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Gil Mehmerts für das Staatstheater Nürnberg entwickelte Inszenierung von „Catch Me If You Can“ gefällt auch am Staatstheater Darmstadt mit rasantem Tempo und einem klugen Konzept.
Die beiden Hauptrollen der Show sind für die Übernahme neu besetzt worden, mit Riccardo Greco als Frank Abagnale Jr. und Alen Hodzovic als Carl Hanratty jedoch nicht unbedingt altersgerecht. Dadurch bleibt vor allem die Vater-Sohn-Beziehung, die sich während des Katz-und-Maus-Spiels zwischen den beiden entwickelt, ein wenig auf der Strecke. Greco will man vor allem am Anfang des Stücks den gerade mal 16-jährigen Schüler nicht so recht abnehmen. Dennoch gelingt es ihm sehr schön, die Traurigkeit herauszustellen, die die im Buch eher eindimensional gehaltene Figur in sich trägt. Grecos Frank ist nicht nur der ewige Strahlemann mit unwiderstehlichem Optimismus, dem die Welt in seiner eigenen ‚Show-Welt‘ willenlos zu Füßen liegt und sogar käuflicher Sex einfach so ohne Bezahlung zufällt. Den im Grunde unglücklichen und Halt suchenden jungen Mann, der von heute auf morgen seine Familie verloren hat, holt er immer wieder sehr gekonnt hervor. Das verleiht der Figur die ansonsten fehlende Tiefe, was sich auch in der hier sehr glaubhaft dargestellten Beziehung zu Brenda zeigt.
Alen Hodzovic ist in seiner Bühnenerscheinung weit weg von einer Vaterfigur für Frank, was auch Auswirkung auf Carls mitreißenden Showstopper „Brich kein Gesetz“ hat. Der fesselnde Irrsinn dieser Nummer speist sich nicht zuletzt aus der Komik, dass ein verschrobener und merklich in die Jahre gekommener FBI-Agent mit nur limitiertem körperlichen Bewegungspotential auf einmal zu tänzerischen Höchstleistungen in der Lage ist, wenn er nur über seine nach wie vor ungebrochene Leidenschaft der unerschütterlichen Gesetzestreue berichten darf. Dieser Aberwitz muss allerdings aufgebaut werden und kommt hier nicht zur Geltung, da Hodzovic Hanratty auch vor und nach dieser Szene zwar tollpatschig, aber gleichwohl körperlich äußerst agil anlegt. Hodzovic probiert viel, um die Rolle des exzentrischen Einzelgängers in den Griff zu bekommen: Mal gibt er ihn mit nerdhafter Trotteligkeit, mal mit panischem Hyperaktivismus und auch mal mit hechelnd-sabbernder Schnappatmung. Im Waffenarsenal eines Komödianten sind diese Mittel Axt und Schwert, für eine glaubwürdig-stimmige Charakterzeichnung von Carl Hanratty bedarf es jedoch des feinen Floretts, um ihn richtig gut werden zu lassen.
Gesanglich sind die beiden Hauptdarsteller dieser Produktion, die auf Grundlage von Gil Mehmerts Inszenierung von Till Kleine-Möller szenisch einstudiert wurde, allerbestens aufgestellt. Dies gilt auch für die Nebenrollen wie Franks Vater, den Dirk Weiler singt und spielt. Die Beziehung von Frank zu seinem Vater ist sehr schön herausgearbeitet und es ist zutiefst anrührend, den innerlichen Verfall des einstmals stolzen Frank Abagnale Sr. zu verfolgen. Höhepunkt von Vater und Sohn ist jedoch die optimistische Nummer „Butter aus der Milch“, die Greco und Weiler stilecht mit lässig-selbstsicherer Jazz-und Swing-Attitüde interpretieren.
Ebenfalls sehr gelungen ist die szenische Auflösung von Brendas Lied „Flieg, flieg ins Glück“, das Inga Krischke mit starker Stimme vorträgt. Im Grunde genommen handelt es sich bei diesem Titel um eine recht unmotivierte Solonummer zum Selbstzweck ohne inhaltlichen Mehrwert, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu Franks großem Finalsong eigentlich nur stört. Doch Mehmert entzieht diesen Song auf eine sehr smarte Art und Weise dem narrativen Fluss, indem er ihn als in sich geschlossene Nummer im Stil einer großen Soul-Ballade mit Glitzerkugeln und Background-Sängerinnen im geschlitzten Abendkleid präsentiert. Dadurch hält die Erzählung für einen strahlenden Moment inne und gibt dem Song „Goodbye“, der danach die Handlung wieder aufgreift, die nötige Luft zum Atmen.
Auch die anderen Elemente der Inszenierung setzen sehr gekonnt die Grundidee des Stückes um, die Geschichte in Form einer Fernsehshow zu erzählen: Dies betrifft sowohl die äußerst wandelbare Bühne von Jens Kilian, mit der sich eine Flughafenhalle flugs in ein Fernsehstudio mit bunt leuchtender Showtreppe verwandeln lässt, als auch die einfallsreiche und rasante Choreografie, die in Darmstadt sehr wirkungsvoll von Yara Hassan auf Grundlage der Arbeit von Melissa King in Nürnberg einstudiert worden ist. Die schön gezeichneten und teilweise animierten Videoprojektionen des Comic-Künstlers Fufu Frauenwahl bringen zusätzlich eine unverwechselbare Note ein und illustrieren etwa gekonnt Franks Fälscherwerkzeug als Product Placement in der Fernsehshow. Eine besonders starke Leistung liefern die Musiker des On-Stage-Orchesters unter der musikalischen Leitung von Michael Nündel ab, die den klassischen Big-Band-Sound ebenso präzise zu Gehör bringen wie die mitreißenden Ensemblenummern des Stückes.
„Catch Me If You Can“ ist also auch in der Darmstädter Variante alles in allem eine gelungene und sehenswerte Produktion eines bislang unter Wert verkauften Stückes. Trotzdem bleibt ein Wermutstropfen: Eine Show wie diese, die nicht zuletzt auf Show-Opulenz setzt, im Großen Haus eines Staatstheaters mit gerade einmal fünf Darstellerinnen für die Rollen der Showgirls zu besetzen, wird dem Stück nicht gerecht und wirkt wie auf Sparflamme gestellt. War es bislang hauptsächlich der Klangkörper von Musical-Produktionen, der solcherlei Kostenoptimierungs-Orgien ausgesetzt war, geht es nun anscheinend auch an das, was der Zuschauer ‚on stage‘ zu sehen bekommt und nicht ’nur‘ hört. Eine Besetzungspolitik, die Zweifel daran aufkommen lässt, wie ernst man es seitens der Theatermacher mit dieser Form des Musiktheaters wirklich meint.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Michael Nündel |
Regie | Gil Mehmert |
Co-Regie | Till Kleine-Möller |
Bühne | Jens Kilian |
Kostüm | Falk Bauer |
Video | Fufu Frauenwahl |
Choreografie | Melissa King |
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CAST (AKTUELL) |
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Frank W. Abagnale Jr | Riccardo Greco David Jakobs | |||
Carl Hanratty | Alen Hodzovic Rob Pelzer | |||
Frank Abagnale Sr. | Dirk Weiler Martin Planz | |||
Paula Abagnale | Anais Lueken, Amber Eul | |||
Brenda Strong | Inga Krischke | |||
Roger Strong / Agent Dollar | Markus Schneider Peter Lesiak | |||
Carol Strong / Diane | Tanja Schön | |||
Agent Cod / Jack Barnes | Tim Hüning | |||
Cheryl-Ann | Yara Hassan | |||
Direktorin | Shari Lynn Stewen-Dietrich Anneke Brunekreeft | |||
Betty | Ulrike Ahrens | |||
Schalterbeamter / Schneider / Kellner | Adrian Hochstrasser Christian Louis-James | |||
Sportler / Pilot / Assistenzarzt | Robert Johansson | |||
Streber / Pilot / Assistenzarzt | Giuliano Mercoli | |||
Staatsorchester Darmstadt |
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GALERIE |
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