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Dieser Musical-Krimi um Sherlock Holmes weiß vor allem durch ein außergewöhnlich virtuoses Ensemble zu überzeugen. Das Stück bietet einen kurzweiligen Theaterabend, bei dem der Zuschauer – ob Holmes-Fan oder Laiendetektiv – zum Miträtseln verleitet wird und die eine oder andere Überraschung erlebt.
Nach der Uraufführung 2019 in Hamburg wurde es Corona-bedingt still um das Musical aus deutschsprachiger Feder mit Buch von Rudi Reschke und Musik von Christian Heckelsmüller. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat sich „Sherlock Holmes“ nun auf den Weg durch Deutschland gemacht, um sein neuestes, nicht vom Originalautor Arthur Conan Doyle verfasstes, Rätsel bühnentauglich zu lösen.
Der Einstieg in die Handlung ist sowohl für Kenner der Sherlock-Geschichten als auch für absolute Newbies schnell gelungen – wobei alteingesessene Doyle-Leser sicherlich an einigen Andeutungen der Figuren ihre Freude haben. 1898, Reichenbachfälle, Schweiz: Endlich hat Sherlock Holmes seinen Widersacher James Moriarty gestellt, der für den Tod seiner heimlichen Liebe Irene Adler verantwortlich zeichnet. Ein altägyptisches Artefakt namens Auge des Horus in Irenes Besitz war ihr Todesurteil. Sherlock gelingt es, seinen Erzfeind in den Tiefen des Wasserfalls zu versenken und das Artefakt zu sichern. 1910, London, British Museum: Während der feierlichen Eröffnung der ägyptischen Ausstellung, bei der das Auge des Horus das wertvollste Exponat darstellt, wird ein Mordattentat verübt und der Schatz entwendet. Ein Fall für Sherlock Holmes! Schnell kristallisieren sich mögliche Verdächtige heraus – doch scheint dieses Verbrechen auch einen direkten Bezug zu Sherlocks Vergangenheit nach den Vorfällen um seinen Gegner Moriarty und seine Geliebte Irene zu haben. Glücklicherweise erhält der etwas in die Jahre gekommene Meisterdetektiv bei diesem Rätsel nicht nur Unterstützung seines ebenso leicht gealterten Freundes Dr. Watson, sondern auch in Form des jungen Mannes John und der Tochter der Museumskuratorin Catherine – eine „Next Generation“ an Detektiven löst ihren ersten Fall…
Das Buch bietet einige nahezu unvorhersehbare Handlungswindungen und -wendungen, die die Spannung durch das Stück hinweg halten. Wegen vieler die Handlung nicht weiterführende Song-Einschübe und übermäßig vieler komödiantischer Elemente im ersten Akt wird diese Spannung jedoch auf der anderen Seite leider allzu oft wieder gedämpft. Erst ab dem zweiten Akt nimmt das Stück an Fahrt auf, die Erzählung wird ernster und düsterer und die Lieder unterstreichen nunmehr ausschließlich wichtige Aspekte der Charaktere, ihrer Entwicklung und der sich zuspitzenden Handlung auf. Insofern ist der zweite Akt der deutlich stärkere von beiden, der über die Längen und Schwächen des ersten Aktes gut hinwegtröstet.
Die Melodien von Christian Heckelsmüller sind allesamt eingängig und schön anzuhören. Der Komponist bedient sich effektvollaus verschiedenen musikalischen Sparten – von klassischen Musical-Balladen über Operntöne bis hin zu Hiphop-Rhythmik und orientalischen Tönen ist ein großes Repertoire abgedeckt, wobei wahrscheinlich das Titellied „Ein Fall für Sherlock Holmes“ den größten Wiedererkennungswert birgt. Die Songtexte decken sich in einigen Liedern rhythmisch mit dem Takt der beschwingten Melodien nicht richtig, was an manchen Stellen den Hörgenuss und „flow“ stört. . Heckelsmüllers Melodien sind vor allem in den dramatischen Passagen fast schon epochal angehaucht. Sie gehen, vor allem in den instrumentalen Hintergrund-Einspielungen außerhalb der Sololieder, besonders eindrucksvoll ins Ohr und erinnern in diesen Momenten an große Hollywoodfilme und monumentale Broadway-Musicals.
Die Tourproduktion ist stimmig inszeniert. Das Bühnenbild besteht aus einem großen, zum Zuschauerraum hin ausgewölbten Vorhang, auf dem allerlei Projektionen verschiedene Handlungsorte andeuten. So sehen wir im einen Moment die Baker Street, im anderen ein Krankenhaus, eine Leichenhalle, das British Museum, einen Ballsaal oder Hafendocks. Die Vorhänge bieten auch Möglichkeiten für Schattenspiele von Darstellern. Auf der Brücke oberhalb des Gerüstes eröffnet sich eine zweite Spielebene, die für Monologe, Verfolgungsjagden oder eindrückliche Gesangssoli benutzt wird. Die Wölbung der Konstruktion ermöglicht es zudem, den Bühnenraum in zwei Teile zu untergliedern, in dem wiederum einzelne Räume entstehen. Diese werden durch hochwertige Requisiten und Möbel auf kleinen Rollwägen illustriert. So werden beispielsweise ganze Krankenhausbetten und Straßenlaternen vom Ensemble durch die Szenen geschoben. Was anfangs etwas störend wirkt, eröffnet aber die Möglichkeit, innerhalb einer Szene dynamische Perspektivwechsel zu ermöglichen – insofern also eine gelungene Inszenierungsidee.
Das Lichtdesign lässt kaum einen Wunsch offen. Stimmungsvoll düster und mysteriös wird die Bühne oftmals in Blautöne getaucht und das Licht mittels Nebeleffekten gedimmt verstreut. Einzelne Szenen werden mit Spots vom restlichen Bühnenraum abgegrenzt, dynamische Kämpfe mit stroboskopischen Lichteffekten untermalt. Das Licht ist ein wichtiges Element der wohl lustigsten Szene des Stücks, in der ein sehr alter, gebückt laufender Butler äußerst zeitintensiv durch einen Saal tappst, um Stühle zu sortieren und ihm der Lichtspot ungeduldig den Weg weist, ihn immer wieder zu schnell aus dem Lichtkegel nimmt und ihn versucht zu hetzen. Insgesamt ausgesprochen professionell und virtuos umgesetzt!
Dies gilt leider nicht für das Sounddesign. Die schönen und hochwertig produzierten Instrumentals klingen oft blechern und dumpf, reichen nicht weit in den Zuschauerraum hinein und verschmelzen nicht genügend mit dem Gesang des Ensembles – es klingt bei diesem Tourstopp zumeist so, als würden die Sänger*innen zu einem alten Playback aus der Karaoke-Box ihr Bestes geben. Der Hall im Saal lässt die Akustik so verwaschen wirken, dass man in vielen Passagen nicht einmal die Sprechakte einwandfrei verstehen kann. Zudem fallen häufig Mikrofone mitten in Monologen kurz aus oder werden zu früh abgeschaltet, wenn die Darsteller*innen ihre Sätze noch nicht beendet haben. So verhindert der Ton stellenweise, dass das Publikum in die Handlung hineingezogen wird.
Die ambitionierten Choreographien sind allesamt schön anzusehen und wirken stets gekonnt umgesetzt. Das Musical leidet bedauerlicherweise aber unter dem Phänomen der Über-Choreographie; man meinte es wohl zu gut. Oftmals lenken die Tänze nicht nur von den schönen und eingängigen Liedern ab, sondern stören auch innerhalb der Handlung und lassen die aufgebaute Spannung mit den zu großzügig genutzten Tanzeinlagen wieder verpuffen – ein Negativbeispiel dafür ist das Lied „Eitelkeit“ im ersten Akt, bei dem gefühlt jedes Wort ver- oder zertanzt wird. Trotzdem gibt es innerhalb dieser Sparte einige sehr gelungene Bilder, die im Gedächtnis bleiben – dies sind allerdings zumeist die eher reduzierten Abläufe: Doktor Watson im Fieberwahn sieht sich an seine Zeit im Kriegsdienst zurück erinnert und wird von Geistern der Vergangenheit traktiert, die als Kriegsverletzte eine beeindruckende Choreographie darbieten. Vor allem im zweiten Akt wirkt die Choreographie wesentlich zahmer, was dem Stück sehr gut tut und die Dramatik der Handlung unterstreicht. Besonders positiv hervorzuheben sind vielmehr die actionreichen Bühnenkämpfe in Slow-Motion und Echtzeit, die über den Abend verteilt stattfinden. Das sieht man selten so überzeugend und dynamisch dargestellt wie hier.
Das eigentliche Highlight ist allerdings die grandiose Besetzung. Nur selten kann man ohne Abstriche jedes einzelne Ensemblemitglied so herausragend loben. Sie sind durch die Bank allesamt so gut, dass es schon wirklich schade ist: Sie können in den schönen, aber mit kleinen Ausnahmen wenig fordernden Partituren nicht ihr volles stimmliches Potenzial entfalten und wirken nahezu unterfordert. Auch schauspielerisch ist jeder Darsteller und jede Darstellerin herausragend. Es erscheint kaum möglich, einzelne Mitglieder des Ensembles lobend über andere zu stellen – einige ganz besondere Glanzmomente der einzelnen Akteure:
Ethan Freeman ist Sherlock Holmes in Fleisch und Blut übergegangen. Seine Ausstrahlung lässt von Sekunde eins keinen Zweifel an seinem Scharfsinn und Intellekt und seiner beinahe Monk-ähnlichen Pedanterie. Mit scharfen Kommentaren und abgebrühten Schlussfolgerungen lässt er einen starken Kontrast zur Zerrissenheit und Verwirrung seiner Figur im weiteren Handlungsverlauf entstehen, wie es nur ein virtuoser Bühnenstar wie Freeman kann. Doch er muss sich vorsehen, die „Next Generation“ ist auf dem Vormarsch: Florian Minnerop gibt einen eindrucksvollen John mit einer schier unglaublichen stimmlichen Bandbreite bis in die höchsten glockenklaren Falsett-Töne, die er in seinen Solos „Zu dir“ und „Matrix“ darbietet. Sein Schauspiel ist durchweg überzeugend und sympathisch, seine Bühnenchemie mit Freeman und vor allem mit Alice Wittmer als Catherine Mason wunderschön anzusehen. Selten gelingt es zwei Darstellern, das so oft schwierig zu spielende Liebespaar, das sich gerade erst findet, so überzeugend zu mimen. Wittmer selbst gibt ihrer Figur eine toughe, emanzipierte Note, die im Musicaltheater oft schmerzlich vermisst wird – und dazu singt sie auch noch grandios! Ihr Solo „Frei“ ist ein Genuss für die Ohren. Aciel Martinez als Spiritist Aleister Crowley gibt die größte Stimmgewalt der Show in seinen epochalen Liedern „Magie“ und „Götter“ zum Besten.
Annette Lubosch als Haushälterin Miss Hudson und okkulte Kunstmäzenin Lady Chamberlain und weiteren kleineren Rollen überzeugt durchweg in jeder einzelnen Figur so sehr, dass man beinahe vergisst, dass es sich um dieselbe Schauspielerin handelt. Ihr Gesangspart in „Tanze Walzer“ mit tollem Opernsopran bleibt im Gedächtnis. Matthias Otte als Dr. Watson lässt die Zuschauer nach seinem eindrücklichen und überwältigend kraftvoll vorgetragenen Solo „Schatten“ baff zurück, nachdem er auch schauspielerisch in der Rolle des typischen britischen Intellektuellen im ersten Akt bereits eine andere Facette sehr überzeugend darzustellen vermochte. Claudio Maniscalco überzeugt in mehreren Rollen; so verhilft er beispielsweise dem Syndikatsführer Kurayami mit schrulligen Bewegungen und einer kraftvollen Gesangsstimme im Lied „Opium“ zu einem weiteren Highlight des Abends. Sascha Laue soll in der Rolle des uralten und vor allem lethargischen Butlers Frederic, einer von mehreren seiner Figuren, noch besonders erwähnt werden – Comedy wie sie im Buche steht. Sonja Hermann als Mrs. Mason ist stimmlich eine Wucht in ihrem Solo „Allein“, das einem fast das Blut in den Adern gefrieren lässt und für Gänsehaut sorgt. Mit ihrer Darbietung kristallisiert sie sich als heimlicher Star des Stückes heraus.
Das insgesamt zwölfköpfige Ensemble und das spannende Buch machen diesen Abend zu einem kurzweiligen Bühnenvergnügen mit Krimi-Charme und (wenn man das Programmheft vorher nicht liest und in der Pause vor spoilernden Zuschauern flieht) jeder Menge detektivischen Rätselspaß.
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KREATIVTEAM |
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Konzept / Idee | Rudi Reschke |
Buch | Rudi Reschke Jo Quirin Christian Heckelsmüller |
Musik / Liedtexte | Christian Heckelsmüller |
Inszenierung | Rudi Reschke |
Musikalische Leitung | Christian Heckelsmüller Jeff Frohner Philipp Polzin |
Choreografie | Marta di Giulio |
Bühnenbild | Dietmar Wolf Rudi Reschke |
Kostümbild | Clarissa Freiberg |
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CAST (AKTUELL) |
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Sherlock Holmes | Ethan Freeman |
Dr. Watson | Matthias Otte |
John | Florian Minnerop |
Catherine | Alice Wittmer |
Mrs. Mason, Moriarty | Sonja Herrmann |
Miss Hudson, Lady Margaret Chamberlain, Lilly Butt Rose | Annette Lubosch |
Irene Adler, Ensemble Damen | Barbara Weiß |
Sunday Moon, Ensemble Damen | Elke Podhradsky |
Aleister Crowley | Aciel Martinez Poll |
Inspector Lestrade, Mr. Kurayami, Sawbones | Claudio Maniscalco |
Mr. Fog, Ensemble Herren | Stephan Schöne |
Moriarty, O’Neil, Frederic, Cover John, Ensemble Herren | Sascha Laue |
Mayor Strong, Ensemble Herren | Lénard Kókai |
Dance Captain, Cover für Catherine, Sunday Moon, Irene Adler | Alexandra Donarski |
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CAST (HISTORY) |
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GALERIE |
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TERMINE |
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