Gerd Vogel (Athos), Björn Christian Kuhn (d´Artagnan), Joa Helgesson (Porthos), Paul Stampehl (Aramis), Chor der Oper Halle © Theater, Oper und Orchester GmbH, Foto: Maike Glöckner
Gerd Vogel (Athos), Björn Christian Kuhn (d´Artagnan), Joa Helgesson (Porthos), Paul Stampehl (Aramis), Chor der Oper Halle © Theater, Oper und Orchester GmbH, Foto: Maike Glöckner

Die drei Musketiere (2016 - 2017)
Bühnen, Halle (Saale)

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„Einer für alle, alle für einen!“- Unter diesem Leitspruch stemmt das Hallenser Opernhaus eine deutsche Erstaufführung, mit der es sich und seinem Publikum aufgrund eines lahmen Buches, einer langweiligen Partitur und läppischer szenischer Arrangements keinen Gefallen tut.

Generationen von Lesern, Kino- und Theaterbesuchern kennen „Die drei Musketiere“. Alexandre Dumas‘ Roman und seine zahlreichen Adaptionen stehen für spannende Mantel-und-Degen-Abenteuer, fiese Intrigen, unerfüllte Liebe und ein herzerweichendes Happy End. Doch diese Erwartungen erfüllt die deutsche Erstaufführung des Musicals mit der Musik von George Stiles in der Neufassung von 2011 nur in Ansätzen.

Zwar halten sich die Autoren Peter Raby und Francis Matthews eng an das literarische Vorbild, sie vermögen es jedoch nicht, dramaturgisch spannende Handlungsbögen aufzubauen. Ihr Buch ist vielmehr eine recht lockere Aneinanderreihung von Szenen, in denen der Provinz-Adelsspross d’Artangan nach Paris reist, um dort im Dienst der Krone bei den Musketieren zu dienen. Dabei wird er in die Intrigen von Kardinal Richelieu gegen König Ludwig XIII. verstrickt und muss bis zum Finale allerlei Abenteuer bestehen. Kurioserweise degradieren Raby und Matthews den klerikalen Widersacher zu einer stummen Randfigur, entwickeln gleichzeitig aber auch seine Handlanger Graf von Rochefort und Lady de Winter nicht zu zentralen Charakteren. Zwar sind diesen beiden Bösewichten solistische Auftritte vergönnt, doch gehen auch sie im Heer der viel zu vielen Neben- und Kleinstrollen unter. Dadurch verliert das Publikum schnell den Überblick über eine Handlung, die zwischen mehreren Orten hin- und herspringt.

Verstärkt wird dieses Wirrwarr durch Roy Spahns tristes Einheits-Bühnenbild, das nur wenig Raum für differenzierte Gestaltungen zulässt. Fünf steinerne, auf der Drehbühne stehende Wandelemente mit diversen Fenster- und Türöffnungen werden mit hohem personellen Aufwand auf offener Bühne immer wieder neu formiert und um zwei Treppenpodeste ergänzt. Egal, ob die Handlung in der französischen Provinz, in Paris oder Calais spielt: Alle Orte wirken identisch und ihre öde Optik langweilt auf Dauer in einem Stück mit zweieinhalbstündiger Spieldauer. Schön anzusehen ist allerdings Spahns historisierendes Kostümbild.

Auch Regisseur Winfried Schneider gelingt es nicht, die schwache Vorlage aufzuwerten. Seine sehr hausbacken wirkende Inszenierung begleitet das Geschehen durch nette szenische Arrangements, in denen jeder Darsteller eigentlich nur genau weiß, wann er wo zu stehen hat. Die Figuren spielen oft frontal ins Publikum, wirken blass und austauschbar. Einzig König Ludwig XIII. wird als alberner, aufgeblasener Popanz im extravaganten Kostüm gezeichnet. Schneiders putzig-einfache Choreografien für die eher lustlos agierenden Choristen (Chor und Extrachor der Oper Halle) und die dilettantisch wirkenden, müden Fechtszenen (Choreografie: Paul Stampehl) unterstreichen den Eindruck, in einer Kindertheatervorstellung zu sitzen.

Stiles „Die drei Musketiere“ fällt mit einem hohen Anteil an reinen Sprechszenen eher in die Kategorie „Schauspiel mit Gesang“. Darüber hinaus wirken die Kompositionen wie beliebige Gebrauchsmusik mit Anklängen an den Soundtrack eines Abenteuerfilms. Keiner von Stiles‘ Songs besitzt Ohrwurmcharakter und seine Partitur hört sich einfach nur langweilig an. Das ist umso bedauerlicher, weil die Musiker der Staatskapelle Halle unter der Leitung von Peter Schedding sich hörbar mühen, abseits der klassischen Opern-Routine neue Wege zu beschreiten. Nachsitzen muss allerdings die Tonabteilung, denn die Musik übertönt oft den Gesang und Mikroports werden nur verzögert aufgezogen.

Vom Gesang her wähnt sich der Zuschauer mehr in einer heiteren Oper als in einem Musical. Zu gewaltig schmettern die Choristen, zu klassisch singen Gerd Vogel (Athos), Joa Helgesson (Porthos), Paul Stampehl (Aramis) oder Ines Lex (Constance Bonacieux). Lex teilt mit Björn Christian Kuhn (d’Artagnan) das Schicksal, von der Maskenabteilung des Hauses etwas sehr stark auf jung getrimmt worden zu sein. Kuhn weiß allerdings mit seinem schönen, geschmeidigen Tenor für sich einzunehmen und ist zumindest akustisch eine gute Wahl für die Hauptrolle. Eine ebenso einwandfreie Leistung liefern als Bösewichte Anna Thorén (Milady de Winter) und Andreas Goebel (Graf Rochefort). Bei dem stimmlichen Potenzial ist es traurig, dass Stiles‘ Musik ihnen keine guten Songs gönnt.

Es gibt Stücke, die sollten nicht unbedingt eine deutsche Erstaufführung erleben. Diese Adaption der „Drei Musketiere“ gehört dazu. In der besuchten Wiederaufnahme-Premiere klafften in den Zuschauerreihen im nur halb gefüllten Opernhaus immense Lücken. Auch ein Beweis dafür, dass nicht jedes Musical ein Publikumshit werden kann.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungAndreas Henning
Peter Schedding
Inszenierung und ChoreografieWinfried Schneider
FechtchoreografiePaul Stampehl
Bühne und KostümeRoy Spahn
Mitarbeit Bühne und KostümeOliver Opara
 
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CAST (AKTUELL)
d'ArtagnanBjörn Christian Kuhn
AthosGerd Vogel
PorthosJoa Helgesson
AramisPaul Stampehl
Milady de WinterAnna Thorén
Graf RochefortAndreas Goebel
Constance BonacieuxJoanna Nora Lissai
Ines Lex
PlanchetOlaf Schröder
Königin AnnaOlivia Saragosa
König Ludwig XIII.Stanislaw Brankatschk
Herzog von BuckinghamAndré Hinderlich
d'Artagnans Vater, Monsieur TrevilleReinhard Straube
Monsieur BonacieuxJörg Simonides
Kardinal RichelieuReinhart Lehmann
d'Artagnans MutterGabriele Bernsdorf
Jaqueline Zierau
CécilePeggy Klemm
JussacKarsten Döring
Till Voß
BiscaratJörg Decker
Peter Zenner
Zwei GardistenSebastian Byzdra
Maik Gruchenberg
BürgerRobert Bily
Andreas Guhlmann
GasstwirtinKonstanze Winkler
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 18.03.2016 19:30Oper, Halle (Saale)Premiere
Sa, 19.03.2016 19:30Oper, Halle (Saale)
Mo, 28.03.2016 15:00Oper, Halle (Saale)
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