Nach der Veröffentlichung des ersten „Wicked“-Trailers stellen sich Fragen. Fragen, die man sich schon bei den Trailern von „Die Farbe Lila“ und „Mean Girls“ stellen konnte: Wieso verschweigt man, dass es sich hier um Verfilmungen erfolgreicher Musicals handelt? Sind Musicals Hollywood peinlich?
Sieht man sich ohne Vorwissen den gerade erschienenen Trailer zur „Wicked“-Verfilmung an, kann man zwar eine Verbindung zu „Der Zauberer von Oz“ sehen, aber man erwartet ein Fantasy-Spektakel, das sich irgendwie um eine blonde Ariana Grande und eine Frau mit grüner Haut dreht. „Defying Gravity“ klingt nur als Hintergrundmusik an. Es könnte sich ebenso gut um die Verfilmung des Romans von Gregory Maguire handeln, auf dem das Musical beruht. Auch dass dieser Streifen erst der erste Teil der Geschichte ist, wird in der Vorschau komplett unterschlagen. Ganz offensichtlich sollen Fantasy-Fans angesprochen werden, die von Musical-Szenen womöglich abgeschreckt wären.
„Wicked“ mag vielleicht auch der ein oder andere Nicht-Theaterkenner mit dem Musical in Verbindung bringen – aber wer außerhalb der Fanblase weiß denn schon, dass es zu „Die Farbe Lila“ oder der Teenie-Komödie „Mean Girls“ Broadway-Versionen gibt, auf denen die Neuauflagen basieren? „Die Farbe Lila“ wird als „eine mutige neue Interpretation des beliebten Klassikers“ beworben, also ein Remake des Steven-Spielberg-Films – kein Hinweis auf das Musical. Auch die meisten Filmkritiker ziehen Vergleiche zu dem Drama von 1985 und beurteilen nicht den Transfer von der Bühne zur Leinwand. „Mean Girls“ gibt sich ebenfalls mehr oder weniger versteckt als Remake des Films von 2004 zu erkennen, wenn es da heißt: „Das ist nicht der Girls Club, den eure Mütter kannten“. Im „Die Farbe Lila“ -Trailer wird wenigstens mal ganz kurz gesungen.
Während „Mean Girls“ in den Kinos gut läuft, ist „Die Farbe Lila“ in den USA ziemlich gefloppt. Ob da eine massive Bewerbung, dass es sich um ein Musical handelt, geholfen hätte, ist fraglich.
Auch bei früheren Filmen wurde verheimlicht, dass es sich um Musicals handelt. Bei „Into the Woods“ (2014) setzte der Trailer auf düstere Märchen-Optik und Star-Power, bei „Sweeney Todd“ (2007) auf das erfolgreiche Schauspieler-Regisseur-Duo Johnny Depp und Tim Burton und die spannend-makabre Geschichte. Allerdings enthält der Trailer eine kurze Szene mit einem singenden Johnny Depp. Trotzdem waren bei diesen beiden Filmen Zuschauer im Kino verwirrt, weil sie etwas anderes erwartet hatten.
Drei Broadway-Adaptionen, auf die die Filmstudios in den letzten Jahren große Hoffnungen setzten – „Into the Heights“, „Dear Evan Hansen„ und „West Side Story“ – scheiterten an der Kinokasse. Das mag das Interesse an Film-Musicals deutlich verringert haben.
Trotzdem sind gerade einige Filme in Planung, von denen „Kiss of the Spider-Woman“ unter der Regie von Bill Condon („Dream Girls“) nach der Besetzung der Titelrolle mit Jennifer Lopez die größten Chancen zu haben scheint, tatsächlich über die Leinwände zu flackern.
Sind wir mal gespannt, wie der erste Trailer aussehen wird. Sehr wahrscheinlich taucht das Wort „Musical“ auch dort weit und breit nicht auf …
Galerie | |||||||||
GALERIE |
---|