auch die wichtigsten Instrumente: Wer Elton Johns „Aida“-Version kennt und sich die Musik eine Nummer rockiger vorstellt, der landet bei „Pompeji“. Natürlich gibt es die obligatorischen großen Popballaden und Duette, aber dazwischen krachen immer wieder die E-Gitarren. Stader liefert fast für jeden Song eingängige Melodien und musikalische Einfälle (etwas den hypnotischen Chor der Isispriester als Hintergrund für einen wütenden Streit zweier Protagonisten), sodass die CD nicht langweilig wird. Dazu kommen Braunkes Texte, die über weite Strecken gelungen sind. Zum Teil würde sich das Feilen aber noch lohnen: Manche Bilder sind überladen („Auf dem Ozean der Zweifel treib‘ ich wie ein Geisterschiff dahin“), manche abgegriffen („Ein Blick durch meine Augen, und sie würde mich verstehn“).Bei den Interpretationen fällt der Magier von Alexander Prosek auf. Prosek singt die Figur mit derart viel Knurren und Hohn in der Stimme, dass schon nach den ersten Worten klar ist: Das ist der Böse. Wenn genau dieser Umstand in den Texten immer wieder thematisiert wird, ist das ein bisschen dick. Die Nummern der blinden Sklavin Nydia sind erkennbar für eine große Beltstimme geschrieben. Diese packt Co-Komponistin Jeanette Friedrich in den Höhen aber nicht aus.

Das ist aber auch schon genug der Mäkelei. Sascha Th. G. Krebs spielt seine Erfahrungen an der Schnittstelle zwischen Rock und Schauspiel aus und liefert nicht nur Gesang, sondern auch ein stimmiges Rollenportrait ab – übrigens ebenso wie Thomas Borchert, dessen Parts weniger rockig sind. Annemieke van Dam singt gewohnt bezaubernd. Und Kerstin Frank verdient sich für ihren kurzen Auftritt als Hexe Vesuvia ein Sonderlob: Sie legt so viel Rauhheit und Zynismus in die Stimme, das man sich fürchten möchte.

Kleinere Schwächen an Texten und Interpretationen sind verzeihlich, schließlich handelt es sich um ein Konzeptalbum und noch nicht um die fertige Bühnenfassung. Auf die darf man sich nach der vorliegenden Aufnahme auf jeden Fall freuen. Wer mal wieder ein eingängiges Rockmusical mit großen Gefühlen hören möchte, der ist bei dieser CD richtig.

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