Aschenbrenner: Eine CD-Produktion muss nachhaltig sein

[Drei Fragen an …] 1992/93 hat der BR die Höhepunkte der Aufführung von “Into the Woods” am Staatstheater am Gärtnerplatz in München eingespielt. Rund 20 Jahre später ist diese Aufnahme nun als CD erschienen. Drei Fragen an Wolfgang Aschenbrenner, der die Einspielung mit seinem kleinen Label bobbymusic herausgegeben hat.

Herr Aschenbrenner, Sondheim wird an deutschen Theatern sehr selten gegeben, weil er als sperrig gilt. Für die deutsche Erstaufnahme von “Into the Woods”, die Sie in diesen Tagen mit ihrem Label auf den Markt gebracht haben, ist das Schicksal als Liebhaberstück vorprogrammiert – oder?
Dem kann ich nur beipflichten. Allerdings war mir von Anfang an klar, dass ich damit kein Geld verdienen würde. Die Anregung, die BR-Aufnahme von “Ab in den Wald” auf CD herauszubringen, kam auch gar nicht von mir, sondern vom Dirigenten Herbert Mogg. Das war vor etwa vier Jahren. Damals habe ich den Plan schnell wieder fallen gelassen, weil zu erwarten war, dass ich nicht mal die Herstellungskosten zurück bekäme. Aus dem gleichen Grund hat auch das BR-eigene Label “BR-Klassik” davon Abstand genommen, die hauseigene Aufnahme zu veröffentlichen. Erst als mir in diesem Jahr zwei der Künstlerinnen und ein gemeinsamer Freund ihre finanzielle Unterstützung anboten und mich förmlich gedrängt haben, das Projekt doch nochmal anzupacken, wurde ein Schuh draus. Im Nachhinein bin ich den Dreien sehr dankbar dafür. Das Attribut “Liebhaber” beschreibt also nicht nur das künftige Schicksal der CD, sondern schon ihre Entstehung.

“Into the Woods” wird in Deutschland nicht oft aufgeführt, das Stück war in jüngster Zeit aber zum Beispiel in Hagen und Kassel zu sehen. Glauben Sie nicht, der Mitschnitt einer aktuellen Produktion wäre am Markt auf größere Resonanz gestoßen als eine zwanzig Jahre alte Aufnahme?
Die Frage ist müßig. Es gibt keinen Mitschnitt einer aktuellen Produktion. Das heißt: Die BR-Aufnahme ist auch nach 20 Jahren die einzige deutschsprachige. Wer “Into the Woods” in Michael Kunzes Adaption haben will, hat gar keine andere Wahl. Sicher, die Motivation, sich eine Cast-CD zu kaufen, liegt für viele Theaterbesucher darin, sich sozusagen die Vorstellung, die sie gerade im Theater genossen haben, mit nach Hause zu nehmen. Und die Musicalfans möchten gerne “ihre” Stars hören. Aber für die Produktion einer CD, zumindest einer Sondheim-CD, muss man nachhaltig denken. Da muss schon die Qualität stimmen. Eine Ensembleleistung wie bei der BR-Aufnahme wird man auch heute nicht so schnell finden. Und immerhin bietet die CD mit Marianne Larsen und April Hailer zwei Künstlerinnen, die für langfristigen Erfolg stehen und gerade eben wieder in Magdeburg als Norma und Dolly Musical-Maßstäbe setzen. Die beiden sind auch noch heute nicht so leicht zu toppen.
Sicher wäre es interessant, mal eine andere, vielleicht modernere, mehr “musicalhafte” All-Stars-CD zu produzieren. Wenn sich ein Investor fände, so ein Projekt zu finanzieren, wäre ich sofort dabei.

Bisher haben vor allem US-Labels “historische Musicalaufnahmen” herausgebracht, etwa die Reihe “Broadway Classics”. Wäre in Ihren Augen eine Sammlung herausragender Originalaufnahmen aus dem deutschsprachigen Musicalraum interessant?
Interessant wäre so eine “Classics”-Reihe allemal. Vor allem, was Aufnahmen abseits der privat finanzierten Produktionen aus jüngerer Zeit betrifft, die es ja sowieso schon gibt. Vielleicht sollte man einmal prüfen, welche Schätze noch in den Archiven der Rundfunksender liegen. Aber allzu viele werden es wohl nicht sein. Dazu ist das Genre Musical bei uns noch zu jung. Deshalb sollten Theaterintendanten und Rundfunkverantwortliche sich zusammentun, heute die “Classics” von morgen zu produzieren. Da sehe ich allerdings die Zukunft nicht so rosig. So etwas kostet Geld und viel Energie. Die werden nicht viele Entscheidungsträger für ein Genre aufbringen, das immer noch als kommerziell und künstlerisch zweifelhaft gilt. Vielleicht könnte eine “Classics”-Reihe mit deutschsprachigen Aufnahmen helfen, diesen Ruf zu verbessern.

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