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Linie 2 - Der Alptraum (2009 - 2012)
GRIPS Theater, Berlin

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Weder ein Musical und schon gar keine Fortsetzung des weltweit bekannten U-Bahn-Stücks von 1986! Volker Ludwigs und Rüdiger Wandels „Linie 2 – der Alptraum“ ist eine überaus kurzweilige und gelungene Mixtur aus Kabarett und Compilation-Show mit Best-of-GRIPS-Hits der vergangenen vierzig Jahre.

„Hey du, hey du. Hör mir ‚mal eben zu. Ick will dir ‚mal ‚was erzähl’n von mir“, leiert ein alter Mann immer wieder monoton im U-Bahn-Waggon herunter. Dann steigt ein grölender Ballermann-Passagier mit Sangria-Eimer unterm Arm zu und eine adrette Hostess erläutert wie im Flieger die Sicherheitsbestimmungen. „Linie 2 – mit der Zweiten fährt man besser“ kalauert die freundliche Frauenstimme aus dem Lautsprecher um im nächsten Moment „Ohne Treppen – Ausstieg nur mit Leitern“ als nächsten Haltepunkt anzusagen. An der Station „Charité“ rollen zwei OP-Schwestern mit je drei Armen einen Patienten im Krankenbett herein, dem der begleitende Chirurg mit seinen zu Spritzen verformten Fingern Organe amputieren will.

Mit immer irrwitziger werdenden Bildern wird GRIPS-Schauspieler Thomas Kowalewski (Jens Mondalski) von „Linie 1“ im Schlaf verfolgt. Seit der Uraufführung vor 23 Jahren ist er auf der Bühne als Junge im Mantel unterwegs und hat die Rolle zum Unverständnis seines Umfeldes längst satt. Ganz wie bei dem Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wird, scheint es auch bei „Linie 1“-Vater Volker Ludwig zu sein. Wie viel von ihm mag wohl in Thomas Kowaleski stecken? Gemeinsam mit Co-Autor Rüdiger Wandel konfrontiert der Theater-Prinzipal den erfundenen, frustrieren Schauspieler nicht nur mit dem größten GRIPS-Erfolg, sondern bastelt aus dem innerhalb von vierzig Jahren aufgebauten Repertoire seines Hauses eine überaus gelungene, satirisch-musikalische Jubiläums-Revue.

Das Autorengespann kehrt damit zum Kabarett als eine der GRIPS-Wurzeln zurück, wobei es auch aktuelle Themen wie Dumpinglöhne, die finanzielle Stützung des Bankensektors oder die letzte Bundestagswahl zur Zielscheibe ihres Spotts macht. Selbst vor sich selbst machen Ludwig und Wandel nicht halt. So leitet ein völlig unbeherrschter und exaltierter Regisseur die Umbesetzungsproben für „Linie 1“ und „der Volker“ plant, die Rechte an dem Erfolgsstück gewinnbringend an den Konzern „Stage Industries“ zu verscherbeln. Wenn sich eine Mutter im Spielplatzbild mit der Frage „Diese ewigen GRIPS-Lieder – wie halten Sie das nur aus?“ echauffiert, dann tobt der Saal ebenso wie bei den drei unverbesserlichen Ossis, die musikalisch zum Kaiser-Wilhelm-Gassenhauer fordern: „Wir wollen unsere gute alte Mauer wieder hab’n“. Hauptsächlich erklingen Songs aus Kinder- oder Erwachsenen-Produktionen des GRIPS-Theaters, die wie selbstverständlich in die Handlung eingefügt sind. Dazwischen gibt es auch einige neue Songs zu entdecken, von denen „Luschen – habt ihr keine Betten?“ mit dem „Über Kreuzberg geht die Sonne aus“-Refrain zum heimlichen Hit der Show avanciert.

Mathias Fischer-Dieskau hat seinen Original-„Linie 1“-Bühnenaufbau mit der heftig losrockenden Band „NO RETURN“ im ersten Stock gemeinsam mit Merle Vierck um einige schnell herausklappbare Details im Erdgeschoss ergänzt. So entstehen in Windeseile ein Kinderspielplatz, eine Szene-Strandbar oder der Jugendtreff „Café Wladiwoodstock“, über denen eine liebevoll gestaltete Scherenschnitt-Silhouette mit Berlin-Wahrzeichen schwebt. Neu sind die beiden Flachbildschirme, über die illustrierende Bilder wie Haare für die Szenen im Frisörsalon flimmern.

Als Regisseur setzt Rüdiger Wandel den Tag im Leben von Thomas Kowaleski kurzweilig in Szene, wobei Figuren wie der türkische Macho-Gemüsehändler Taifun (Jörg Westphal), der Alt-68er Jimmy Henrichs (Thomas Ahrens) oder der Rapper Dirty Dino (Roland Wolf) klischeehaft gezeichnet und ausgestattet (Kostüme: Marie Landgraf) sind, aber gerade deshalb sehr authentisch wirken. Mit Ausnahme von Jens Mondalski als Hauptfigur haben alle Darsteller ein großes Pensum an Rollen zu bewältigen und stehen nach einem manchmal nur wenige Augenblicke dauernden Kostümwechsel bereits wieder auf der Bühne. Gesungen wird den ganzen Abend über ganz vortrefflich, wobei Stephanie Schreiter (Tessa) gemeinsam mit Katja Götz (Gianna) und Jennifer Breitrück (Gül) in ihrem verzweifelten Song „Wieder mal“ Gänsehaut verursacht. Nina Reithmeier (Nedda) beweist mit „Berlin ist Eisen“ dass eine kleine Person über eine rockige Röhre verfügen kann.

Wer sich im GRIPS-Repertoire ein bisschen auskennt und dieses Theater nicht nur auf „Linie 1“ reduziert, der hat mit diesem Stück, das zumindest vom Titel eine Fortsetzung des U-Bahn-Musicals vorgaukelt, einen Heidenspaß.

Musikalische Revue von Volker Ludwig und Rüdiger Wandel
Musik: Birger Heymann, Georg Kranz, Stanley Walden, Thomas Zaufke u. a.

Kreativ-Team
Inszenierung: Rüdiger Wandel
Musikalische Leitung: Georg Kranz
Choreografie: Laura Leyh
Bühnenbild: Mathias Fischer-Dieskau, Merle Vierck
Kostüme: Marie Landgraf

Besetzung:
Sebastian Achilles – Basti, Leon (Kind), Hucky, Kontrolletti, Schläger, Schrump (Firma Cutecut)
Thomas Ahrens – Jimmy Henrichs, Otto (Ossi), Frank Meyer (Regisseur), Malocher, Motzverkäufer, Kontrolletti, Klemp (Firma Cutecut)
Jennifer Breitrück – Gül, Mathilda (Kind), Stewardess, OP-Schwester 1
Katja Götz – Gianna, Lisa (Kind), Chilly, Mandys Mutter, Christiane (Kostümbildnerin)
Dietrich Lehmann – Gustav, Ede, Video-Tourist, Verwirrter, Eingegipster, alter Berliner, Hermann-Darsteller
Jens Mondalski – Thomas Kowalewski
Robert Neumann – Jack the Lion, String (Visu), Mann mit Wiederholungszwang, Double des „Jungen im Mantel“, Lehrer, Reibach (Banker), Penner-Darsteller
Nina Reithmeier – Nedda, Milli (Kind), Yoki (Visu), OP-Schwester 2, Maria-Darstellerin
Stephanie Schreiter – Tessa, Mathildas Mutter, Hulda, Wachturmfrau, Mandy, Berliner Hausfrau, Petra (Maskenbildnerin)
Jörg Westphal – Taifun, Torsten (Erzieher), Chris (Wessi), Motorradrocker, Kontrolletti, Schläger, Johnnie-Darsteller
Roland Wolf – Dirty Dino, Max (Kind), Grey (Visu), OP-Arzt, Klara (Transsexueller), Martin (Reuqisiteur)

Band NO RETURN
Michael Brandt guit.
Tom Keller sax.
Axel Kottmann bass
George Kranz dms
Matthias Witting keys

Bandaufnahmen Anrufbeantworter: Laura Leyh, Regine Seidler, Kathrin Osterode, Robert Neumann, Christian Veit, Jörg Westphal, Roland Wolf

Ansagen in der U-Bahn: Ilona Schulz

 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Do, 15.10.2009 19:30GRIPS Hansaplatz, BerlinVoraufführung (ausverkauft)
Fr, 16.10.2009 19:30GRIPS Hansaplatz, BerlinPremiere (ausverkauft)
Sa, 17.10.2009 19:30GRIPS Hansaplatz, Berlinausverkauft
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