Romantische Beziehungen sollten im Optimalfall glücklich und über die Jahre hinweg stabil sein. Sie können aber auch abrupt nach wenigen Jahren enden. Davon erzählt Jason Robert Browns Kammermusical, das in Nadine Aßmanns cineastisch inspirierter Inszenierung emotional berührt.
Nach fünf Jahren ist ganz zu Beginn der Aufführung Schluss mit der Beziehung von Cathy und Jamie. Wie in früheren Jahren im Kino üblich, dokumentiert Regisseurin Nadine Aßmann das Aus mit der Einblendung „The End“ auf der am hinteren Bühnenende hängenden Leinwand. Ihre ganze Inszenierung ist vom Medium Film inspiriert und bedient sich cineastischer Mittel, wie Bewegungen in Zeitlupe bei besonders emotionalen Ereignissen. In anderen Szenen ruckelt wie beim guten alten Film aus Zelluloid kurz Filmkörnung durch das Bild. Wie in einem Filmatelier warten an den Seiten stehende, mit weißen Tüchern abgedeckte Versatzstücke auf ihren Einsatz. Die Protagonisten tragen sie auf die Bühne, enthüllen weißes, leicht schäbig wirkendes Mobiliar, und flink geht die Handlung weiter.
Dieser Regie-Ansatz, der von Aßmanns Ausstattung und dem Bühnenbild von Alexander Barmenkov unterstützt wird, passt hervorragend zu den beiden gegenläufigen Erzählperspektiven ein und derselben Geschichte. Jamies Songs erzählen in zeitlicher Reihenfolge vom Kennenlernen, Verlieben, Heiraten bis hin zum Scheitern und seinen Auszug aus der gemeinsamen Wohnung. Cathys Perspektive ist angelegt wie das Rückwärtsspulen eines Films vom bitteren Ende bis zum hoffnungsfrohen Beginn der Beziehung. Beide Stränge kreuzen sich zum Ende des ersten Aktes bei der Hochzeit – dem einzigen Moment, in denen das Paar gemeinsam singt („Die nächste Stunde“).
Die Inszenierung fokussiert sich dabei auf die Emotionen der beiden Protagonisten. Auch wenn sie nacheinander abwechselnd ihre Songs singen, ist die andere Person stumm mit auf der Bühne und agiert als Partner. Regisseurin Aßmann zaubert dabei immer wieder bewegende Bilder, bei denen sich wie bei einer Achterbahnfahrt die Gefühle abwechseln. Ist zum Beispiel Cathy von ihrem beruflichen Karriereschub überzeugt („Ich komme voran“), folgt von Jamie mit „Wäre ich nicht überzeugt von dir“ eine verbitterte Anklage an seine sich ihm entfremdende Ehefrau.
Mit Ira Theofanidis und Andreas Bongard stehen zwei ausdrucksstarke Darsteller und Sänger auf der kleinen Bühne, die kaum Wünsche offen lassen. Auch wenn Theofanidis in der besuchten Premiere in ihrem ersten Song „Ich steh weinend da“ die Spitzentöne etwas kreischig herauspresst, gibt sich das im Laufe der Aufführung und sie begeistert insgesamt mit einem schönen, samtweichen Musicalsopran. Als Jamie ist Andreas Bongard ein gleichwertiger Partner, der vor allem im Weihnachtsbild mit den verschiedenen Figuren im Song vom jüdischen Schneider Schmul seine Wandlungsfähigkeit präsentieren kann. Als dritter Musical-Profi sitzt Damian Omansen als musikalischer Leiter rechts vor der Bühne am Piano und bringt aufmerksam Jason Robert Browns abwechslungsreiche wie anspruchsvolle Partitur akustisch zum Funkeln.
Wenn im Finale wieder „The End“ auf der Leinwand erscheint, schließt sich der Kreis für eine von Anfang bis Ende wirklich gelungene Aufführung abseits des kommerziellen Musical-Mainstreams. Gerne mehr davon!
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