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Musical museal: Regisseur Toni Burkhardt inszeniert mit hohem Schauwert, Kapellmeister Hartmut Brüsch zelebriert mit großem Orchester und lahmen Tempo die Urmutter Operette, der auch das Ensemble mit seinen klassisch geschulten Stimmen huldigt. Einzig die poppigen Austattungs-Ansätze im historisierten Ambiente von Wolfgang kurima Rauschning (Bühne) und Susana Mendoza (Kostüme) stören in dieser Mottenkisten-„Fair Lady“.
Zur Musik der Ouvertüre werden die Figuren der Handlung auf der Bühne nacheinander von einem Lichtkegel beleuchtet und durch Einblendung der Namen auf dem Hintergrundprospekt vorgestellt. Dazu tanzt eine bunt kostümierte Gauklertruppe, deren Mitglieder zum Ende des musikalischen Vorspiels aus einem hereingefahrenen Kinderwagen Gewehre nehmen und auf die Menschen auf der Bühne losballern. Doch warum?
Eine Antwort auf diese Frage bleibt Regisseur Toni Burkhardt seinem Publikum schuldig, zumal dieses Bild gar nicht zum Rest der sehr traditionellen Inszenierung passt. Diese hat zudem eine gehörige Portion Patina angesetzt und wirkt deshalb zum Beispiel, wenn Oberst Pickering zum Song „Sie sind’s, der es geschafft hat“ nacheinander ein weißes Stoffkaninchen und einen Papierblumenstrauß aus seinem Zylinder hervorzaubert, wie aus der Zeit gefallen. Gleichzeitig schert sich Burkhardt wenig um Alan Jay Lerners Texte und zelebriert Frederick Loewes Songs stattdessen mit hohem optischen Schauwert. So verkauft „Rinnsteinpflanze“ Eliza ihre Blumen in einem adretten sonnenblumengelben Outfit samt frisch gestärkter weißer Schürze und wirkt auch bei ihrem Eintreffen in Professor Higgins‘ ‚Haus weder „schaurig-schmutzig“ noch ist nachzuvollziehen, warum er befiehlt, ihre Klamotten verbrennen und Eliza mit Sandpapier in der Badewanne traktieren zu lassen.
Wie ein roter Faden ziehen sich unlogische Bilder durch die Inszenierung. Den absoluten Tiefpunkt bildet Alfred P. Doolittles Hochzeitssongs, nach dem alle Protagonisten ermattet zu Boden stürzen, um im nächsten Moment, eingeleitet von einem großen, mehrstimmigen Chor-Satz, seine Reprise anzustimmen und munter weiter zu tanzen. Die im wahrsten Sinne des Wortes leuchtende Ausnahme bildet der Ausflug auf die Pferderennbahn nach Ascot. Hier harmonieren Optik, Inszenierung und Text: Kostümbildnerin Susana Mendoza tobt sich mit bunten Outfits und wirklich sehenswerten, witzigen Vogel-Hutkreationen aus, während Eliza wie ferngesteuert ihre erlernten Sätze abspult und gleichzeitig verbissen versucht, mit ihrem kurzen Rock moralisch korrekt auf ihrem Sessel zu sitzen. Das hat wirklich Klasse und zeigt, welches Potenzial auch fast siebzig Jahre nach der Uraufführung in einer „My Fair Lady“-Inszenierung stecken kann.
Mendoza legt ihren Entwürfen ein strenges Konzept zugrunde: Elizas Welt ist gelb, die mit Eintritt in Henry Higgins Wisschenschafts-Kosmos kleinkariert wird. Sowohl der Professor, als auch sein Hausfaktotum und später auch der durch eine Rente finanziell geläuterte Alfred P. Doolittle weisen in ihrer Kleidung dieses Muster auf.
Knallige Elemente weist auch das Bühnenbild von Wolfgang kurima Rauschning auf, das von einem überdimensionalen, auf der Drehbühne liegenden Grammophon-Trichter dominiert wird. Dessen Innenseite zeigt Henry Higgins‘ Wohnung mit einer knallig bunten Treppe, die zu einer weiteren Spielebene in der ersten Etage führt. In ihrer Farbigkeit wirkt sie im Raum mit historisierendem Chippendale-Mobiliar wie ein Störfaktor. Gleiches gilt für den mit schwarz-weißen Quadraten belegten Fußboden, der auf der gesamten Drehbühne verlegt worden ist. Nach einer Drehung des Trichters um 90 Grad liegt im Erdgeschoss liegt ein weiterer knallig-bunter Mini-Grammophon-Trichter, der neben anderen Versatzstücken als Spiel- und Sitzfläche verwendet wird. Im Hintergrund illustrieren bunte Zeichnungen mit Rennpferden oder Big Ben die jeweiligen Spielorte. Unter dem Strich ist Rauschnings Bühnenbild ein wilder Stilmix, der sich nicht wirklich festlegen mag und eine gewisse Zeitlosigkeit des Stoffes vorgaukelt.
Diese Optik wiederum harmoniert gar nicht mit der musikalischen Umsetzung des Musicals. In der besuchten Vorstellung steht Kapellmeister Hartmut Brüsch am Pult und betont mit gedrosseltem Tempo, juchzenden Geigen, wuchtigen Bläsersätzen und Schlagzeug-Einsprengseln, wenn’s mal etwas flotter zugehen soll, die Operette in Loewes Partitur. Die Musiker des großen Philharmonischen Orchesters im Graben folgen genussvoll diesem Ansatz und sind aufmerksame Begleiter, die nie den Gesang übertönen.
Erstaunlicherweise wird dieser mit Mikroports übertragen, obwohl auf der Bühne zum Großteil Mitglieder des hauseigenen Musiktheater-Ensembles stehen. Und das hört man dann auch, denn es dominiert der Gesang mit klassisch geschulten Stimmen. Ulrich Burdack gibt mit wuchtigem Bass einen stimmgewaltigen Alfred P. Doolittle, der sich verschmitzt und mit viel Alkohol im Blut durchs Leben schummelt. Róbert Tóth und Mackenzie Gallinger als Zechkumpane Harry und Jamie sind als Mitglieder des Opernchores stimmgewaltig, aber wie auch ihre Kolleginnen und Kollegen in den Ensemble-Szenen ziemlich unbeweglich. Die recht einfach gehaltenen Choreografien von Kati Heidebrecht unterstützen den Chor im Tanz, unterfordern allerdings mit ihrem Showtanz-Ansatz die in der besuchten Vorstellung eher lustlos und nicht sehr synchron tanzende Ballett-Truppe.
Strahlender Mittelpunkt jeder „My Fair Lady“-Produktion ist natürlich Eliza Doolittle, in Bremerhaven verkörpert von Victoria Kunze. Ist sie anfangs noch ein penetrant kicherndes Blumenmädchen, emanzipiert sie sich im Laufe des Stücks zu einer selbstbewussten Frau. Gesanglich protzt Kunze mit vollem Sopran und auf den Punkt gesetzten, sicheren Koloraturen in einem extra dafür verlängerten „Ich hätt‘ getanzt heut‘ Nacht“. Mit zwar sicherer Mittellage enttäuscht Tenor Andrew Irwin allerdings mit fehlenden Spitzentönen als Freddy Eynsford-Hill in seinem Solo „In der Straße, mein Schatz, wo du lebst“. Kay Krause blödelt sich mit brüchig wirkendem Sprechgesang durch die Stichwortgeber-Rolle des Oberst Pickering. Ebenso eindimensional fragwürdig gezeichnet ist Iris Wemme-Baranowski als unterwürfiges Altejungfer-Hausfaktotum Mrs. Pearce. Auch aus dieser Rolle wird in anderen Inszenierungen mehr herausgeholt. Isabel Zeumer ist rollendeckend eine resolute Mrs. Higgins.
Als ihr Sohn Henry steht als einziger Gast im Cast der in der Region populäre Radiomoderator, Regisseur, Autor und Schauspieler Dirk Böhling auf der Bühne. Sein Professor Higgins ist weniger ein Tyrann, sondern ein der Wissenschaft verschriebener Eigenbrötler. In dieser Deutung ist Böhling ein ganz hervorragender Rollenvertreter, der auch im bei dieser Figur gewollten Sprechgesang kaum Wünsche offenlässt.
Es ist mehr als legitim, „My Fair Lady“ ihren Wurzeln entsprechend in einer eher an eine Operette erinnernden Inszenierung zu zeigen. In der besuchten Vorstellung goutiert das Publikum im ausverkauften Haus diesen Ansatz. Für Theater, die regelmäßig um ihre kommunalen Zuschüsse kämpfen müssen, sind gute Auslastungszahlen überlebenswichtig. Allerdings sollten die Verantwortlichen auch bedenken, dass ihr Publikum der Zukunft um Inszenierungen wie diese eher einen großen Bogen macht.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Hartmut Brüsch Tonio Shiga Edward Mauritius Münch |
Inszenierung | Toni Burkhardt |
Bühne | Wolfgang kurima Rauschning |
Kostüme | Susana Mendoza |
Choreografie | Kati Heidebrecht |
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CAST (AKTUELL) |
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Eliza Doolittle | Victoria Kunze |
Professor Henry Higgins | Dirk Böhling |
Oberst Pickering | Kay Krause |
Alfred P. Doolittle | Ulrich Burdack |
Freddy Eynsford-Hill | Andrew Irwin |
Mrs. Higgins | Isabel Zeumer |
Mrs. Pearce | Iris Wemme-Baranowski |
Jamie / Zoltan Karpathy | Mackenzie Gallinger |
Harry | Róbert Tóth |
Obsthändler | Anton Kononchenko Róbert Tóth |
Obsthändler / Butler / Polizist | Masahiro Yamada |
1. Stubenmädchen / Königin von Transsilvanien | Kathrin Verena Bücher |
2. Stubenmädchen | Yvonne Blunk |
Mrs. Eynsford-Hill | Elena Zehnoff |
George | Vladimir Marinov |
Lord Boxington / Lakai | James Bobby |
Lady Boxington | Brigitte Rickmann |
Mrs. Higgins' Zofe | Katharina Diegritz |
Blumenmädchen | Minji Kim |
Chor | Opernchor des Stadttheaters Bremerhaven |
Tanz | Ballettcompagnie des Stadttheaters Bremerhaven |
Orchester | Philharmonisches Orchester Bremerhaven |
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GALERIE |
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TERMINE |
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Sa, 23.11.2024 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Mi, 18.12.2024 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Sa, 21.12.2024 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Di, 31.12.2024 15:00 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Di, 31.12.2024 19:00 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
So, 05.01.2025 15:00 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Do, 09.01.2025 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Fr, 17.01.2025 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
Fr, 07.02.2025 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
So, 23.02.2025 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
▼ 2 weitere Termine einblenden (bis 23.03.2025) ▼ | |||||||||
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Sa, 08.03.2025 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
So, 23.03.2025 15:00 | Großes Haus, Bremerhaven | ||||||||
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TERMINE (HISTORY) |
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Sa, 02.11.2024 19:30 | Großes Haus, Bremerhaven | Premiere |
So, 17.11.2024 18:00 | Großes Haus, Bremerhaven |