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KURZBEWERTUNG |
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Zum wiederholten Mal beweist Regisseur Cusch Jung, dass sich auch hinter einem Broadway-Flop ein Rohdiamant verbergen kann, der an der Musikalischen Komödie Leipzig zum Strahlen gebracht wird.
Liebe, Krieg, gesellschaftlicher Umsturz, Rache und Verlust – das knapp 700-seitige Drama von Literaturnobelpreisträger Boris Pasternak zieht alle Register eines klassischen Historien-Epos. Um die komplexe Story auf der Bühne anschaulich wiederzugeben, braucht die Musical-Fassung immerhin drei Stunden. Das Ergebnis ist eine gelungene Kombination aus großem Liebesdrama und Gesellschaftsportrait Russlands im Wandel zwischen Erstem Weltkrieg und Oktoberrevolution.
Im Mittelpunkt steht Jurij Schiwago, Arzt und Dichter aus gutem Hause, den am Tag seiner Hochzeit mit Jugendliebe Tonia die Schicksalsbegegnung mit der impulsiven Lara aus der Bahn wirft. Während sich die Wege der beiden immer wieder kreuzen und ihre Gefühle füreinander mehr und mehr aufflammen, verändert sich die Welt um sie herum radikal: Bürgerkrieg und sozialistische Revolution machen Schiwagos Familie zu Verfolgten und Schiwago findet sich immer wieder im Zwiespalt von Pflichtbewusstsein und innerer Überzeugung.
Die Musik von Lucy Simon („Der geheime Garten“) knüpft nahtlos an die großen historischen Drama-Musicals der letzten beiden Jahrzehnte an. Gerade bei den balladesken, wohlklingenden Soli und Duetten wirkt so manche Melodie ein wenig vertraut und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, ähnliches schon hier oder da gehört zu haben. Mehr Individualität zeigen die dynamisch-kraftvollen Ensemblenummern, bei denen immer wieder traditionelle russische Folklore-Elemente eingebaut werden, was sich wunderbar ins Stück einfügt und Atmosphäre schafft. Trotzdem bleibt wenig davon längerfristig im Ohr und alles in allem fehlt dem Werk über weite Strecken eine eigenständige musikalische Handschrift. Ein geschickter Schachzug war es, die Schiwago-Melodie aus der Verfilmung („Lara’s Theme“ / „Somewhere, My Love“, im deutschen vertont u.a. von Karel Gott als „Weißt du, wohin“) einzubauen: Das melancholische „Einst kommt der Tag“, teils in Russisch, teils in Deutsch gesungen, ist der Ohrwurm, den das Musical sonst vermissen lässt.
Am Broadway war „Doctor Zhivago“ 2015 nur eine kurze Laufzeit vergönnt: Nach knapp 50 Vorstellungen blieben die Besucher weg. Darum muss sich die musikalischen Komödie in Leipzig bei der deutschen Erstaufführung keine Sorgen machen: Alle Vorstellungen der ersten Spielzeit sind bereits ausverkauft. Überhaupt steht dem kleinen Haus das große, opulente Drama äußerst gut. MuKo-Chefregisseur Cusch Jung lässt trotz der beachtlichen Spieldauer so gut wie keine Längen aufkommen. Besonders der zweite, stückbedingt temporeichere sowie auch musikalisch abwechslungsreichere Akt vergeht wie im Fluge.
Das statische Bühnenbild ist eher zweckdienlich als opulent, wird aber durch geschickt eingesetztes Lichtdesign, die Nutzung von Requisiten sowie die wunderbar vielfältigen und mit viel Liebe zum Detail gearbeiteten historischen Kostüme von Karin Fritz optimal bereichert. So entstehen immer wieder atmosphärisch dichte Bilder – sei es die prunkvolle Hochzeitsgesellschaft, die bedrohlich mit Taschenlampen durchs Publikum leuchtenden Partisanenkämpfer oder auch das „Les Misérables“-ähnliche Schlussbild des ersten Akts mit unter wehenden Revolutionsfahnen marschierendem Mob. Auch Mirko Mahrs Choreografien tragen dazu bei, dass diese und ähnliche Ensembleszenen stimmig sind und auf der relativ kleinen, nach hinten stark ansteigenden Bühne der MuKo nicht verworren wirken. Passend zu den musikalischen Motiven bedient er sich ebenfalls an einigen Stellen folkloristischer russischer Tanz-Elemente.
„Doktor Schiwago“ hat ein angenehm ausgeglichenes Verhältnis aus Songs und Dialogen. Das macht es zwar einfacher, die Komplexität der Handlung verständlich zu vermitteln, hält aber andererseits auch andere schauspielerische Herausforderungen für die Darsteller bereit als ein durchkomponiertes Musical. Nicht zuletzt deswegen ist es zu einem großen Teil den hervorragenden Darstellern zu verdanken, dass „Doktor Schiwago“ in Leipzig so gut funktioniert. Von den Hauptrollen bis zum Ensemble hatte man bei der Besetzung rundum ein goldenes Händchen: Jede Gefühlsregung, jede innere Wandlung der Charaktere, jede Zeile, ob gesprochen oder gesungen, wirkt authentisch. Die Chornummern sind kraftvoll, die Solo-Parts auch der Nebenrollen gesanglich durchgängig auf hohem Niveau.
Der schauspielerische Mammut-Part fällt dabei Titeldarsteller Jan Ammann zu, der nicht nur mit seiner beeindruckenden Stimmgewalt überzeugen kann, sondern auch die innere Zerrissenheit von Schiwago subtil und ganz ohne Hang zu übertriebenen Gesten herausarbeitet. Er zeichnet glaubhaft das Porträt eines Mannes, dessen Leben komplett auf den Kopf gestellt wird – gesellschaftlich wie privat. Das Zusammenspiel mit seinen beiden Mitstreiterinnen Lisa Habermann (Lara) und Hanna Mall (Tonia) gelingt wunderbar, weit abseits von klischeehaften Dreiecksbeziehungen.
Ebenso wie Ammann singen sich sowohl Habermann also auch Mall scheinbar mühelos durch die gesanglich anspruchsvollen Soli und geben ihren Figuren den notwendigen charakterlichen Feinschliff, dass der Zuschauer mit beiden gleichermaßen mitleidet. Einer der emotionalsten sowie musikalisch einprägsamsten Momente des Stücks ist letztendlich nicht etwa eines der zahlreichen Liebesduette, sondern vielmehr das Duett der beiden Hauptdarstellerinnen „Und doch wundert es mich nicht“, das im zweiten Akt zu Tränen rührt.
Der vierte im Bunde der Hauptdarsteller ist Björn Christian Kuhn als Laras im Krieg verschollener Ehemann und Revolutionsführer Pavel. Mit viel Charisma gelingt es ihm, sowohl den Weg seiner Rolle vom naiven jungen Rebellen zum verbitterten Miliz-Kommandanten, als auch seine zwiespältigen Gefühle für Lara schauspielerisch fassbar zu machen, und diesen Wandel auch im Gesang widerzuspiegeln.
Für die musikalische Untermalung sorgt das gut bestückte Orchester der MuKo unter der Führung des musikalischen Leiters Christoph-Johannes Eichhorn, das einen satten Klangteppich zaubert, auf dem sich die Geschichte mit all ihrem Drama und ihrem Pathos entfalten kann. Probleme mit der Abmischung sorgen allerdings dafür, dass bei mehrstimmigen Parts vor allem im zweiten Akt die Textverständlichkeit leidet und die orchestrale Begleitung den Gesang übertönt.
„Doktor Schiwago“ ist sicherlich keine revolutionäre Neuerung des historischen Drama-Musicals. Doch es gelingt dem Stück, die Zuschauer für gut drei Stunden ganz in seine Welt zu entführen und ohne Kitsch und Klischees auch auf einer relativ kleinen Bühne ganz große Gefühle zu schaffen.
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KREATIVTEAM |
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Buch | Michael Weller |
Musik | Lucy Simon |
Gesangstexte | Michael Korie Amy Powers |
Übersetzung Gesangstexte | Sabine Ruflair |
Übersetzung Dialoge | Jürgen Hartmann |
Musikalische Leitung | Christoph-Johannes Eichhorn |
Inszenierung | Cusch Jung |
Choreografie | Mirko Mahr |
Bühne, Kostüme | Karin Fritz |
Choreinstudierung | Mathias Drechsler |
Dramaturgie | Elisabeth Kühne |
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CAST (AKTUELL) |
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== Spielzeit 2023/24 == | ||||
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Larissa Guichard (Lara) | Olivia Delauré | |||
Antonina Gromeko (Tonia) | Nora Lentner | |||
Anna Gromeko / Olga | Sabine Töpfer | |||
Kubaricha | Konstanze Haupt | |||
Jurij Schiwago | Yngve Gasoy-Romdal | |||
Pavel Antipov (Pascha) / Strelnikow | Björn Christian Kuhn | |||
Alexander Gromeko | Michael Raschle | |||
Markel / Gints | Ivo Kovrigar | |||
Janko | Stephen Budd | |||
Liberius | Georg Führer | |||
Tanz | Ballett der Musikalischen Komödie | |||
Chor | Chor der Musikalischen Komödie | |||
Orchester | Orchester der Musikalischen Komödie |
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CAST (HISTORY) |
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== Spielzeit 2021/22 == | ||||
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Jurij Schiwago | Yngve Gasoy-Romdal | |||
Larissa Guichard (Lara) | Hanna Mall | |||
Antonia Gromeko (Tonia) | Julia Lißel | |||
Anna Gromeko / Olga | Sabine Töpfer | |||
Viktor Komarovskij | Cusch Jung | |||
Pavel Antipov (Pasha) / Strelnikow | Björn Christian Kuhn | |||
Alexander Gromeko | Michael Raschle | |||
Gints / Markel | Milko Milev | |||
Janko | Stephen Budd | |||
== Spielzeit 2018/19 == | ||||
Jurij Schiwago | Jan Ammann | |||
Larissa Guichard (Lara) | Lisa Habermann | |||
Viktor Komarovskij | Patrick Rohbeck | |||
Pavel Antipov (Pasha) | Björn Christian Kuhn | |||
Antonia Gromeko (Tonia) | Hanna Mall Julia Lißel [19.05., 20.05.] | |||
Anna Gromeko / Olga | Sabine Töpfer | |||
Alexander Gromeko | Michael Raschle | |||
Gints / Markel | Milko Milev | |||
Janko | Stephen Budd |
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GALERIE |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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