The Woman in White
London / 2004

Andrew Lloyd Webbers neustes Werk in der Besetzung der Londoner Uraufführung mit Maria Friedman und Michael Crawford. Komplett auf 2 CDs.


Zunächst einmal sei gesagt, dass die musikalische Tragödie um die „Frau in Weiß“ recht unaufregend daher kommt. Weder beim ersten, noch beim zweiten Hören bleibt man irgendwo „hängen“ und hört einen Song erneut.

Dennoch ist diese Doppel-CD insofern etwas Besonderes, als dass sie ein originaler Mitschnitt der Premierenaufführung vom 15. September 2004 ist. Wie Produzent Nigel Wright im Booklet versichert, ist die Akustik im Londoner Palace Theatre derart hervorragend, dass sich eine Live-Aufnahme geradezu aufgedrängt hat.

Die Applauseinlagen wurden jedoch bearbeitet bzw. herausgeschnitten. Lediglich der letzte Song auf der 2. CD ist dann eine wirklich hörbare Live-Aufnahme von Michael Crawfords großem Solo und fungiert damit als eine Art Bonustrack.Das größte Manko dieser CD ist, dass keiner der 23 neuen Lloyd Webber Songs Ohrwurmqualität besitzt. Allenfalls „All For Laura“ – das Finale des 1. Akts – zeigt ansatzweise die Intensität, die man musikalisch von einem der bekanntesten viktorianischen Thriller erwartet.

Dies ist vor allem Maria Friedman zu verdanken, die hier ihre schwesterliche Liebe für Laura mit tiefen Emotionen und viel Ausdruck darbietet. Leider hat sie auf dieser Aufnahme ansonsten nicht viele Möglichkeiten, ihre Qualitäten unter Beweis zu stellen.Martin Crewes liefert als „Walter Hartright“ eine gute Leistung ab. Die warme Stimme des ehemaligen „Marius“ aus „Les Misérables“ passt gut zum romantischen Kunstlehrer, der die Herzen beider Schwestern erorbert. Dies kommt besonders bei „Evermore Without You“ zur Geltung.

Die Amerikanerin Angela Christian gibt in der Titelrolle der „Anne Catherick“ ihr West End Debüt. Leider ist das, was sie ihrer Stimme abverlangt, kaum hörenswert. Das kreischig intonierte Flehen um Hilfe ist sogar zeitweise kaum zu ertragen.

Wesentlich angenehmer ist es, die Vielseitigkeit von Jill Paice als „Laura“ zu erleben, die sowohl als verliebtes Landmädel, als auch als unterdrückte Ehefrau und schließlich als eingewiesene Wahnsinnige eine gute Figur macht.Mit Spannung erwartet wurde vor allem Michael Crawfords Leistung, der in der Rolle des „Count Fosco“ wieder ans West End zurückgekehrt ist. Als eitler italienischer Graf bestreitet er pro Akt ein Solo, wobei jedoch sein „You Can Get Away With Anything“ im zweiten Akt besonders hervorsticht.

Dank seiner langjährigen Bühnenerfahrung, verleiht er dem unsympathischen, schmierigen Zeitgenossen genau die richtige Stimme. Im Bonus-Track ist auch zu hören, wie sich das Publikum köstlich über seine komödiantische Darstellung amüsiert.Kompositorisch bleibt „The Woman In White“ weit hinter den Erwartungen zurück. Das Stück ist komplett durchkomponiert, aber vor allem im zweiten Akt häufen sich die Reprisen. Lloyd Webbers Melodien plätschern ungewöhnlich seicht dahin.

Auch diese Neuschöpfung kommt nicht ohne Rückgriffe auf vorangegangene Produktionen aus. So findet man sich stilistisch recht häufig in der Nähe von „Evita“ oder „Whistle Down The Wind“ wieder.Das Booklet dieser Doppel-CD beinhaltet auch ein umfassendes Libretto. David Zippels Texte sind sicherlich kein Meilenstein der Musikgeschichte. Dennoch empfiehlt es sich, beim Hören öfter mal einen Blick ins Booklet zu werden. Denn die Musik allein trägt weder zum Spannungsaufbau, noch zum Verständnis der Geschichte bei.

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