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Rent (2006 - 2007)
Arena Theater GmbH, Tournee

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Jonathan Larsons Rockoper rund um eine Gruppe von Künstlern im New Yorker East Village in einer englischsprachigen Tournee-Produktion. Die Inszenierung von Georg Malvius unterscheidet sich grundlegend vom Broadway-Original, überzeugt aber mit vielen bewegenden Momenten und großartigen Darstellern.

Am Broadway ist „Rent“ seit mehr als 10 Jahren ein Hit, in Deutschland hatte es die Rockoper von Jonathan Larson bisher eher schwer. Umso erfreulicher, dass die Arena Theater & Festspiel GmbH eine englischsprachige Tournee der modernen „La Bohème“-Adaption auf den Spielplan genommen hat, die hauptsächlich in kleineren Vororten in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden Station macht. Regisseur Georg Malvius weicht bei seiner Inszenierung der Geschichte rund um eine New Yorker Künstlergruppe, die nur in ihrem engen Zusammenhalt ein wenig Zuflucht vor Armut, Drogensucht und AIDS findet, bewusst vom Original am Broadway ab und setzt andere Schwerpunkte. Wer das Stück schon kennt und bereit ist, sich auf die Veränderungen einzulassen, kann hier einige interessante neue Seiten an dem Musical entdecken.

„Rent“-Fans dürften sich gleich zu Beginn wundern, denn „La Vie Bohème“, das fröhliche Finale des ersten Akts, bei dem die Künstler ihre Lebensweise feiern, erklingt hier (zusätzlich) direkt am Anfang, wo es für die Vorstellung der Charaktere genutzt wird. Nötig ist das zwar nicht, aber das Publikum mit einem Ohrwurm zu begrüßen und es nicht direkt mit dem eigenwilligen Erzählstil des Stücks zu überfallen, ist keine schlechte Idee.
An Stelle der „La Vie Bohème“-Reprise am Ende des ersten Akts steht nun der melancholische Ensemble-Kanon „Will I“, was den Zuschauer nicht mehr gut gelaunt, sondern eher nachdenklich in die Pause entlässt. „Will I“ reiht sich nahtlos an die Ballade „I should Tell You“ an, so dass diese nicht – wie sonst – das Tempo zwischen zwei „La Vie Bohème“-Blöcken drosselt.

Malvius bewegt außerdem den Fokus weg von den drei Hauptcharakteren (Filmemacher Mark, Musiker Roger und Bartänzerin Mimi) und rückt die Nebenfiguren weiter in den Vordergrund, was gut mit dem im Stück so bedeutsamen Gruppengefühl der Freunde vereinbar ist. So darf nun zum Beispiel das komplette Ensemble in das Roger-Mimi-Duett „Without You“ einstimmen, und der Philosoph Collins singt bei „What You Own“ mit, das sonst nur Roger und Mark vorbehalten ist. Die zusätzliche Integration der Figuren ist dabei geschickt gelöst und passt in die jeweiligen Zusammenhänge. Dass ein paar kurze Szenen (wie zum Beispiel einige Telefonanrufe) gestrichen wurden, stört den Handlungsfluss nicht.

Problematisch ist jedoch das neue Ende: Während die todkranke Mimi normalerweise unerwartet wieder erwacht, wird sie hier vom verstorbenen Angel abgeholt und tanzt mit ihm einen (etwas kitschig geratenen) Walzer von der Bühne. Die folgende Abschlussszene, in der die Freunde einmal mehr besingen, wie wichtig es ist, jeden Augenblick des Lebens so zu genießen als wäre es der letzte, fehlt komplett. Leider schränkt dies die Eindringlichkeit der optimistischen Kernaussage des Stücks stark ein. Außerdem kommt das Ende viel zu plötzlich. Das Ensemble muss erst einige peinliche Sekunden lang in Reih und Glied stehen, bevor das Publikum begreift, dass es nun applaudieren darf.

Optisch wird die Inszenierung den Anforderungen des Stücks gerecht. Die Kostüme sind größtenteils authentisch und rollengerecht ausgewählt, nur der Transvestit Angel scheint sich eher in einer deutschen Provinz-Boutique eingekleidet zu haben als im New Yorker East Village. Ellen Cairns hat ein Einheitsbühnenbild geschaffen, bei dem die Wohnung der verarmten Künstlergruppe auf einer Schräge an der rechten Bühnenseite angebracht ist. Die umrandenden Stücke von brüchigen Hauswänden deuten den voranschreitenden Zerfall an. Auf einer erhöhten Ebene im Hintergrund, die in einigen Szenen mitbespielt wird, sitzt die schmissig aufspielende Band. Die restliche Bühnenfläche wird mit einfachen Requisiten in verschiedene Schauplätze (Markt, Restaurant etc.) verwandelt.

Besonders sehenswert ist die tolle Besetzung, die zur Hälfte aus Skandinaviern, zur anderen Hälfte aus Briten besteht, darunter auch einige Profis aus dem Londoner West End. Sie alle überzeugen mit enormer Bühnenpräsenz, differenzierten Rollenportraits und starken Stimmen. Joanna Ampil (Kim in „Miss Saigon“, Fantine in „Les Misérables“) ist eine schlichtweg perfekte Mimi, im ersten Akt noch verspielt und verrucht, im zweiten Akt von der Krankheit gezeichnet und zerbrechlich. Wenn sie ihre schönen Balladen und das rockige „Out Tonight“ anstimmt, ist Gänsehaut garantiert. Nigel Clauzel, der Original-Britney aus „We Will Rock You“, berührt als Collins mit seiner vollen Gospel-Stimme, besonders als er um seinen verstorbenen Geliebten Angel (charmant gespielt von Kristian Kaspersen) trauert. Daniel Boys als Mark und Jane Doyle als stimmgewaltige Performance-Künstlerin Maureen haben bereits in der Londoner Produktion von „Rent“ auf der Bühne gestanden und sind inzwischen fest mit ihren Rollen verwachsen – ihre Pointen sitzen und jeder dramatische Moment wird nachhaltig ausgespielt. Koit Toome als Roger, Alexus Ruth als Anwältin Joanne und Nathan Hunter als fieser Vermieter Benny sind typgerecht besetzt und runden den positiven Gesamteindruck ab.

Schade, dass der Veranstalter diese Produktion so wenig offensiv bewirbt. Die Szenenfotos, die auf der Webseite (und im Programmheft!) zu sehen sind, gehören nicht zu der gezeigten Inszenierung und erwecken durch die minderwertige Kostümierung der Darsteller einen falschen Eindruck. Außerdem sollte vor Ort eine Inhaltsangabe des Stücks gratis verfügbar sein. Der verflochtenen Handlung ohne Hilfe zu folgen, dürfte vielen Erstzuschauern schwer fallen, ganz besonders dann, wenn nicht in der Landessprache gesungen wird. Mit ein wenig mehr Initiative diesbezüglich könnte „Rent“ bestimmt mehr Menschen erreichen – diese Produktion und das großartige Ensemble hätten es verdient.

 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
RegieGeorg Malvius
Musik. LeitungMikael Langs
ChoreographieIgor Barberic
LichtPalle Palme
SoundDaniel Lindforss
BühnenbildEllen Cairns
 
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CAST (AKTUELL)
Roger DavisKoit Toome
Graeme Kinniburgh
Marc CohenDaniel Boys
Daniel Eriksson
Tom CollinsNigel Clauzel
Daniel Eriksson
Benjamin Coffin IIINathan Hunter
Petter Isaksson
Joanne JeffersonAlexus Ruth
Jenny Nordkvist
Angel SchunardKristian Kaspersen
George Maguire
Mimi MarquezJoanna Ampil
Anna Thiam
Naureen JohnsonJane Doyle
Jenny Nordkvist
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Do, 12.10.2006 20:00Kulturhalle, RödermarkPremiere
Fr, 13.10.2006 19:30Otfried-von-Weißenburg-Theater, Dahn
Sa, 14.10.2006 20:00Saarlandhalle, Saarbrücken
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