Frischzellenkur für Ashmans und Menkens fast fünfundzwanzig Jahre alten Gruselspaß um eine gefräßige Topfpflanze. Das Theater Vorpommern präsentiert seinen „Kleinen Horrorladen“ mit überzeugenden Darstellern in einer sehr kurzweiligen Inszenierung (Thomas Enzinger) in konventioneller Optik, überrascht aber mit einer ungewöhnlichen musikalischen Umsetzung. Thomas Bloch-Bonhoff (musikalische Leitung) und die Band KRACH führen die Shallalla- und Shangelang-lastige Partitur im Ska-Reggae-Sound zu neuen Ufern.
Blut für die Blüte. Mit dieser knallharten Forderung erpresst Audrey Zwo, ein hinterlistiger Fleischfresser im Blumentopf, den verschüchterten Seymour. Letztendlich fällt auch er dem Riesenappetit des Monster-Gewächses zum Opfer und gesellt sich in der Schlussszene zu den anderen Appetithappen und dem Sänger der Pflanze, der gleichzeitig als Erzähler fungiert. Thomas Enzinger beschließt so seine überzeugende Regiearbeit, die nicht mit originellen Einfällen geizt. Er streut immer wieder optische Zitate aus Filmen (Audrey und Seymour singen ihr Liebes-Duett wie an der Reling von „Titanic“; die Assistentinnen des Pflanzenvermarkters haben Fingernägel wie „Edward mit den Scherenhänden“) und von der Musical-Bühne ein: So trägt Seymour seine tote Geliebte ganz wie das Phantom der Oper seine Christine zum sich gierig öffnenden Pflanzen-Schlund. Auch die Charakterisierung der einzelnen Figuren geschieht mit viel Liebe zum Detail. Eva-Maria Blumenraths Audrey ist zwar platin-blond und wackelt mit herrlich kicksender Stimme durch die Szene, andererseits ist sie neben dem naiven Dummchen auch eine starke Frau mit viel Herz, die sich nach wahrer Liebe sehnt. Weichei Seymour (Norbert Kohler) schmachtet dieses Objekt seiner Begierde mit großen Augen an, ergreift aber auch skrupellos die Chance, ein Star im Medienzirkus zu werden. Und dann ist da natürlich noch Brutalo-Dentist Orin, der nicht nur seine Patienten voller Wonne quält, sondern auch sich selbst lustvoll eine Spritze in den Oberschenkel rammt und die Nasenhaare mit dem Zahnarzt-Zange ausrupft. Hannes Rittig brilliert aber nicht nur als aufbrausender Sado-Maso-Doktor, sondern beweist seine große Wandlungsfähigkeit in der Charakterisierung der zahlreichen weiteren Kunden- und Reporter-Nebenrollen. Alle drei Protagonisten singen mit sicher geführten, schönen Stimmen. Etwas klamottig angelegt ist der Mr. Mushnik, zumal Markus Voigt optisch eher als Bruder denn als (Adoptiv-)Vater von Seymour durchgeht. Stimmliche Glanzlichter setzen Katrin Taylor (Chrystal), Heide Kalisch (Ronnette) und Marita Dittrich (Chiffon), die als munteres Damen-Trio viele Szenen in immer neuen schrägen Outfits (Kostüme: Christine Becke) kommentieren. Dabei machen sie auch in den phantasievollen, oft satirisch überzeichneten Choreografien von Sabrina Sadowska eine gute Figur. Auch wenn der von Zeit zu Zeit im hinteren Bühnenhintergrund entlang ratternde U-Bahn-Zug wirklich originell ist – die von Markus Andreas Windberger auf die Drehbühne gestellte Szenerie mit Hochhaus-Skyline, Laterne und einem veritablen Blumengeschäft ist einen Tick zu malerisch geraten als dass man glauben könnte, in einem heruntergekommenen Stadtviertel zu sein.
Was den Besuch dieser „Horrorladen“-Inszenierung aber zum Ereignis werden lässt, ist deren musikalische Umsetzung. Die Greifswalder Ska-Punk-Jazz-Reggae-Formation KRACH lässt Alan Menkens Musik unter der Leitung von Thomas Bloch-Bonhoff im satten Blechbläser-Sound so aufregend frisch und peppig erklingen, dass der Funke vom ersten Moment auf das Publikum überspringt. Als Hommage an das Musical hat KRACH einen eigenen Song („Ich geb‘ dir alles, was du willst, solange du meinen Hunger stillst“) geschrieben, der gleich nach der Pause erklingt und sich so nahtlos in das Stück einfügt, als würde er schon immer dazugehören. Sicherlich auch Verdienst von Sänger Tobias Reinsch, der mit rauchiger Rock-Stimme die meuchelnde Pflanze Audrey Zwo überzeugend singt. Sehr praktisch: Ins Programmheft ist gleich die CD zur Show integriert, so dass man auch noch Monate nach dem Vorstellungsbesuch in rhythmischen Erinnerungen schwelgen kann und einen unterhaltsamen Abend Revue passieren lassen kann.
Musical in zwei Akten nach dem Film von Roger Corman (Drehbuch von Charles Griffith)
Musik: Alan Menken
Text: Howard Ashman
Deutsche Übersetzung: Michael Kunze
Sa, 09.12.2006 19:30 | Großes Haus, Greifswald | Premiere |
Sa, 16.12.2006 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Mi, 27.12.2006 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
▼ 25 weitere Termine einblenden (bis 20.12.2008) ▼ |
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So, 21.01.2007 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Sa, 27.01.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
So, 28.01.2007 16:00 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Do, 15.02.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Sa, 24.02.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | ausverkauft |
So, 25.02.2007 16:00 | Großes Haus, Greifswald | |
Do, 29.03.2007 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Sa, 31.03.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Do, 05.04.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Do, 19.04.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Fr, 20.04.2007 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Sa, 05.05.2007 19:30 | Theater, Putbus | |
So, 06.05.2007 19:30 | Theater, Putbus | |
Di, 08.05.2007 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Sa, 12.05.2007 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
So, 20.05.2007 16:00 | Großes Haus, Greifswald | |
Fr, 15.06.2007 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Do, 20.03.2008 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Mo, 24.03.2008 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Mo, 07.04.2008 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Mi, 29.10.2008 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Sa, 01.11.2008 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Fr, 07.11.2008 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
Fr, 19.12.2008 19:30 | Großes Haus, Greifswald | |
Sa, 20.12.2008 19:30 | Theater Vorpommern, Stralsund | |
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