„Sekretärinnen“-Erfinder Franz Wittenbrink zeigt wieder ein,mal seine Liebe zu den Abgründen des Lebens. In der Notaufnahme eines Krankenhauses werden die letzten Stunden des Jahres gefeiert. Nur des Jahres?
Silvester. Die fröhlichste Nacht im Jahr, Zeitpunkt für gute Vorsätze: alles wird besser. Wem es jetzt schlecht geht, dem ist nicht mehr zu helfen. Es gibt einen einzigen Ort, wo man in diesem Augenblick auf gar keinen Fall sein will: allein, auf einer Krankenstation. Nachts, in der Notaufnahme, ticken die Uhren anders. Ein einsamer Patient starrt auf den Sekundenzeiger und mag sich vorstellen, er rücke für ihn zum letzten großen Glockenschlag vor.
Das Leben zieht noch einmal vorbei. Jede Liebe, jede Sehnsucht, jedes Versäumnis erscheinen doppelt kostbar, doppelt schmerzlich. Und keiner kümmert sich um ihn. Die Dame von der Aufnahme kann weiter nichts für ihn tun. Die reizende Lernschwester hat offensichtlich Stress, eine andere läuft hochschwanger durch die Gänge. An die Oberschwester traut man sich eh nicht ran. Betten, Tröpfe und Pfannen werden hin- und herbewegt, ab und zu verschwindet jemand in einer Ecke und zieht den Vorhang zu. Das Leben in der Ambulanz scheint einem geheimen Operationsplan zu folgen und der Patient ergibt sich in sein Schicksal. Und dann fliegen plötzlich die Türen auf, die Götter in Weiß betreten die Szene. Sie reden zwar nicht Griechisch, sondern bestenfalls Latein, stehen nicht auf Koturnen, sondern latschen in Birkenstocks, tragen keine Masken, sondern Mundschutz und Gummihandschuhe. Doch dem einsam Leidenden wird das Krankenhaus zur Katharsis-Station, die Götter zu Schicksalswendern. Operation am offenen Herzen? Amputation? Oder doch nur eine leichte Alkoholvergiftung? Die letzten Lieder sind die schönsten.
Mit „Am offenen Herzen“ erfindet Franz Wittenbrink („Miles & more“ und „Denn alle Lust will Ewigkeit“) einen neuen musikalischen Abend für das schauspielhannover. Unterstützt und beraten wird er von der Krimi- und Theaterautorin Thea Dorn. Gemeinsam mit Franz Wittenbrink führt Sabine Boss Regie. Bühne: Anke Grot. Kostüme: Dorothee Curio.
Mit: Ernst-Erich Buder, Denis Burgazliev, Moritz Dürr, Jana Fischer Gerusal, Bernd Geiling, Cornelia Kempers, Martin Klempnow, Angela Müthel, Caroline Scholze.
Am Flügel: Franz Wittenbrink/Burkhard Niggemeier. Geige/Kontrabaß: Valentin Gregor.
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