Zwanzig Jahre Euro-Bargeld, Krise der Einheitswährung und Unruhe durch Ratingagenturen. Alles märchenhaft verpackt in einem bissigen Kabarettabend, der von sich selbst behauptet, ein Musical zu sein.
Das Gute siegt über das Böse. Deshalb führt in dieser englischsprachigen Märchen-Satire ein britischer Bobby Papa Kohl und Madame Mitterand ab. In ihrer „European Currency School“ bringt das diabolische Pärchen seine unwilligen Schüler aus Irland, Spanien und Griechenland auf Kurs, um seinen Traum einer starken, einheitlichen Währung in Europa verwirklichen zu können. Dafür hat Papa Kohl sogar seine geliebte „German Bundesbank“ geopfert, die sich nun in der Rolle des Sklaven der mächtigen Europäischen Zentralbank unterzuordnen hat.
Autor David Shirreff holt in seinem Stück zum Rundumschlag auf Euro, Währungsunion und Globalisierung aus. Es wirkt sogar so, als hätte er sich mit der Figur des Euroskeptikers, einem englischen Lord, selbst auf der Bühne verewigt. Genüsslich führt Shirreff seinem Publikum in Form einer Hänsel-und-Gretel-Parodie vor Augen, welches Malheur die Macher der europäischen Einheitswährung angerichtet haben, wie unbeschwert die Schmuddelkinder der Euro-Zone – hier PIIGS (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) genannt – leben, und wie skrupellos Ratingagenturen agieren. Und selbst die Bundeskanzlerin („I’m Angela from Germany, the Euro is quite safe with me“) hat gemeinsam mit Herrn Sarkozy einen Auftritt und bedrängt den Britischen Premier Cameron anlässlich des Gipfels in Brüssel im Dezember 2011, die Änderung der EU-Verträge zu unterschreiben. Das aktuelle Buch strotzt nur so vor Anspielungen und Seitenhieben, die allerdings beim Berlin-Gastspiel aufgrund der englischen Version auch schon einmal verpuffen.
Es ist mutig, „EuroCrash or Gilda in Euroland“ als Musical anzukündigen. Das ist das Stück nämlich nicht. Russell Sarres Gebrauchsmusik fehlen nicht nur zündende Ideen und große Melodien, sie erinnert im Stil auch an Kurt Weill und orientiert sich an Couplets. Sarres Kompositionen, gespielt von Phil Mitchell am Piano, untermalen perfekt das bitterböse Buch, sodass dem Abend eher das Etikett „politisches Kabarett“ zusteht. Damit stört auch weniger das Fehlen eines Bühnenbildes und der nur um wenige illustrierende Accessoires ergänzte Alltags-Look der Darsteller. Ross Livingstones dem epischen Theater Brechts verpflichtete Inszenierung, in der wartende Darsteller auf Klappstühlen mit dem Rücken zum Publikum sitzen, und die akzeptablen Gesangsleistungen der spielfreudigen Darsteller passen ins Gesamtbild. Stimmlich in Richtung Musical rücken allein Eddie Brown (u. a. Eurosceptic) und Noor Lawson (u. a. Madame Mitterand) den Abend, der sehr lustig ist, aber gleichzeitig auch zum Nachdenken anregt.
A Musical
Words by David Shirreff
Music by Russell Sarre
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