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Standing Ovations und ein großes Feuerwerk nach der Premiere, doch der künstlerische Eindruck ist getrübt: Das Musical von Konstatin Wecker und Rolf Rettberg über das Leben Friedensreich Hundertwassers hat erkennbar Potenzial, wirkt aber noch seltsam unausgegoren.
Der Vergleich drängt sich geradezu auf (und wird auch im Stück mehrfach gezogen): Friedrich „Friedensreich“ Hundertwasser und Wolfgang Amadeus Mozart. Beides österreichische Künstler, in deren Leben die Stadt Wien eine wichtige Rolle spielt. Beide (zumindest wenn man den Darstellungen in den Musicals glauben darf) erfolgreiche Schürzenjäger, deren Frauenbeziehungen letztlich an der Kunst zerbrechen. Beide mit enormem Publikumserfolg, millionenfach kopiert, aber (wir folgen wieder den Musical-Interpretationen) oft exzentrisch, unberechenbar und im ständigen Konflikt mit einem dominanten Elternteil. So viele Parallelen wie zwischen den Hauptfiguren gibt es auch zwischen den Musicals. Denn auch „Hundertwasser – Das Musical“ wirkt bei der Uraufführung überladen, unstrukturiert, voll von Anspielungen auf die Biographie, mit einigen sehr starken Szenen, aber ohne erkennbare Gesamtaussage. So ging es „Mozart!“ in Wien auch – nur war die Musik dort packender.
Als Beispiel eine Szene aus dem ersten Akt. Hundertwasser bietet seinen Schülern Brennesselsuppe an, trinkt selbst einen Schluck, sagt „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“, und bricht mit Magenkrämpfen zusammen. Der echte Hundertwasser hat sich tatsächlich mal eine Zeit lang ausschließlich von Brennesseln ernährt (um zu beweisen, dass man in Paris auch ohne Geld überleben kann), aber einmal aus einem Topf gegessen, in dem sich noch Waschmittel-Rückstände befanden – was ihm jahrelange Magenprobleme und eine Antipathie gegen Brennesseln eintrug. Wer das nicht weiß, kann mit der Szene nichts anfangen. Für das Stück ist die Episode ohne weitere Bedeutung (abgesehen davon, dass die nächste Szene im Krankenhaus spielt), auch zur Charakterisierung trägt sie nichts bei. Weil sich solche Szenen häufen, kommt kein Erzählfluss zustande, viele Figuren bleiben bis zum Schluss diffus.
Dabei hat die Show auch ihre starken Momente. Die schwierigen Beziehungen des Künstlers zu seiner Mutter und zu seiner langjährigen Begleiterin Amenoki (eine fiktive Figur, die stellvertretend für die vielen Frauen in Hundertwassers Leben steht) werden sehr deutlich (vor allem in den starken Dialogen, weniger in den hier schwachen Songs). Die auch textlich dichten Musiknummern um eine Wiener Kulturstadträtin („die Wiener Mozart-Stadtkultur / ist zuckersüß / ist Zucker pur“, „Der Tanz führt zum Kultureklat / Der Tanz führt zum Kulturetat“), die von Hundertwassers Nacktrede (Regie und Hauptdarsteller ohne Hemmungen) geschockt ist, durch ein Verhältnis mit dem imaginären Vermarkter Mr. Money (Foto) aber zum Förderer wird, sorgen für den nötigen Witz.
Um über Musik und Texte qualifiziert etwas sagen zu können, reicht ein Showbesuch wohl nicht aus – man wird auf die CD warten müssen. Vielleicht so viel vorweg: Auf der Heimfahrt im Auto lässt sich noch mit Mühe das am Anfang und Ende der Show dutzendfach wiederholte (und eher unspannende) Hauptthema „Fahr übers Meer / der Zukunft entgegen“ rekonstruieren, der Rest von Konstantin Weckers Songs zwischen Chanson, Rock und Kinderlied ist schon wieder weg.
An der Cast liegt es nicht, dass die Show nicht überzeugen kann. Achim Conrad spielt die Titelfigur im ersten Akt kindlich-vorpubertär, im zweiten der Welt entrückt, insgesamt von Szene zu Szene sehr facettenreich. Dass dabei kein stimmiges Gesamtbild entsteht, muss man wohl eher dem Buch (Rolf Rettberg) und/oder der Regie (Gerhard Weber) anlasten. Theodor Reichardt gibt der Klischee-Figur Mr. Money durch hohe Bühnenpräsenz und Körperspannung eine überraschende Tiefe. Christie Noza (Amenoki) gibt engagiert und glaubhaft eine an der Beziehung mit dem Künstler zerbrochene Frau. Angelika Wedekind setzt als Kulturstadträtin ihre Kabarett-Erfahrung treffend ein. Die dramaturgische Bedeutung der Figur „Afrika“ wird zwar nicht ganz klar, die Sängerin Georgia darf aber ihre kräftige Soul-Stimme auspacken und bekommt den stärksten Szenenapplaus. Auch Gertraud Wagner (Mutter) und Ansgar Schöfer (Brô) sowie die Ensemble-Solisten (Simone Endres, Claudia Porpáczy, Markus Dinhobl, Jörg Hilger) liefern ansprechende Leistungen. Der Chor mit Amateur-Sängern aus der Region passt sich gut ins Profi-Ensemble ein – er kann schließlich nichts dafür, dass seine Szenen insgesamt etwas zu lang geraten sind, und es eher kurios ist, wenn weiße Sänger sich als Afrikaner verkleiden und ein Lied mit der Refrainzeile „Schwarz ist schön“ singen.
Das Thema Hundertwasser scheint absolut Musical-geeignet, streckenweise starke Dialoge und interessante Figuren-Konstellationen beweisen das. Beim Übersiedeln nach Hamburg wurde das „Mozart!“-Buch seinerzeit runderneuert und um etliche Handlungsstränge gekürzt, die Zentralhandlung ausgebaut. Plötzlich entstand ein weitgehend dichtes, packendes Stück. Vielleicht gönnt man dem Hundertwasser-Musical diese Kur schon eher. Den Verantwortlichen in Uelzen, die dieses auch wirtschaftlich mutige Projekt initiiert haben, wäre es zu wünschen.
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CAST (AKTUELL) |
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Hundertwasser | Achim Conrad Stefan Nagel |
Bro | Wolfgang Scheiner Ansgar Schäfer |
Huntertwassers Mutter | Gertraud Wagner Renate Pribert-Zimny |
Mr. Money / Hochschuldirektor | Theodor Reichardt |
Wieener Stadträdtin | Angelika Wedekind |
Amenoki | Christie Noza |
Afrika u.a. | Georgia |
Ensemble | Simone Endres Claudia Porpáczy Markus Dinhobl Jörg Hilger |
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TERMINE |
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