Chistopher Ryan, Sybille Lambrich, Sasha Di Capri © Vincenzo Laera
Chistopher Ryan, Sybille Lambrich, Sasha Di Capri © Vincenzo Laera

Rent (2015 - 2016)
Theater, Trier

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Manchmal fragt man sich, ob Neuinszenierungen einer in ihrer Ursprungsform bestens funktionierenden Show wirklich nötig sind. Im Falle von „Rent“ in Trier stellt sich diese Frage besonders intensiv. Regisseur Malte C. Lachmann fügt eine völlig neue Ebene in die Erzählung über die Bewohner der Alphabet-City ein. Dadurch wird Jonathan Larsons Stück extrem fragmentiert, und der Drive geht völlig verloren.

(Diese Rezension bezieht sich auf die Version des Stückes, die bis zum 07.01.2016 in Trier zu sehen war. Ab dem 08.01. ist „Rent“ dort in der Ursprungsversion (ohne die Rolle „Joanne heute“) zu sehen.)

Die Inszenierung startet mit einer um 20 Jahre gealterten Joanne (Carin Filipčić), die vor geschlossenem Vorhang erläutert, dass das Stück 20 Jahre alt geworden ist und auch ihre Rolle demnach gealtert sein muss. Sie stellt ihr junges Alter Ego vor und expliziert die Entstehung des Musicals und die Anlehnung an Puccinis Oper „La Bohème“. Nachdem man also erfährt, warum das Stück so heißt, wie es heißt und wie es im New York der damaligen Zeit aussah, „beginnt“ die eigentliche Show.

Die Bühne besteht aus mit Graffiti beschmierten Wänden. In der Mitte eine Art Holzpalette, die pausenlos rotiert. Sie stellt Marks und Rogers Loft dar, ist aber auch variabel einsetzbar, beispielsweise für den Cat Scratch Club. Das Ganze wirkt klinisch steril, neu, aber durchaus passend. Allerdings hätte man das Drehen der Palette sicherlich geschickter lösen können, als ständig das auf der Straße herumlungernde Ensemble zu bemühen.

Was nun folgt ist eine Darbietung in englischer Sprache, die dank einiger guter Darsteller phasenweise recht gut gelingt, aber leider immer wieder durch die angesprochene Metaebene unterbrochen wird. Bei jeder Gelegenheit lässt die Regie Joanne in das Geschehen eingreifen und verhindert damit konstant und beinahe penetrant, dass man den Drive, von dem eine Show wie „Rent“ eigentlich lebt, genießen kann.

Joanne kommentiert, erinnert sich zurück, erklärt. Vor der „Will I“-Szene beispielsweise wird einem detailliert erläutert, wie die Entwicklung in der AIDS-Forschung voran geschritten ist, wie viele Tote es zu Zeiten der Entstehung der Show gab und wie dies heutzutage aussieht. Bei diesen Eingriffen in die Geschichte erhält man leider eher den Eindruck einer Vorlesung und dass man dem Publikum das Verfolgen der Handlung nicht eigenständig zutraut, als dass sie in irgendeiner Form unterstützend wirken.
Abgesehen davon wird die Ebene der 20 Jahre älteren Joanne leider nicht stringent durchgehalten, denn „Joanne heute“ (wie die Rolle offiziell heißt) setzt sich beispielsweise im Life Café mit der 20 Jahre jüngeren Generation an einen Tisch, was erzählperspektivisch wenig Sinn ergibt.

Auch die Auswahl der Darsteller kann nur bedingt überzeugen.

Sasha Di Capri gefällt in der Rolle des Roger. Er hat eine rockige Stimme und weiß mit Songs wie „One Song Glory“ zu begeistern. Sein Schauspiel hat er im Griff und wirkt gemeinsam mit Mark-Darsteller Christopher Ryan wie ein eingespieltes Team.

Sybille Lambrich als Mimi bleibt durchweg sehr blass und agiert zu hektisch in der Rolle der Drogenabhängigen. Ihre Zuneigung zu Roger scheint willkürlich und lässt sich nicht in ihrem Spiel (beispielsweise bei „Light My Candle“) erkennen. Ihre gesangliche Leistung ist solide, bei den höheren Tönen („Out Tonight“) stößt ihre Stimme jedoch an ihre Grenzen.

Manuel Dengler als Angel sieht aus wie eine Drag-Queen, agiert aber nicht als solche. Bei ihrem ersten Auftritt („Today For You“) geht der Elan der Rolle völlig unter. Man fragt sich zum Beispiel, weshalb sie Drumsticks in der Hand hält, wenn sie diese nicht zum Trommeln einsetzt, sondern nur, um damit in der Luft herum zu fuchteln. Gesanglich ist der Darsteller der Rolle gewachsen, aber gerade für diese Rolle reicht dies leider nicht.

Sein Liebhaber Tom Collins – zu dem „Joanne heute“ erläutert, dass sich hinter dem Namen auch ein leckerer Cocktail verbirgt – wird von Norman Stehr gespielt. Auch er überzeugt eher stimmlich als durch sein Schauspiel, so dass auch das für das Stück ungemein wichtige Verliebtsein der beiden HIV-Kranken untergeht und somit die Dramatik des zweiten Aktes nur angekratzt wird.

Sidonie Smith als Maureen sticht erfreulicherweise ein wenig aus der Masse heraus. Ihre Darstellung ist wunderbar überdreht, und als eine der wenigen Darsteller ist sie herkunftsbedingt der englischen Sprache mächtig. Die schlechte Textverständlichkeit bzw. der sehr starke deutsche Akzent der größtenteils deutschsprachigen Darsteller stellt in der Tat bei diesem komplett auf Englisch dargebotenen Stück ein Problem dar. Stößt man sich in anderen Produktionen häufig umgekehrt an englischsprachigen Darstellern in einem deutschsprachigen Musical, fühlt man sich in diesem Fall bei der Aussprache einiger Darsteller unweigerlich an die Schulaufführung eines Englischkurses erinnert.

Letztlich sei die mit viel Drive und Rock aufspielende Band um Dean Wilmington erwähnt, die hinter der Bühne Platz findet. Die musikalische Seite des Abends beeindruckt und lässt erahnen, welche Kraft in den Songs von Jonathan Larson steckt.

Am Ende der Show bleibt das bereits erwähnte Gefühl, eher eine Vorlesung über das Leben im New York der 90er erlebt zu haben als ein ans Herz gehendes Rockmusical. Ob sich das Theater mit dieser doch sehr „anderen“ Inszenierung einen Gefallen getan hat, wird sich zeigen. Die künstlerische Ausrichtung ist jedenfalls komplett neu und gewöhnungsbedürftig. Für Fans der Show ist das Ganze nur bedingt empfehlenswert.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungMalte C. Lachmann
Musikalische LeitungDean Wilmington
AusstattungDaniel Angermayr
 
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CAST (AKTUELL)
MimiSybille Lambrich
RogerSasha Di Capri
AngelManuel Dengler
MarkChristopher Ryan
MaureenSidonie Smith
JoanneKathrin Hanak
BennyMatthias Stockinger
CollinsNorman Stehr
 
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CAST (HISTORY)
Joanne heuteCarin Filipcic [-07.01.2016]
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Do, 31.12.2015 19:30Theater, TrierPremiere
So, 03.01.2016 19:30Theater, Trier
Di, 05.01.2016 19:30Theater, Trier
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