Alexandra Farkic (Reeno Sweeney), Damen der Tanzcompagnie © Pawel Sosnowski
Alexandra Farkic (Reeno Sweeney), Damen der Tanzcompagnie © Pawel Sosnowski

Anything Goes (2024)
Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau GmbH, Görlitz

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Die Musical-Seefahrt mit einer predigenden Nachtclubsängerin, Kleinkriminellen auf der Flucht, einem blinden Passagier, einem sehbehinderten Börsenmakler, einem schwerreichen Lord und einer vom Bankrott bedrohten Witwe samt Töchterlein auf der Passagierliste ist nicht nur lustig, sondern dank Regisseur Holger Hauer, Choreografin Lucy Costelloe und Ausstatter Karel Spanhak auch unterhaltsam und sehenswert. Punkten kann die Aufführung in Görlitz mit einem satten Orchester-Sound und einer überragenden Alexandra Farkic in der Rolle der Reno Sweeney.  

Aufatmen beim Kapitän, Entzücken bei den Passagieren: Endlich sind bei der Schiffsreise von New York nach London vermeintlich prominente Personen an Bord der „MS America“ gesichtet worden! „Haben Sie schon einmal jemanden umgebracht, der so aussieht wie ich?“, fragt eine besonders eifrige Autogrammjägerin ihre beiden als „Schwerverbrecher“ enttarnten, und deshalb in den VIP-Status erhobenen, Mitreisenden. Doch wer sich hinter der Maskerade der zunächst hofierten, später in die Arrestzelle geworfenen, vermeintlichen Kriminellen verbirgt und welche Liebespaare sich zum Ende der Ozeanpassage in die Arme schließen können, löst sich erst beim Finale von Cole Porters Musical-Klassikers auf.

Auch wenn 1934 bereits für die Ur-Fassung vier Autoren an dem Buch gefeilt haben und es zunächst 1962 und dann nochmals 1987 zu der auch in Görlitz gezeigten, so genannten „Beaumont-Version“ überarbeitet worden ist, bleibt die Handlung die Achilles-Ferse von „Anything Goes“. Der Humor der überdrehten Verwechslungsklamotte mit ihren skurrilen Typen ohne Tiefgang ist Geschmackssache, verbindet allerdings recht passabel die oft zu Evergreens gewordenen Cole Porter-Kompositionen. Sie reichen von Jazz über Big-Band-Sound bis hin zum Shanty.

Mit der rechts von der Bühne in einem Zelt postierten Neuen Lausitzer Philharmonie können unter dem zackigen Dirigat von Ulrich Kern das titelgebende „Anything Goes“, aber auch Songs wie „I Get A Kick Out Of You“, „You’re The Top“ und „It’s De-Lovely“ in der gewöhnungsbedürftigen, deutschen Übertragung von Hartmut H. Forche und Lida Winiewicz ihre volle Klangschönheit entfalten. Die Tonabteilung des Theaters meistert die Herausforderungen einer Open-Air-Aufführung generös, sodass musikalische Begleitung und Gesang perfekt ausgesteuert sind.

Die Inszenierung von Holger Hauer ist werkgetreu und setzt ganz auf Typen und Tempo. Dabei umschifft der Regisseur geschickt die heute nicht mehr zeitgemäßen, ethnischen Klippen der Vorlage. So werden aus den beiden zum christlichen Glauben konvertierten Chinesen Luke und John zwei Zirkusclowns und Lord Oakleigh entdeckt statt des „Gypsy in mir“ in dieser Aufführung den „Ungar in mir“. Hauer gelingt es zudem, den großen Cast aus Solisten, Choristen und Ballett geschickt auf dem Oberdeck des Ozeanriesen zu bewegen und zu platzieren.

Karel Spanhaks Bühnenbild ist farbenfroh und steht praktischerweise auf einer großen Drehscheibe. Je nach deren Position werden im Schiffsrumpf Spielorte unter Deck visualisiert, auf der Hinterseite befindet sich für die Erweckungszene sogar ein veritables Revuetheater. Das ebenfalls von Karel Spanhak entworfene Kostümbild atmet den 1930er Zeitkolorit der Upper-Class, ist maritim und in den Showszenen sexy-glitzernd.

Die Herkules-Aufgabe, Ballett-Tänzer, musicalerfahrene Darsteller und das hauseigene Musiktheater-Ensemble nebst Opernchor nach ihren Fähigkeiten tanzen zu lassen, meistert Lucy Costelloe mit Bravour. Ihre Choreografien sind zwar nicht künstlerisch innovativ, aber sie stimmen einfach! Sie passen großartig auf Cole Porters Musik, werden raumfüllend, präzise und entspannt ausgeführt. Nicht nur in den Steppnummern glänzt die Tanzcompagnie.

Es ist ein Glücksfall, dass mit Alexandra Farkic eine starke Darstellerin für die Rolle der Reno Sweeney verpflichtet werden konnte. Sie begeistert nicht nur im Tanz, sondern haut mit Ausstrahlung, Spiel und Stimme um. Farkic ist eine einfach großartige Leading Lady!

Vorlagenbedingt haben es die beiden anderen Gast-Solistinnen schwer. Immerhin ist Brieann Pasko als Gangsterliebchen Erma im zweiten Akt mit dem rassigen „Kleiner, pass auf“ ein großartiger Showstopper vergönnt, den sie genüsslich auskostet. Lydia Roscher holt aus der etwas blassen Rolle der Hope Harcourt darstellerisch das Maximum heraus und überzeugt mit klarem Sopran in ihren gesanglichen Aufgaben.

Buyan Li verfügt über eine tolle, klassisch geschulte Tenorstimme, die bis in die höchsten Höhen hinein strahlt. Damit kann er zum Beispiel in Hauptpartien in Opern von Mozart oder Puccini brillieren, allerdings ist er in „Anything Goes“ als Billy Crocker nicht optimal besetzt. Dafür fehlen Li Lockerheit im Spiel, tänzerische Fähigkeiten und die Präzision im Setzen von Pointen. Über all diese Fähigkeiten verfügt allerdings Michael Berner. Als Moonface Martin ist er ein wahrer Wirbelwind, der in allerlei Verkleidungen die Handlung vorantreibt, entspannt tanzt und zum Beispiel im Duett „Freundschaft“ gemeinsam mit Alexandra Farkic einen der gesanglichen Höhepunkte der Show setzt. Sehr witzig ist auch sein „Tweet-Tweet singt der Buntspecht“, in dem er die Koloraturen von Yvonne Reich (Evangeline Harcourt) nicht nur mimisch überzeichnet, sondern auch nachsingt. Einfach großartig!

Mit viel körperlichem Einsatz und großem komischen Talent schmeißt sich Peter Fabig in die Rolle des schrulligen Lords Oakleigh. Mit sattem Bass räumt er im bereits erwähnten Calypso bei „Der Ungar in mir“ so richtig ab. Auch er harmoniert großartig mit Farkics Reno Sweeney, in deren Armen er im Finale dann auch landet.

Wer sich auf die Handlung des in die Jahre gekommenen, klamottigen Klassikers einlässt, der erlebt in Görlitz – wenn das Wetter mitspielt – gut gemachte Sommer-Unterhaltung. Dank der vielen Ohrwürmer von Cole Porter klingt die Vorstellung auch auf dem Nachhauseweg noch nach.

Musical von Cole Porter
Buch von Guy Bolton, P. G. Wodehouse, Howard Lindsay und Russel Crouse
Neufassung von Timothy Crouse und John Weidman
Deutsche Fassung von Christian Severin (Dialoge), Hartmut H. Forche und Lida Winiewicz (Gesangstexte)

Anfang Mai hat uns das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau (GHT) einen exklusiven Blick hinter die Kulissen dieser Produktion gewährt. Unseren Bericht findet ihr HIER

 
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KREATIVTEAM
InszenierungHolger Hauer
Musikalische LeitungUlrich Kern
ChoreografieLucy Costelloe
AusstattungKarel Spanhak
 
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CAST (AKTUELL)
Reno SweeneyAlexandra Farkic
Hope HarcourtLydia Roscher
Evangeline HarcourtYvonne Reich
Lord Evelyn OakleighPeter Fabig
Elisha WhitneyHans-Peter Struppe
Billy CrockerBuyan Li
Moonface MartinMichael Berner
ErmaBrieann Pasko
Luke, ClownHung Kwan Keung
John, ClownHyeongwoo Kim
Kapitän des OzeanriesenCarsten Arbel
Zahlmeister des OzeanriesenRobert Rosenkranz
Engel Reinhilt ReinheitEefje van den Bergen
Engel Kirsten KeuschheitSara Nicastro
Engel Niki NächstenliebeGilda De Vecchis
Engel Tina TugendElise de Heer
Swing EngelNora Hageneier
GirlElise de Heer
MatroseJan Fackelmann
MatrosenquartettKeon Lee
Daewoo Park
Won Jang
Jan Fackelmann
Heiko Vogel
Fred, Barmann / Henry T. Dobson, GeistlicherHeiko Vogel
Alte Damen im RollstuhlKatja Woite
ReporterinDésirée Ursu
1. FotografinKristin Hui-Ting Yu
2. Fotograf / 2. FBI-AgentRobert Rosenkranz
1. FBI-AgentWon Jang
MusikNeue Lausitzer Philharmonie
ChorOpernchor des Gerhart-Hauptmann-Theaters
TanzTanzcompagnie des Gerhart-Hauptmann-Theaters
  
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 25.05.2024 19:30Theatervorplatz, GörlitzPremiere
So, 26.05.2024 19:30Theatervorplatz, Görlitz
So, 02.06.2024 19:30Theatervorplatz, Görlitz
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