Ensemble © Rolf Ruppenthal
Ensemble © Rolf Ruppenthal

9 to 5 (2016)
Zeltpalast, Merzig

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Mit der Deutschsprachigen Erstaufführung des Broadway-Musicals „9 to 5“ treffen die Produzenten Musik und Theater Saar ins Schwarze. Geboten wird zweieinhalb Stunden Feel-Good-Stimmung mit exzellenten Darstellern und einem abwechslungsreichem Bühnenbild. Lediglich die Akustik verhallt im Zelt.

Seinen Chef loszuwerden, bleibt in der Regel ein bloßer Wunschgedanke. Nicht jedoch bei den Damen im Musical „9 to 5“ von Dolly Parton (Musik und Liedtexte) und Patricia Resnick (Buch): Violet Newsted, Judy Bernly und Doralee Rhodes entführen ihren chauvinistischen Boss und halten ihn in seinem eigenen Haus gefangen. Hier beginnt die Story um die drei Sekretärinnen, die sich – zunächst gar nicht mögend – zusammentun und die Chance nutzen, den ungeliebten Büroalltag zu modernisieren und menschenfreundlicher zu gestalten. Gesagt, getan. Die Produktivität des Unternehmens steigert sich ohne Chef um 20%. Sogar der Vorstandsvorsitzende ist damit mehr als zufrieden. Ein Bilderbuch-Happy-End.

Die Musical-Komödie nach dem gleichnamigen Film von 1980 mit Dolly Parton in der Rolle der Doralee wurde 2008 in Los Angeles uraufgeführt (Tryouts) und erlebte 2011 eine kurze Broadway-Laufzeit. Nun feiert das Stück Deutschlandpremiere im Saarländischen Merzig und ermöglicht dem Zeltpalast bereits die zweite deutschsprachige Erstaufführung nach „The Addams Family“ im Jahr 2014.

Das vielfältige Bühnenbild von Walter Vogelweider besteht aus zwei hohen Wolkenkratzertürmen sowie bis zur Bühnendecke ragenden Aktenschränken, die durch die Darsteller verschoben werden. So entstehen verschiedene Räume, die mit Hilfe von beweglichen Bühnenelementen wie Schreibtischen oder einer angedeuteten Pantry an Kontur gewinnen. Durch vier in die Wolkenkratzer integrierte „Fahrstuhl“-Türen ergeben sich zahlreiche Auf- und Abgangsmöglichkeiten. Sönke Feicks dezente Projektionen, wie die New-York-Skyline als Blick aus dem Bürofenstern, ergänzen das Bühnenbild auf der großen LED-Wand an der Rückseite der Bühne.

Die in schneller Abfolge häufig wechselnden Kostüme von Ulli Kremer werden im Lauf der Handlung analog des ansteigenden Durchsetzungsvermögens der Sekretärinnen immer fröhlicher und farbenfroher. Zusammen mit den Perücken und dem Make-Up von Tiiu Luht wird erreicht, dass manche Ensemblemitglieder in ihren verschiedenen zu spielenden Rollen kaum wiederzuerkennen sind.

Bei den Darstellen herausragend ist April Hailer als Roz Keith, die stets für Ordnung im Büro sorgende Assistentin von Mr. Hart. Jedes Vergehen meldet sie unverzüglich an ihn – für die Notiz muss auch mal eine Rolle Toilettenpapier herhalten, wenn Roz ihre Kolleginnen auf dem WC belauscht. Urkomisch, wie sie sich dem Chef immer wieder anbiedert. In ihrem Solo „Roz und Hart“ zieht sie komödiantisch und strippend alle Register und ergänzt dies mit sicher geführter Stimme. Als jener Franklin Hart Jr., der seine Mitarbeiterinnen stets als „Mädels“ anspricht, ist Frank Winkels das Abziehbild eines despotischen und chauvinistischen Chefs. Er hat bis auf die Nummer „Ich und du“ allerdings nur wenige Möglichkeiten zur gesanglichen Profilierung. Benjamin Sommerfeld macht als junger, in Violet verliebter Buchhalter Joe mit seinem angenehmen Tenor am Ende nachhaltig auf sich aufmerksam. Das gesamte, sehr homogen agierende Ensemble begeistert durch große Spielfreude.

Im Mittelpunkt stehen natürlich die drei Protagonistinnen. Diese wurden mit wunderbar unterschiedlichen Typen besetzt: Brillant spielt Edda Petri die große, schlanke und nach außen taffe alleinerziehende Witwe Violet. Obwohl auf dem Papier nur Angestellte, hat sie in Wirklichkeit alle Fäden in der Hand und wird damit zum Finale die erste weibliche Führungskraft. Stimmlich kann Edda Petri allerdings nicht ganz mit ihren Kolleginnen mithalten. Sabrina Harper gibt die zunächst zurückhaltend-naive verlassene Ehefrau Judy, die mit kräftiger Stimme das aufkommende Selbstbewusstsein ihrer Rolle glaubhaft und sympathisch darstellt. Sie setzt mit ihrem Song „Du kannst es ändern“ zum Ende des Stückes das gesangliche Highlight. Sarah Bowden ist die dralle, gutmütige und anfänglich künstliche wirkende Doralee, die erst nicht versteht, warum sie bei den Kollegen unbeliebt ist. Doch mit Charme und Ausstrahlung erwirbt sie sich schließlich deren Zuneigung. Ihre schrille und mädchenhafte Stimme passt zur Rolle und verleiht ihren diversen Countrysongs einen besonderen Klang.

Die aufkeimende Freundschaft der drei untereinander wird hervorragend herausgespielt. Diese beginnt amüsant mit einem gemeinsamen Joint-Abend (Judy fragt davor herrlich naiv, ob es sich dabei etwa um „Marie-Johanna“ handelt), bei dem sich die Damen high ihre jeweiligen Träume vom Entfernen Mr. Harts vorstellen. Bei späteren gemeinsamen Mittagspausen werden die Ideen zur Optimierung des Büroalltags geschmiedet – von Jobsharing bis zu Teilzeitarbeit, vom Casual Friday bis zum Betriebskindergarten. Alles große Errungenschaften der aufkeimenden Emanzipation der 80er Jahre.

Musikalisch bietet Dolly Partons Partitur eingängige, leichte Popsongs mit Country-Einflüssen. Alle Lieder – bis auf den zeitlosen, Oscar-nominierten Titelsong – wurden für das Bühnenstück neu komponiert. Gespielt werden sie von einer fünfköpfigen Band (Keyboards, Drums, Bass, Gitarre) unter der Leitung von Hans Christian Petzoldt. Im mittleren Parkett vorne kommt die Musik dröhnend aus den Boxen und übertönt teilweise die Stimmen. Die Songtexte sind in diesen Momenten schwer zu verstehen, weshalb sich kein Hörgenuss einstellt. Kleine Patzer, wie das zu späte Öffnen der Mikrofone mancher Darsteller, tun der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch.

Alex Balgas schlüssige Inszenierung ist sehr schwungvoll und setzt auf Humor, gibt aber auch tiefgründigen Szenen ihren Raum. Ergänzt wird sie durch die ebenfalls rasanten und sich mit Leichtigkeit in die Songs einfließenden Choreografien von Danny Costello. Obwohl das Stück vor über 35 Jahren spielt sind auch heutzutage Themen wie die Frauenquote und das Einkommensgefälle zwischen den Geschlechtern nach wie vor aktuell. Nach einem kurzen zweiten Akt kommt das Ende des Stückes recht abrupt daher. Das Happy End wird somit etwas unrealistisch leicht und ohne Einschränkungen erreicht.

Das Saarland ist durch die Sommer-Produktionen in Merzig endlich auch ein Teil der Musical-Landkarte Deutschlands geworden. Erfreulich und bemerkenswert ist dabei, dass sich die Produzenten immer wieder um hierzulande neue Stücke bemühen. Auch mit „9 to 5“ beweisen sie, dass sie höchste Qualität auf die Bühne bringen können.

 
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KREATIVTEAM
Musik und LiedtexteDolly Parton
BuchPatricia Resnick
Deutsche ÜbersetzungKevin Schroeder
RegieAlex Balga
Musikalische LeitungHans Christian Petzoldt
ChoreografieDanny Costello
BühneWalter Vogelweider
KostümeUlli Kremer
Make Up und PerückenTiiu Luht
VideodesignSönke Feick
 
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CAST (AKTUELL)
Violet NewstaedEdda Petri
Judy BernlySabrina Harper
Doralee RhodesSarah Bowden
Jana Stelley
Franklin Hart Jr.Frank Winkels
Roz KeithApril Hailer
JoeBenjamin Sommerfeld
MargaretFanny Hoffmann
Missy / Candy StriperKatrin Merkl
MariaMarcella Adema
KathyJane-Lynn Steinbrunn
DickWolfgang Schwingler
DwayneChristian Funk
Josh / TinsworthyBenjamin A. Merkl
Bob Enright / DoctorDavid Lake
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 12.08.2016 20:00Zeltpalast, MerzigPremiere
Sa, 13.08.2016 20:00Zeltpalast, Merzig
So, 14.08.2016 16:00Zeltpalast, Merzig
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