Deutschsprachige Originalcast des Musicals von Elton John und Tim Rice. Mit Florence Kasumba, Maricel, Mathias Edenborn, Joel Karie und Kristian Vetter.
Tolle Musik? Wie man es nimmt. Die richtigen Darsteller? Kann man drüber streiten. Eine Klasse-Show? Lässt sich nicht so einfach sagen. Die Stage Holding hat eine sehr gut gemachte Cast-Aufnahme zur Essener Aida-Produktion vorgelegt. Doch die in Musicalkreisen kontrovers diskutierten Fragen wird sie damit nicht entscheiden können. Ob man „Aida“ mag oder nicht, das ist offenbar, mehr noch als bei anderen Musicals, einfach eine Geschmacksfrage.Fangen wir also mit den wohl unstrittigen Dingen an. Maricel hat mit der zugleich oberflächlichen und tiefgründigen Figur der Amneris offenbar ihre Paraderolle gefunden. Kristian Vetter brilliert auch stimmlich als intriganter Radames-Vater Zoser („Eine Pyramide mehr“). Und Ex-Simba Joel Karie ist als Kammerdiener Mereb ebenfalls eine Optimalbesetzung („Ich kenn dich“).Dass die Stage Holding in Anzeigen nach einem Aida-Übersetzer gesucht hat, war offenbar eine Verhandlungsstrategie – denn an Übersetzer-Papst Michael Kunze in dieser Form („Mein Sinn für Stil“) kommt niemand vorbei. Die musikalischen Einspielungen sind ebenfalls, mit wenigen Ausnahmen (etwa in den reinen Instrumentals), druckvoll und von solider Qualität. Und Elton John hat einige wirklich schöne Gegengesänge geschrieben. Warum also noch diskutieren? Florence Kasumba gibt die Titelrolle mit kantiger Stimme. Das passt gut zu ihrer sehr emanzipierten, selbstbewussten Rolleninterpretation, ist aber nicht immer schön anzuhören. Mathias Edenborn klingt dagegen sehr glatt. Auch hier gilt: Das passt zu Radames, klingt manchmal aber ein wenig schmalzig. Geschmacksfrage 1: Möchte man auf einer CD lieber angenehmen Gesang, der auch ohne Kenntnis der Story packend ist – oder authentische, rollengerechte Interpretationen?
Elton John hat für „Aida“, entgegen seinen Beteuerungen, keinen eingängigen Hit geschrieben, sondern eine Balladensammlung.
Die Folge: Man muss sich erstmal einhören. Beim ersten Durchlauf (egal ob auf der Bühne oder auf CD) bleibt wenig hängen, die Musik klingt austauschbar und nichtssagend. Je häufiger und genauer man hinhört, umso mehr entdeckt man die vielen kleinen Perlen in der durchgehend eher getragenen Partitur. Geschmacksfrage 2: Möchte man lieber eingängige, flotte Songs, die man auch gut „nebenbei“ hören kann – oder schwer zugängliche, aber schöne Balladen?
Für Geschmacksfragen gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Statt eines Fazits daher an dieser Stelle eine Vorhersage: Die CD wird polarisieren. Bei den Gegnern verstaubt sie unter „durchschnittliche Massenware“ im Regal, bei den Fans dreht sich wochenlang im CD-Player nichts anderes.