Ann Sophies Weg in die Musicalwelt ist wirklich einzigartig: Als Sängerin in New Yorker Jazzbars war ihr schon früh klar, dass Musikmachen zu ihren Lebensträumen gehört. Auch im Fernsehen ist die Singer-Songwriterin national wie europaweit einem großen Publikum bekannt geworden, bevor ihre Leidenschaft fürs Singen und Tanzen im Genre Musical letztendlich ein neues Zuhause gefunden hat. Anlässlich ihrer Premiere als Satine im Hit-Musical „Moulin Rouge!“ konnten wir mit Ann Sophie auf ihren Werdegang und ihre Probenzeit in Köln zurückblicken. Neben Einblicken in ihr Selbstverständnis als Künstlerin haben wir auch erfahren, welche Sängerin ihr größtes Idol ist.
Ich würde gerne als erstes ganz an den Anfang zurückschauen. Allein der erste Satz deiner Vita lässt schon den Globus rollen. In London bist du geboren. Hast du britische Wurzeln?
Wir haben damals aus beruflichen Gründen dort gewohnt, aber britische Wurzeln habe ich nicht. Die ersten vier Jahre erlebte ich in Richmond, London.
Warum oder wie hat es dich dann nach deinem Abitur in Hamburg direkt nach New York verschlagen?
Ich war schon immer sehr Amerika-affin und wir haben dort oft Urlaub gemacht. Das erste Mal, als ich in New York war, war ich vier Jahre alt, glaube ich. Für mich war schon meine ganze Jugend über klar: Irgendwann möchte ich dort wohnen und meinen Träumen nachgehen – singen…tanzen…und New York inhalieren.
Wolltest du damals schon im Bereich Musical arbeiten oder war dein Wunsch ein anderer?
Ich wollte eigentlich immer nur Musik machen und Sängerin sein…
Musical kam erst viel später für mich. 2018 habe ich mich gefragt: „Du liebst Singen, Tanzen, Schauspielen. Warum nicht auch Musical?“ Und dann ging eine wunderbare und sehr herausfordernde Reise für mich los.
Die Teilnahme am ESC war bestimmt eine intensive Zeit für dich und du hast sicher einiges daraus mitgenommen. Was wäre das?
Ja, intensiv war die Zeit allerdings… Ich weiß gar nicht, ob ich aus der akuten Phase so viel mitgenommen habe, denn ich habe währenddessen viel funktioniert und das alles ohne Erfahrung in und mit der Öffentlichkeit, sowie auf größeren Bühnen. Wenn ich mit all meiner jetzigen Erfahrung darauf zurückblicke, kann ich den Mut, den ich damals hatte, nur bewundern…
Es hat jedoch Jahre gedauert, bis ich mich von dieser Geschichte befreien und mich selbst wiederfinden konnte. Von daher habe ich aus der Zeit danach wahnsinnig viel mitgenommen. Vor allem sich nicht aufzugeben und niemals aufzuhören das zu tun, was man liebt.
Egal was damals war – Ann Sophie strahlt nun als Sparkling Diamond! Wie gehst du mit persönlichen Tiefschlägen um? Hast du da Tipps für Leute, die solche Situationen auch mal durchleben müssen/mussten, damit man letztendlich doch strahlen kann?
Ich hoffe sehr, dass mein Weg Menschen inspirieren kann. Wir erleiden alle Tiefschläge, egal in welcher Hinsicht. Und es klingt immer so nach Klischee, aber wenn man diese Tiefschläge zulässt, sie annimmt und auch Heilung erfährt, hat man die Chance zu wachsen – ein besserer Mensch zu werden.
Wenn es einem dazu noch gelingt, in den Tiefschlägen etwas Positives zu sehen, dann bekommt jede Niederlage ein kraftvolles Element. Das kann dir keiner mehr nehmen. Außerdem öffnet es Türen, füreinander da zu sein. Man versteht die Welt etwas anders, sieht Menschen anders. Das hat etwas Wunderschönes.
Dein Durchbruch im Musical-Bereich kam wahrscheinlich als Hauptbesetzung der Indigo in „Paramour“. Wie war es, als Quereinsteigerin in diesem Business Fuß zu fassen? Welche Schwierigkeiten gab es, und was waren deine ‚assets‘, die dir den Einstieg erleichtert haben?
Ich weiß gar nicht, ob ich die Rolle als Durchbruch beschreiben würde, denn im Musical muss man sich immer wieder neu beweisen und man weiß nie, wonach das Casting-Team gerade sucht. Es ist meiner Erfahrung nach nicht so, dass man die eine Rolle bekommt und dann deswegen auch die nächste Rolle bekommt. Bei Auditions sind wir alle auf einer Ebene und das ist auch gut und wichtig so.
Quereinstieg ist immer eine Herausforderung, weil man, ohne richtig auf das Business vorbereitet zu sein, vieles ‚on the go‘ lernen muss. Das hat Vor- und mal Nachteile… Ich hatte ja auch nie wirklich eine Gesangsausbildung, sondern nur immer mal Coaching hier und da. Musical hat mich gelehrt, mich noch mehr mit meiner Stimme auseinanderzusetzen, und dafür bin ich sehr dankbar, weil ich so viel Neues entdecken kann und durch Musical auch zu einer besseren Sängerin geworden bin. Aber auch da ist es wie beim Sport wichtig, regelmäßig zu trainieren – und das Interesse zu entwickeln, seine Stimme durch alle Höhen und Tiefen anzunehmen, zu lieben und anzuerkennen.
„Paramour“ ist so eine großartige Show. Ich bin sehr froh, dass ich das erleben und Teil dieses wunderbaren Stückes sein durfte. Ich habe es wirklich geliebt Indigo zu spielen. Die Geschichte zu erzählen, die Kostüme, den Tanz, die Akrobatik…und das in der Neuen Flora! Das war ein großer Meilenstein für mich.
Ein Stück, dem du schon zwei Mal begegnet bist, ist „Flashdance“ – was ist das Besondere an dieser Show und deiner Rolle darin für dich gewesen?
„Flashdance“ wird immer eines der wichtigsten Stücke für mich sein. Die Show war mein Musical-Debut als Gloria mit Cover Alex Owens. Und Alex war eine Rolle, in der ich mich so sehr wiederfinden konnte, vor allem hat sie mir in einer sehr schwierigen Zeit meines Lebens Kraft geschenkt. Sie war auch der Grund, warum ich Musical weitermachen wollte.
Diese Rolle dann wenig später nochmal als Erstbesetzung zu spielen, war ein ‚Full Circle Moment‘ für mich.
Der nächste Stopp war dann „Mata Hari“ in München. Wie würdest du diese Produktion rückblickend beschreiben?
Diese Produktion war ganz besonders für mich. Das Gärtnerplatztheater ist ein wunderbarer Ort, so tolle Kollegen – und gleichzeitig war es meine erste Uraufführung. Ich habe es geliebt, Mata Hari zu verkörpern und ihre Geschichte zu erzählen. Es gab viele besondere Momente für mich in diesem Stück und auch insgesamt war die Zeit in München sehr schön.
Bei „The Voice of Germany“ bist du bis ins Halbfinale gekommen. Deine Teilnahme an der Show zeigt, dass du dich nicht nur als Musicaldarstellerin definieren möchtest. Was hat Musical für einen Stellenwert in deinem Leben und bei deinen Zukunftsplänen?
Da muss ich nochmal etwas aufräumen: Meine Teilnahme an „The Voice of Germany„ diente vorrangig dem Ziel, meine Erfahrung beim ESC nochmal zu beleuchten und mich als die Sängerin zu zeigen, die ich bin und schon immer war: Die, die damals in New York in Jazz-Bars gesungen hat und einfach nur Singen und Musik machen wollte. Musical kam erst viel später dazu. Auch wenn Musical ein großer Teil meines Lebens ist, sehe ich mich als eine Künstlerin, die ihre Musik und Musical macht.
Musical war immer gut zu mir – und hat viel geheilt. Ich werde immer dankbar sein, dass ich diesen Weg eingeschlagen und weitergegangen bin. Für mich steht gar nicht zur Frage weiterzumachen oder nicht. Ich bin so gespannt, was alles noch kommt, welche Rollen ich spielen darf, an denen ich wachsen kann, und welche Erfahrungen ich sammeln darf. Ich liebe es, auf der Bühne stehen zu dürfen und die Geschichten starker Frauen zu erzählen.
Mit Sarah Connor warst du erfolgreich auf Konzerttour und hast ihre Songs mit viel Gefühl mit interpretiert. Würdest du Sarah Connors Songs auch ein Stück weit als „deine Songs“ beschreiben? Was macht deine Songs aus?
Nein, nicht unbedingt. Sie hat ja ihren ganz eigenen Stil. Es gibt aber Songs von ihr, die ich unglaublich stark finde und die immer wieder viel Spaß gemacht haben zu performen. Viele ihrer Songs berühren mich auch sehr: „Wie schön du bist„ und „Ich wünsch dir„ sind zwei meiner Favoriten.
Meine eigenen Songs sind eine Mischung aus Pop, Singer-Songwriter mit Jazz und Soul-Elementen und genau das macht sie auch aus. Beim Songwriting bin ich immer ganz bei mir, lasse mich von der Musik inspirieren… Es öffnet sich ein Tor und es ist manchmal so, als würde ‚etwas anderes‘ die Texte schreiben, die Melodie gestalten. Das ist total verrückt und gleichzeitig so wunderschön. Ich folge keinem Kalkül, keinem Trend. Ich möchte in meiner Kunst ‚ich‘ sein und meine Geschichte erzählen, in der Form, die ich gerade als passend empfinde.
Nach Indigo und Mata Hari kommt nun eine weitere absolute Glamour-Rolle auf dich zu: Satine in „Moulin Rouge!“. Gleichzeitig eine sehr fordernde Figur. Wie siehst du deinem kommenden Run entgegen?
Ja, genau – aber dazwischen kam noch Florence Vassy aus „Chess“. Das war auch eine tolle Erfahrung. Ich habe es sehr genossen Florence zu spielen und bin auch für diese Zeit sehr dankbar. Aber ja, jetzt kommt Satine! Ich kann es noch gar nicht begreifen. Ich habe das Stück das erste Mal vor zwei Jahren in New York gesehen und konnte danach eine halbe Stunde nicht sprechen, weil ich so berührt war. Dass ich in diesem Stück jetzt mitwirken und diese Rolle selbst verkörpern darf, kann ich noch gar nicht richtig glauben. It’s a dream come true!
Ich sehe dem Run bei „Moulin Rouge!“ positiv entgegen und freue mich einfach sehr. Für mich wird die Herausforderung darin bestehen, die Rolle nicht jeden Abend zu spielen, sondern immer mal wieder. Das bringt eine ganz andere, eigene Nervosität mit sich, aber ich bin bereit, das anzunehmen und zu gucken, wo es mich hinführt.
Was verkörpert die Rolle der Satine für dich?
Satine ist eine starke Frau, die schon sehr früh in ihrem Leben funktionieren musste, nie richtige Liebe erlebt hat und ihren Körper schon mit jungen Jahren verkaufen musste, um zu überleben. Dennoch trägt sie ihre Geschichte mit großer Würde und Eleganz, was sie so außergewöhnlich macht.
Beschreibe uns gerne deinen Probenalltag. Wie sieht ein Tag bei Ann Sophie aktuell aus?
Aufstehen, Kaffee trinken, dann die Gedanken schweifen lassen, meditieren, Vocal Warm-Up und dann das tun, was bei den Proben auf dem Plan steht.
Zurzeit geht es für mich darum, zu Hause Abschalten zu lernen und die Arbeit auch mal Arbeit sein zu lassen. Als Künstler identifizieren wir uns ja sehr mit dem, was wir tun. Es ist daher ganz wichtig, dass man auch lernt, auszusteigen. Das übe ich gerade sehr, weil das Gedankenkarussell sonst nicht aufhört. Ich versuche, mir jeden Tag mit Selbstliebe zu begegnen und die Herausforderungen des Tages anzunehmen. Sport hilft da auch immer sehr. Ich gehe gerne joggen und habe neulich auch das Schwimmen für mich entdeckt. [lächelt] Ansonsten ist der Probenalltag immer unterschiedlich, es stehen immer andere Sachen auf dem Plan.
Auf welchen Song in „Moulin Rouge! Das Musical“ freust du dich am meisten?
Schwierige Frage! Ich finde ja alles so toll, weil für jede Stimmung etwas dabei ist. Ich liebe das „Elephant Love Medley“ und „Firework“ … „Diamonds“ ist aber auch so cool. Aber ich bin auch sehr großer Fan von „Backstage Romance“ und „Roxanne“. Was meine Kollegen da tänzerisch und sängerisch leisten, einfach unglaublich.
Als Singer-Songwriter hast du sicher auch viele Idole. Welche sind das? Und was ist dein absolutes Lieblingslied aller Zeiten?
Mein Idol ist und bleibt Taylor Swift. Mein absolutes Lieblingslied aller Zeiten? Das ist eine schwierige Frage und fast unmöglich zu beantworten, weil ich je nach Stimmung unterschiedliche Lieblingslieder habe. Zur Zeit läuft „Fortnight“ von Taylor feat. Post Malone auf Repeat. Aber die Live- Version von „I’d Do Anything For Love“ von Meat Loaf geht auch immer. Aufdrehen, mitsingen, tanzen und loslassen!
Liebe Ann Sophie – wir danken dir für das offene Interview und wünschen dir für deine Zeit bei „Moulin Rouge!“ nur das Beste. Auf dass du deine Träume auch in dieser Produktion verwirklichen kannst!
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