Peter Hohenecker (Gailtaler Tim) © Florian Miedl
Peter Hohenecker (Gailtaler Tim) © Florian Miedl

Der Watzmann ruft (2024)
Luisenburg-Festspiele, Wunsiedel

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Nach einer pandemiebedingt deutlich kleiner geratenen Fassung auf dem Theatervorplatz 2021 kehrt das Rustical „Der Watzmann ruft“ jetzt in einer großen Inszenierung zurück auf die Große Felsenbühne der Luisenburg-Festspiele, wo es bereits 2008, damals noch mit den Machern der Show, Komponist Wolfgang Ambros und Texter Josef Prokopetz, gezeigt wurde. Grund genug, die Show einmal gewaltig gegen den Strich zu bürsten und kräftig zu überarbeiten. In dieser neuen Fassung setzt der „Watzmann“ deutlich weniger auf Klamauk und zeichnet seine Figuren deutlich realistischer, was dem Stück enorm guttut – auch wenn der skurrile Charme des Originals dadurch ein bisschen verlorengeht.

Eine der größten Änderungen in der neuen Inszenierung von Peter Hohenecker, der auch einige Rollen auf der Bühne übernimmt, und Roland Draxler ist, dass der Watzmann, an dessen Fuße die Geschichte spielt, jetzt eine tatsächliche Figur ist, eine Allegorie, die in einem Sessel über dem Geschehen auf einem Felsen der Bühne thront. Immer wieder dreht er an einer großen Uhr hinter sich die Zeiger, hält damit die Zeit an und kommentiert die Handlung. Durch Schläge auf eine Trommel vor ihm, die im Tal als Donnerschläge ankommen, kommuniziert er mit den Dorfbewohnern, die ihr Leben mit einer Mischung aus Respekt und dem Aberglauben, der Berg würde ihre Kinder rufen und sie ins Verderben stürzen, führen. Die ehemals einzige weibliche Figur der Geschichte, die Gailtalerin, nach deren Gunst sich alle jungen Männer des Dorfes sehnen, wurde in einen männlichen Elvis-Verschnitt, den Gailtaler Tim, der jetzt einen großen Auftritt auf einem Motorrad inklusive Feuershow mit Raketen hat, umgewandelt. Dass der Bua, dessen Geschichte erzählt wird, jetzt seine ersten sexuellen Erfahrungen mit dem nun männlichen Gailtaler Tim macht, verstärkt den Fokus nochmal darauf, dass es sich bei „Der Watzmann ruft“ um eine Geschichte der Emanzipation eines Jungen von seinem übermächtigen Vater, dem Bauern, handelt. Der Humor der Geschichte ist größtenteils geblieben, so treten Bauer und Bua mit dem Publikum in Interaktion, wenn das Publikum das Echo spielen muss, das natürlich beim Vater viel besser, viel stärker klingen muss als beim Sohn oder wenn das Publikum – als wäre es selbst in der Familie des Bauern aufgewachsen – die Sätze des Bauern mit viel Spaß und Freude beendet. Allerdings sind die extremen Überzeichnungen der Charaktere, wie beispielsweise der Bauer, der mit bewusst auffällig heiser-knarzenden Stimme spricht oder auch die in der Entstehungszeit noch komplett provokativ wirkenden Elemente wie das bewusste Zurschaustellen von Nacktheit der Schere zum Opfer gefallen. Im Gesamtbild kommt die Show damit viel zeitgemäßer über die Bühne. Zu diesen „Haben“-Punkten gesellt sich dann aber die nicht wirklich nachvollziehbare Änderung, dass jetzt ein mexikanischer Mariachi das Ankommen des Gailtaler Tims mit dem Song „Der Gailtaler Tim“ ankündigt. Obwohl Dante Sàenz in dieser Rolle dem Publikum zweifelsfrei mit großer Stimme einheizt und die Szene auch sehr passend in den Farben der mexikanischen Flagge ausgeleuchtet ist, wirkt der Song in seinem neuen Arrangement wie ein merkwürdiger Fremdkörper in der Show, die jetzt – von dieser Szene abgesehen – viel mehr wie aus einem Guss klingt als die bisherigen Fassungen. 

Quasi als Wiedergutmachung dafür, dass die einzige große Frauen-Rolle im Stück gestrichen wurde, spielt eine „All Female Band“ mit sechs Musikerinnen die Songs am Rand der Bühne. Die Band klingt hervorragend, die Abmischung der einzelnen Instrumente und des Gesangs ist ausgewogen und sorgt für eine gute Textverständlichkeit, die für die mit vielen Wortspielen versehenen Texte des Stücks enorm wichtig ist. Einen Bühnenbildner nennt die Inszenierung erst gar nicht, hier verlassen sich die Verantwortlichen zurecht auf die eindrucksvolle Kulisse, die die Felsenbühne bietet. Die Kostüme von Evelyn Thell unterstreichen den ironischen Charakter der Show, zum Beispiel beim klar zu erkennenden umgehängten künstlichen Bart des Vaters. Die Choreographien von Anita Holm untermalen die Geschichte sehr treffend und sind mal beinahe akrobatisch und mal witzig.

Peter Hohenecker ist sowohl der Bauer als auch ein Knecht und der Gailtaler Tim. Er schafft den Switch zwischen den Rollen, die sich auch musikalisch stark unterscheiden, mühelos und ist ein ebenso überzeugter engstirniger Bauer wie ein freigeistiger Rock-n-Roller. Manuel Karadeniz steht als Bua und auch als Knecht auf der Bühne. Vor allem als Bua überzeugt Manuel Karadeniz mit seiner jugendlich unbedarften Interpretation der Rolle und hat in seinen Songs einige schöne Momente. Der unter anderem aus mehreren Ausgaben der Krimi-Serie „SOKO“ bekannte Schauspieler Andreas Hoppe übernimmt die Rolle des Watzmanns und stattet diese mit einer großen Portion abgeklärter Coolheit aus. Er beobachtet das Geschehen, kommentiert lässig und vermittelt, das Geschehen auf der Bühne komplett zu steuern. Obwohl eher Schauspieler als Sänger liefert Hoppe seine Songs zuverlässig ab und hat mit „Abwärts und bergauf“ einen der besten musikalischen Momente des Abends.

Auf die Frage, wer sich den neuen „Watzmann“ auf der Luisenburg ansehen sollte, antwortet Co-Regisseur Robert Draxler im Interview im Programmheft: „Wer die alten Inszenierungen kennt, wird mit der neuen glücklich und genießt es und wer nicht, kann dann lästern. Beides macht Spaß und alles geht.“ Das Premieren-Publikum der Luisenburg-Festspiele scheint zumindest mehrheitlich der ersten Fraktion anzugehören und feiert die Rückkehr ihres „Watzmanns“ mit langem Applaus.

 
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KREATIVTEAM
RegieRobert Draxler
Co-RegiePeter Hohenecker
ChoreographieAnita Holm
Stefan WurzMusikalische Leitung
 
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CAST (AKTUELL)
WatzmannAndreas Hoppe
Der Bauer/Knecht/Gailtaler TimPeter Hohenecker
Der Bua/KnechtManuel Karadeniz
Mägde/WeiberFelicitas Bauer
Florentine Beyer
Josephine Kindl
Lilia Höfling
Anna-Sophie Weidinger
MariachiDante Sáenz
KnechteMarkus Hareter
Mats Visser
Alessio Ruaro
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Mi, 03.07.2024 20:30Große Felsenbühne, Wunsiedelöffentliche Generalprobe
Do, 04.07.2024 20:30Große Felsenbühne, WunsiedelPremiere
Fr, 05.07.2024 20:30Große Felsenbühne, Wunsiedel
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