Two Strangers (Carry a Cake Across New York) © Tristram Kenton
Two Strangers (Carry a Cake Across New York) © Tristram Kenton

Two Strangers (Carry A Cake Across New York) (2023 - 2024)
Kiln Theatre, London

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Hinter dem Musical mit dem sehr prägnanten Titel „Two Strangers (Carry a Cake Across New York)“ verbirgt sich eine anrührende, aus dem Alltag gegriffene Geschichte, die durch Dujonna Gift und Sam Tutty fantastisch dargeboten wird. Das pointierte Buch von Jim Barne und Kit Buchan beinhaltet tiefgehende und facettenreiche Songs, was dieses Musical zu einem rundum begeisternden Bühnenwerk macht, das hoffentlich noch länger von sich hören lassen wird.

Dougal reist nach New York, um bei der Hochzeit seines Vaters dabei zu sein, den er seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen hat. Robin, die Schwester der Braut, holt Dougal vom Flughafen ab und bringt ihn für die Nacht in ein Hotel, um sich dann um die Hochzeitsbelange zu kümmern: Sie muss die riesige Hochzeitstorte mit der U-Bahn vom Konditor zum Anwesen des Brautpaars transportieren. Kurzerhand leistet Dougal ihr Gesellschaft und die beiden komplett unterschiedlichen Charaktere begeben sich auf eine zunächst sehr spaßige Reise, die allerdings graduell tiefergehende Probleme hinter den so gegensätzlichen Verhaltensweisen der Figuren offenbart. Themen wie chronische Depressionen, Familientrauma und Einsamkeit kommen auf den Tisch und das Wiedersehen für die Hochzeit kommt ganz anders, als es sich Dougal und Robin erhofft hatten.

Das Buch von Barne und Buchan quillt von alltäglichem Humor geradezu über und driftet dabei aber zu keinem Zeitpunkt in eine parodistische Richtung ab. Vielmehr werden die zwei Hauptcharaktere unglaublich liebevoll mit Ecken und Kanten versehen, die beide für das Publikum trotz ihrer Alltäglichkeit zu hochinteressanten und identifizierbaren Figuren machen, was Regisseur und Choreograph Tim Jackson wunderbar herausarbeiteen. Obwohl es ein Zwei-Personen-Stück ist, das eine aus dem Leben gegriffene Geschichte erzählt, entstehen keinerlei Längen. Die facettenreiche Musik spiegelt sämtliche menschliche Emotionen wieder, durch die die beiden Protagonisten auf ihrer kleinen Selbstfindungsreise gehen müssen. Dabei sind durchaus ohrwurmträchtige Melodien entstanden, die vor allem aber durch die direkt ins Herz gehenden Songtexte leben.

Das Stück wartet mit einem sehr ungewöhnlichen Bühnenbild auf, das die Vergänglichkeit und Episodenhaftigkeit der Story widerspiegelt: Etliche silberne Hartschalenkoffer sind über- und nebeneinander gestapelt und mimen so beeindruckend simpel die Skyline von New York City. Wenn sich die Drehbühne bewegt, entstehen immer neue Blickwinkel. Zudem können speziell präparierte Koffer auch aufgeklappt werden, sodass Micro-Settings wie eine Bar, ein Kühl- oder Kleiderschrank, sogar ein Hotelbett entstehen. Das subtile Lichtdesign unterstützt die Wirkung des durch seine Einfachheit besonders ausdrucksstarken Bühnenbilds und setzt die Charaktere vor allem in ihren monologischen Passagen optimal in den Fokus. Für besondere Herzschmerz-Momente sorgt der Schneefall, der bei Robins und Dougals Abschied in einer kalten New Yorker Winternacht für Atmosphäre sorgt. Jacksons Choreographien beschränken sich auf das Nötigste, was dieser Geschichte perfekt zu Gesicht steht. In den turbulenteren und heiter-lustigen Szenen können seine Bühnenabläufe aber auch durchaus den Humor des Stücks bestärken, indem er kontrolliertes Chaos auf der Bühne entstehen lässt.

Sam Tutty und Dujonna Gift sind mit exzellenten Gesangsstimmen gesegnet, die allein schon den Besuch des Musicals wert wären. Die gefühlvoll von der kleinen Band unter Tamara Singers Leitung gespielten und von der Stimmung her sehr variierenden Songs mit berührenden Broadway-Melodien werden von Gift und Tutty auf ein höheres Niveau gehoben. Jeder Phrase geben sie Persönlichkeit, Emotion und Bedeutung.

Gift portraitiert Robin als zunächst zynisch-kühle, dauergestresste Klischee-New Yorkerin aus der unteren Arbeiterschicht, lässt ihre Figur allerdings Stück für Stück auftauen. Sie kitzelt aus Robin viele heitere Nuancen und einen groben Sinn für Humor heraus, entblättert sie aber gleichzeitig auch seelisch immer mehr. Am Ende zeigt sich ihre Robin als zutiefst verletzte, mit Depressionen kämpfende, einsame Seele. Diese Entwicklung geht Tutty mit ihr zusammen durch und lässt seinen Dougal als Cheerleader seiner Schwägerin-in-Spe auftreten. Doch auch sein Charakter muss trotz seines übertrieben heiter-unbeschwerten Lebensstils auf dem harten Boden der Tatsachen landen und realisieren, dass sein Vater sich nie für ihn interessiert hat. Dieser Moment rührt das Publikum zu Tränen. Gift überwältigt mit ihren Liedern „What It’ll Be“ und „Be Happy“, sowie am Ende mit „This Year“, was gleichermaßen die Songs mit dem größten emotionalen Impact des gesamten Scores sind. Tuttys Entwicklung wird durch die Songs „Dad“ und „About To Go In“ rührend dargestellt. Da diese Geschichte menschlicher nicht sein könnte, werden neben Herzschmerz und Sehnsucht auch Aspekte wie sexuelle Gelüste in „On the App“, Streit und Konflikte in „The Argument“ und „He Doesn’t Exist“, Zuneigung und aufkeimende Gefühle in „Under the Mistletoe“ oder tiefe Freundschaft in „Dearly Beloved“ thematisiert.

Eine wunderbar nahbare, auf Weltklasse-Niveau dargebotene Story, die als Musical alles bietet, was zu einem Meisterwerk gehört. Jetzt fehlt nur noch der Siegeszug vom West End aus an den Broadway und um die Welt!

 
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KREATIVTEAM
MusikJim Barnes
Buch / TextKit Buchan
InszenierungTim Jackson
Musikal. LeitungTamara Saringer
OrchestrierungLux Pyramid
DesignSoutra Gilmour
LichtJack Knowles
SoundTony Gayle
 
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CAST (AKTUELL)
DougalSam Tutty,
(Ellis Kirk)
RobinDujonna Gift,
(Tanasha Chege)
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Do, 09.11.2023 19:30Kiln Theatre, LondonPreview
Fr, 10.11.2023 19:30Kiln Theatre, LondonPreview
Sa, 11.11.2023 19:30Kiln Theatre, LondonPreview
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