Aufwändig produzierte Aufnahme mit Starbesetzung.
An dieser Partitur haben sich schon ganz andere Kaliber die Zähne ausgebissen: Stephen Sondheims „Sweeney Todd“ ist nichts für Anfänger – die komplexe und opernhaft angelegte Musik verstört mit Dissonanzen, variiert mit aggressiven Tempiwechseln unablässig ihren Rhythmus und die innere Struktur, besticht durch intelligente motivische Verflechtungen, die es detailscharf zu interpretieren gilt und hält vor allem extrem schwierig zu singende Gesangsparts bereit. Eine Aufgabe, an der nicht-professionelle Sänger sowieso nur scheitern können. Und doch hat sich Regisseur Tim Burton bewusst dafür entschieden, in seiner Leinwand-Adaption des Stückes singende Schauspieler und nicht spielende Sänger agieren zu lassen, indem er nahezu sämtliche Rollen mit Darstellern besetzt hat, die über keine nennenswerte Gesangsausbildung oder -erfahrung verfügen.Dies muss man wissen, bevor man sich den Soundtrack zu dieser Musical-Verfilmung zulegt, der noch vor dem Deutschland-Start in den Kinos in einer Highlights- sowie in einer üppiger ausgestatteten Komplett-Edition veröffentlicht wurde. Wen es also nach relevanten Neuinterpretationen solch wunderbarer Songs wie „A Little Priest“ oder „My Friends“ dürstet: Finger weg von dieser CD – solche Erwartungshaltungen können nur enttäuscht werden, denn hinsichtlich ihres stimmlichen Volumens und ihrer interpretatorischen Möglichkeiten hat diese Film-Besetzungsriege nur wenig zu bieten.Vor allem Johnny Depp, spektakuläre Starbesetzung der Titelfigur, stößt nur allzu schnell an die eng gesetzten Grenzen seines gesanglichen Vermögens. Weitaus glücklicher agiert da schon Helena Bonham Carter – Tim Burtons Lebensgefährtin und ebenso wie ihr Filmpartner zum festen Darstellerpersonal des Regisseurs gehörend. In der Rolle der Mrs. Lovett hat sie die gesangstechnisch schwierigsten Passagen zu bestreiten. Doch wenngleich sie das auch wirklich anerkennenswert ordentlich macht – der ständige Kampf mit dem anspruchsvollen Material ist auch ihren Songs anzuhören. Für eine gefällige „Johanna“–Version sorgt Jamie Campbell Bower, in der Rolle der so angesungenen interpretiert Jayne Wisener mit warmer Stimme „Green Finch and Linnet Bird“, während es Sacha Baron Cohen – besser bekannt unter seinen Pseudonymen Ali G. oder Borat – gelingt, einen gut aufgelegten Pirelli zu geben. In der Rolle des Judge Turpin ist Alan Rickman zu hören. Eine erfreuliche Überraschung hat diese Aufnahme jedoch parat: In der Rolle des jugendlichen Toby wagt sich der Schüler Edward Sanders mit herzerfrischender Unbekümmertheit und viel Selbstbewusstsein an seine Songs heran und überzeugt zudem mit einer anrührenden Version von „Not While I’m Around“.
Ungleich fulminanter als die stimmlichen Leistungen präsentiert sich die Musik, die für diese Aufnahme mit einem 64-köpfigen Orchester eingespielt wurde und in jeder Hinsicht in die Vollen geht – leider jedoch auch hinsichtlich ihrer Abmischung, denn oft genug können sich die ohnehin nur schwachbrüstigen Stimmen nicht gegen die Armada von Streichern und Pauken durchsetzen. Außerdem verlieren sich durch die reiche Instrumentierung viele Details und Nuancen der Partitur. Aber wie gesagt: Es handelt sich hier um den Soundtrack eines Filmmusicals, nicht um mehr, nicht um weniger. Wer sich darauf einlassen kann, darf sich auf eine aufwändig produzierte Aufnahme mit Starbesetzung freuen.