Lady Salsa (2005 - 2006)
Semmel Concerts Entertainment GmbH, Tournee

Im Sessel sitzend, Cuba libre trinkend und Zigarre rauchend erzählt eine kubanische Schauspielerin von ihrem Land und ihrer Karriere. Toller Tanz, schöne Menschen, bunte Ausstattung – wer Gute-Laune- Shows mag, ist hier richtig

Musical ist ein dehnbarer Begriff, und deshalb nennt sich auch „Lady Salsa“ so. Treffender wäre Salsa-Revue: Eine in die Jahre gekommene, mit ihren zahlreichen Affären kokettierende Schauspielerin und ein etwas schmieriger Conférencier erzählen (im ersten Akt) die Geschichte Kubas und (im zweiten Akt) die Geschichte eben jener Schauspielerin. Der Rest ist Tanz – und zwar richtig guter. Was die zwölf kubanischen Tänzerinnen und Tänzer da aufs Parkett zaubern, ließ bei der besuchten Vorstellung auch die anwesenden hannoveranischen Salsa-Freunde mit offenem Mund im Publikum dasitzen: variantenreich, witzig, synchron und irre schnell.
Im ersten Akt passen die ausgewählten Nummern auch dramaturgisch gut und zeigen schlüssig, wie sich im Laufe der Jahrhunderte spanische, afrikanische und schließlich US-amerikanische Einflüsse zu dem vermengt haben, was die kubanische Kultur heute ausmacht. Auch die Tatsache, dass der eigentlich aufrührerische Song „Guantanamera“ mittlerweile zum Fahrstuhlmusik-Kuba-Klischee verkommen ist, wird reflektiert. Die Kostüme sind bunt, aufwändig und oft sehr knapp, gesungen und gespielt wird live – insgesamt mit 26 Mitwirkenden auf der Bühne eine runde künstlerische Leistung weit über dem Niveau der vielen Billig-Tourneen, die landauf und landab den Ruf des Musicals kaputt machen.
Im zweiten Akt bestimmen neben Salsa auch Mambo und Rumba die Show. Ob das inhaltlich passt, lässt sich nur schwer ausmachen, weil die mit starkem Akzent gesprochenen englischen Texte zunehmend schwieriger zu verstehen sind. Insgesamt wandelt sich das Geschehen hier langsam von der Show zum Konzert: Das Publikum wird zum Mitklatschen und gelegentlich auch zum Aufstehen aufgefordert, die erste Reihe darf auf der Bühne vortanzen und es gibt auch noch einen kleinen Salsa-Workshop (gar nicht so einfach, vor seinem Sitz stehend drei Schritte zurück zu gehen – oder zur Seite, wenn die Nachbarn einfach stehen bleiben).
Ob man eine Show mag oder nicht, hängt immer stark von der Laune ab, die man mitbringt. Für Gute-Laune-Veranstaltungen wie „Lady Salsa“ gilt das im Besonderen. Wer beeindruckende Tanzeinlagen mag, in Urlaubsstimmung ist (oder kommen möchte) und wer sich nicht daran stört, zum Mitmachen aufgefordert zu werden, für den ist „Lady Salsa“ ein guter Start in einen richtig schönen Sommerabend. Wer im Theater lieber weinen oder mitdenken möchte, der ist hier verkehrt.