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Die südkoreanische Musicallandschaft besteht nicht nur aus Replika-Produktionen von Broadway und Kunze/Levay, sondern wartet mit einer riesigen Zahl an Eigenproduktionen auf. Die Stoffe sind oftmals entweder aus dem Leben gegriffen und behandeln Love-Storys, oder sie nehmen sich in hochdramatischer Form großer Geschichten an. Dass ein K-Musical es in den Westen schafft, ist höchst selten und zeugt, wenn es denn passiert, von großem Potenzial. „Marie Curie“ ist als Vertreterin der dramatischen koreanischen Musicals glücklicherweise um die Welt gereist und ins kleine Charing Cross Theatre gekommen. Es wurde perfekt auf Englisch übertragen, hochkarätig besetzt und stimmig inszeniert.
Das über eine Retrospektive ohne Pause erzählte Stück mit dem straffen Buch von Seeun Choun beginnt mit Irène Curie, die schon bei Einlass des Publikums auf der Bühne sitzt und den Nachlass ihrer Mutter sowie ihre Memoiren liest: Marie Sklodowska hat den Traum, einen Abdruck in der Welt zu hinterlassen. Die junge, hochgebildete Frau bricht nach Paris auf, um dort an der Sorbonne zu studieren; kurz darauf entdeckt sie das Element Polonium, das sie nach ihrer geliebten Heimat benennt. Ihre Freundin Anne Kowalska fängt ebenfalls ein neues Leben in Frankreich an, als Fabrikarbeiterin unter Curies Mentor Ruben DeLong. Das Schicksal beider Frauen kreuzt sich erneut, als Curies Entdeckung des Radiums, das von DeLong in Fabriken hergestellt werden soll, Anne tödlich vergiftet. Marie muss trotz Ruhms und großer Errungenschaften erkennen, dass die unfreiwilligen Opfer ihrer Arbeit den Fortschritt nicht rechtfertigen. Um den Schaden wiedergutzumachen, wird Marie humanitär aktiv. Die Beziehung zu ihrem Mann Pierre Curie sowie ihrer vernachlässigten Tochter Irène werden genau wie die Verleihung des Nobelpreises zwar touchiert, doch der Fokus des Musicals liegt auf den Ambitionen beider Frauen. Dabei ist das Ende im Vergleich zum dramatischen Aufbau, ohne zu viel zu verraten, viel zu versöhnlich und antiklimatisch konzipiert, was einen wirklichen Schwachpunkt des Stücks darstellt und es unfertig wirken lässt.
Sarah Meadows inszeniert das Stück sehr düster, auch mithilfe des erdrückenden Sounddesigns von Andrew Johnson, den fantastischen Projektionen von Matt Powell und dem mystisch-dramatischen Lichtdesign von Prema Mehta. Rose Montgomerys zeitgenössische Kostüme bilden die Epoche des Musicals optimal ab. Ihr Bühnenbild ist eindrucksvoll: Ein Arbeiterhaus bildet das obere Stockwerk der Bühne, während sich darunter Maries Laboratorium mit allerlei blubbernden, dampfenden, klappernden und leuchtenden Apparaturen befindet. Eindrucksvoll wird die grüne Leuchtfarbe, die das immer mehr an Überhand gewinnende Radium darstellt, eingesetzt und mimt die sukzessive Vergiftung der Fabrikanten und letztendlich auch Marie Curie selbst. Die hochdramatischen Lieder in bester Musical-Balladen-Manier von Jongyoon Choi, die irgendwo zwischen Sondheim und Levay liegen, sind von Emma Fraser effektvoll ins Englische übersetzt worden und werden von Frasers siebenköpfiger Band mit Bombast interpretiert.
Die 12 Akteure auf der Bühne bilden eine beeindruckende Einheit, die gerade in den bedrückenden Szenen wie „Radium Paradise“ hochdramatisch zusammenwirken. Chrissie Bihma als Anne und Ailsa Davidson als Marie sind die Highlights dieser Inszenierung. Mit gegenläufigen Energien und authentischer Figurenentwicklung zeichnen sie ihre Frauencharaktere. Bihma verkörpert ihre Figur von froh und hoffnungsvoll in „Miss Poland“ bis zur totalen Zerstörung in „In the Darkness“. Davidson gibt die analytische, nüchterne Marie in „The Limit“, die die Faszination der Naturwissenschaften zur Ekstase führt. In „Marie’s Plea“ zeichnet sie ihre Curie zunehmend zerrissen und verzweifelt. Als die Fabrikarbeiter nacheinander in „Another Name“ an ihrer Entdeckung zugrunde gehen, wird Davidsons Marie in „Line of Death“ in die Tiefen der Depression gezogen, um am Ende ihren Lebenssinn versöhnlich in „You are the Reason“ wiederzufinden. Ein beeindruckender Charakterbogen und zwei große Stimmen, die „Marie Curie“ in London zu einem Erlebnis machen, in dessen Genuss hoffentlich bald weitere Theater kommen.
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KREATIVTEAM |
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Buch / Text | Seeun Choun |
Musik | Jongyoon Choi |
Inszenierung | Sarah Meadows |
Englische Buch-Adaptation | Tom Ramsay |
Englische Gesangstexte | Emma Fraser |
Literarische Übersetzung | Ahreumbi Rew |
Musikal. Leitung | Emma Fraser |
Choreographie | Joanna Goodwin |
Sound Design | Andrew Johnson |
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CAST (AKTUELL) |
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Marie Curie | Ailsa Davidson |
Anne Kowalska | Chrissie Bhima |
Pierre Curie | Thomas Josling |
Ruben Dupont | Richard Meek |
Ensemble | Christopher Killik Dean Makowski-Clayton Rio Maye Yujin Park Isabel Snaas Maya Kristal Tenenbaum Lucy Young |
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TERMINE |
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