Gesamtaufnahme der neuen Wiener Fassung mit Licht und Schatten.
Nach der 1997 erschienenen Gesamtaufnahme von „Tanz der Vampire“ legen die Vereinigten Bühnen Wien 13 Jahre später zum Wien-Revival des Kunze/Steinman-Musicals eine neue Gesamtaufnahme als Doppel-CD vor. Während die 2010er Cast genauso wie die 1997er Cast überzeugen kann, ist der größte Unterschied zwischen beiden CDs wohl die musikalische Umsetzung.
Schon die Ouvertüre, die normalerweise mit ordentlichem Drive beginnt, klingt bei der neuen Aufnahme sehr dünn und fast schon lahm. Da vergeht einem die Lust am Hören schon beim ersten Titel. Das Orchester unter der Leitung von Caspar Richter spielt ohne Frage sehr gut, aber wirkt wie abgespeckt oder computergeneriert. Nach handgemachter Musik klingt es oftmals jedoch nicht.
Ein weiteres Ärgernis sind die fehlenden Songtexte im Booklet, das aber immerhin eine ausführliche Inhaltsangabe und ein (verzichtbares) Poster bieten kann. Schade ist zudem, dass etliche Songs falsch betitelt wurden. So heißt das Duett „Nie geseh’n“ laut Booklet nun „Ein Mädchen, das so lächeln kann“ und das Solo „Gott ist tot“ trägt den Titel „Sei bereit“.Erfreulich hingegen sind die teilweise neuen Arrangements, wodurch Songs wie „Knoblauch“ und „Alles ist hell“ durchaus flotter wirken. Auch der Titel „Stärker als wir sind“, der einst für die erste Stuttgarter Inszenierung (2000-2003) geschrieben wurde, ist nun erstmals auf einer deutschsprachigen Gesamtaufnahme des Musicals zu hören.
Die auffälligste Änderung gibt es im Finale des zweiten Akts zu entdecken. Dort setzt das Ensemble nun nicht mehr direkt nach dem Auftritt von Professor Abronsius (Gernot Kranner) ein. Stattdessen gibt es dazwischen eine neue Sequenz, die einen Bogen zum Beginn des Stücks macht. Während sich dort nämlich Alfred (Lukas Perman) in seinem Lied „He, ho, Professor“ um den Professor sorgt, der erfrieren könnte, ist es im neuen Finale nun Abronsius, der sich Sorgen macht, dass sein Assistent der Kälte zum Opfer fallen könnte. Die „He-ho-he“-Rufe des Professors werden in einem finsteren Lachen des Grafen von Krolock (Thomas Borchert) erstickt und erst dann setzt das Ensemble mit den bekannten Textzeilen ein. Zwar keine gewaltige Änderung, aber dennoch ein schöner Einfall.Die Solisten dieser Gesamtaufnahme können durch die Bank weg überzeugen. Dennoch ist es recht langweilig, dass mit Thomas Borchert (Graf von Krolock), Marjan Shaki (Sarah), Lukas Perman (Alfred), Gernot Kranner (Professor Abronsius) und James Sbano (Chagal) gleich fünf Künstler für das Wien-Revival engagiert wurden, die ihre jeweiligen Rollen schon zu früheren Zeiten verkörperten und somit auch auf anderen CDs von „Tanz der Vampire“ zu hören sind. So sind Borchert, Shaki, Perman und Kranner bereits auf der Jubiläums-CD zum zehnten Geburtstag des Musicals vertreten, während Kranner und Sbano sogar schon auf der Gesamtaufnahme und der Highlights-CD aus dem Jahr 1997 singen. Gesanglich ist an ihnen jedoch nichts auszusetzen.Thomas Borchert überzeugt mit seiner klangschönen Stimme in seinen Soli „Gott ist tot“ und „Einladung zum Ball“ und harmoniert im Duett „Totale Finsternis“ sehr gut mit Marjan Shaki. Den „Tanzsaal“ gibt er mit kräftigem Rocktenor, während er sein großes Solo „Die unstillbare Gier“ mit sehr gefühlvoller Stimme interpretiert und mit einem voluminösen Schlusston beendet.
Lukas Perman intoniert mit lyrisch-sanfter Stimme sein Solo „Für Sarah“ und klingt auch im Duett mit Marjan Shaki (Sarah) wie auch mit Marc Liebisch (Herbert) sicher. Marjan Shaki enttäuscht ebenfalls nicht. Vor allem die Songs „Nie geseh’n“ und „Draußen ist Freiheit / Rote Stiefel / Stärker als wir sind“ erweisen sich durch ihre einwandfreie Interpretation als Anspieltipps.
Den schrulligen Professor Abronius gibt Gernot Kranner äußerst solide, und auch James Sbano steht ihm als Chagal in nichts nach. Anna Thorén (Magda) singt ein schönes „Tot zu sein ist komisch“, bleibt ansonsten aber blass – genauso wie Katharina Dorian (Rebecca), die buchbedingt so gut wie nichts zu singen hat und ohnehin nur im ersten Akt präsent ist. Dafür sind jedoch aus dem Ensemble zwei Darsteller positiv hervorzuheben, die in der Albtraumsequenz „Carpe Noctem“ die Solopassagen mit starken Stimmen singen: Sven Fliege und Aleksander di Capri.Insgesamt bleibt die Gesamtaufnahme der neuen Wiener Fassung von „Tanz der Vampire“ hinter der Gesamtaufnahme aus dem Jahr 1997 zurück. Wer großen Wert auf einen satten, pompösen Klang legt, ist mit der Gesamtaufnahme der Uraufführung mit dem unvergessenen Steve Barton in der Rolle des Grafen von Krolock ganz sicher besser bedient.